Übersichtsarbeiten - OUP 03/2017

Knochenersatz mit Cerasorb in der orthopädischen Chirurgie, Unfallchirurgie und Handchirurgie
Langzeitbeobachtung über 10 JahreA long-term observation over 10 years

Bei der Gesamtauswertung der klinischen Performance wurden in der vorliegenden Studie von 7 möglichen Werten fast immer die besten 2 Noten vergeben. Dies belegt den guten Verlauf der Behandlung mit Cerasorb über den gesamten Untersuchungszeitraum. Auch wenn die hier vorgestellte Studie „offen“, also ohne Kontrollgruppe erfolgte, so kommt der Autor jedoch aufgrund seiner langjährigen Erfahrung zu dem Schluss, dass dieses keramische Material der Verwendung von autologem Knochen in den untersuchten Indikationen ebenbürtig erscheint.

Autologer Knochen besitzt zwar osteokonduktive und osteoinduktive Eigenschaften. Als Nachteile sind aber die nicht ausreichende Verfügbarkeit, die nicht erreichbare Vorhersehbarkeit des Erfolgs, die Gefahr der Übertragung von Keimen aus der Donorregion in die Empfängerregion und die Morbidität an der Entnahmestelle zu nennen [25, 26, 27, 28]. Die Komplikationsraten sind hoch und die Kenntnis darüber sollte zum Wohl des Patienten dazu führen, nach Möglichkeit synthetische Knochenaufbaumaterialien einzusetzen. Der zeitliche und finanzielle Aufwand bei der autologen Knochenentnahme sollte objektiv ermittelt und in Relation zu den Kosten der synthetischen Knochenaufbaumaterialien gesetzt werden.

Ein Hauptaspekt der vorliegenden Erhebung lag auf der chirurgischen Wiederherstellung der Hand, einem wichtigen Körperteil für die Mobilität und Unabhängigkeit der betroffenen Patienten. Daher ist es gerade in der Handchirurgie notwendig, alle Möglichkeiten zu nutzen, um dem Anspruch des Patienten auf ein bestmögliches Ergebnis gerecht zu werden. Dies ist offensichtlich durch die Füllung von knöchernen Defekten mit geeigneten Knochenersatzmaterialien eher möglich. Finanzielle Überlegungen – wie z.B. das Nichtfüllen von Defekten aus Kostengründen – sollten aufgrund der eminenten Bedeutung der Hand für den Patienten in den Hintergrund treten.

30 Patienten der hier berichteten Studie hatten ein Enchondrom in den Diaphysen der Phalangen. Während die in den Metaphysen der langen Röhrenknochen zu findenden Enchondrome häufig keinerlei Symptome verursachen, können die Enchondrome in den Phalangen zu Schmerzen führen, pathologische Frakturen sind möglich. Dies traf hier für 4 Fälle zu. Auch wenn Enchondrome definitionsgemäß benigne Knochentumoren sind, wird in den meisten Fällen im Handbereich – insbesondere wenn Schmerzen oder manuelle Einschränkungen bestehen – zur Kürettage mit folgender Auffüllung durch Spongiosa oder geeignete KAM geraten. Auch hierbei gilt es, durch eine rechtzeitige stabilisierende Maßnahme die Funktionalität der Hand zu erhalten. Durch das Einbringen des KAM in die Defekthöhle erfolgt eine Stabilisierung und die knöcherne Regeneration kann durch die Osteokonduktivität des keramischen Materials zügig erfolgen, so dass potenzielle pathologische Frakturen rechtzeitig vermieden werden können. Durch die vorliegende Studie konnte gezeigt werden, dass durch die Verwendung von Cerasorb ?-TCP solche Defekte erfolgreich stabilisiert werden. Bereits 2005 setzten Ogose und Mitarbeiter erfolgreich ?-TCP bei Kürettage bzw. Exzision von Tumoren in Femur, Humerus, Tibia und anderen Stellen ein [29]. Eine weitere, neuere Studie bewies ebenfalls, dass resorbierbares ?-TCP gut für das Füllen von Defekten nach der Entfernung von benignen und mäßig malignen Knochentumoren geeignet ist [30]. Die hier vorliegenden Daten zur Verwendung von ?-TCP bei der Entfernung von Knochentumoren sind somit im Einklang mit wissenschaftlichen Literaturdaten.

Die Indikationen für die Verwendung Plättchenreichen Plasmas (PRP) in der Human- und Zahnmedizin sind vielfältig: schlecht heilende Wunden, Sehnenentzündungen, Frakturbehandlung, verlangsamte Knochenregeneration, Arthropathien usw. Vor allem in der Mund- und Gesichtschirurgie wird PRP häufig eingesetzt. Indikationsgebiete sind aber in zunehmendem Maße auch Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, wo PRP vor allem zur Prophylaxe von Wundheilungsstörungen eingesetzt wird. Auch in der vorliegenden Studie wurde in 59 von 103 Fällen PRP unter der Vorstellung einer Förderung der Knochenregeneration und einer Verbesserung der Wundheilung appliziert. Auch wenn für den Einzelfall kein direkter Beleg eines zusätzlichen Effekts erbracht werden konnte, so scheinen doch die unauffälligen Verläufe sowohl der Weichteilwunden als auch der radiologisch dokumentierten Knochenregeneration für eine unterstützende Wirkung zu sprechen.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend belegt die vorliegende Studie anhand von über 100 Fällen mit einem Beobachtungszeitraum von bis zu 10 Jahren, dass Cerasorb als zuverlässiges Knochenaufbaumaterial in der Hand- und Fußchirurgie ohne Auftreten von Nebenwirkungen regelmäßig zur kompletten knöchernen Regeneration führt und somit erfolgreich verwendet werden kann.

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Alfred Gruber

FA für Plastische und Ästhetische
Chirurgie

RTZ Nürnberg

Schweinauer Hauptstraße 12

90441 Nürnberg

Alfred.Gruber@rtz-nuernberg.de

Literatur

1. Heary RF, Schlenk RP, Sacchieri TA et al.: Persistent iliac crest donor site pain: independent outcome assessment. Neurosurgery 2002; 50: 510–516

2. Silber JS, Anderson DG, Daffner SD et al.: Donor site morbidity after anterior iliac crest bone harvest for single-level anterior cervical discectomy and fusion. Spine 2003; 28: 134–139

3. Tomford WW: Bone allografts: past, present and future. Cell Tissue Bank. 2000; 1: 105–109

4. Giannoudis PV, Dinopoulos H, Tsiridis E: Bone substitutes: an update. Injury 2005; 36 Suppl 3: 20–27

5. Ghanaati S, Barbeck M, Booms P, Lorenz J, Kirkpatrick CJ, Sader RA: Potential lack of „standardized“ processing techniques for production of allogeneic and xenogeneic bone blocks for application in humans. Acta Biomater. 2014; 10: 3557–62

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