Übersichtsarbeiten - OUP 06/2022

Komplikationsmanagement nach hüftgelenknaher Fraktur

Die Revisionsmethode der Wahl ist bei Schenkelhalsfrakturen nach Versagen der Osteosynthese des Schenkelhalses in der Regel der Gelenkersatz [31]. Bei jüngeren Patienten, insb. bei verzögerter Knochenheilung, aber sonst noch guter Biologie kann eine intertrochantäre valgisierende Umstellungsosteotomie versucht werden (Abb. 3).

Tipps und Tricks

  • - Wähle Gewindelänge der Schrauben so, dass das proximale Fragment sicher erreicht wird, ohne die Fraktur zu überbrücken.
  • - Achte auf eine korrekte BV-Einstellung, vor allem im seitlichen Strahlengang. Hüftkopf und Schaft sollten in einer Linie liegen, damit Fehllagen beurteilt werden können (Durchschwenken in 15°-Einstellung).
  • - Eine Reposition sollte in beiden Ebenen anatomisch erfolgen.
  • - Vermeide Rotationsfehlstellungen, indem vor dem Einbringen der Schenkelhalsschraube ein Sicherungsdraht gesetzt wird.
  • - Achte auf eine korrekte Schrauben-/Klingenlage. Die Center-Center-Position und ein Tipp-Apex-Abstand von 5–10 mm werden empfohlen.
  • - Ist die geschlossene Reposition nicht gut möglich, sollte die offene Reposition (am besten vorderer minimalinvasiver Zugang) erfolgen.
  • - Unter Nutzung eines Hebels oder Raspatoriums kann dann das Kopffragment gegen den Schaft reponiert werden.

Primärtherapie der
Trochantären Femurfraktur

Obwohl auch bei der pertrochantären Femurfraktur die Möglichkeit einer primären Endoprothese bedacht werden muss [6], stellt diese Fraktur-Entität doch die Domäne der Osteosynthese dar [18]. Ein entscheidender Faktor nach pertrochantärer Femurfraktur ist die Frakturausprägung und somit die mögliche Instabilität. A1-Frakturen gelten als stabil, mit der DHS aufgrund der Schonung der trochantären Sehnenansätze, der einfachen Operationstechnik und den geringen Kosten als “Standardimplantat” [2, 29]. Auch bei Verwendung der DHS und vermeintlich stabiler Fraktur sind die Stabilitätsanalyse und die Güte der operativen Versorgung von entscheidender Bedeutung (Abb. 4). A2- und A3-Frakturen gelten als instabil, wobei der Grad der Instabilität bei der A2-Fraktur und deren Subtypen kontrovers diskutiert wird, wie auch die Implantat-Entscheidung [10, 29]. Die Definition einer instabilen pertrochantären Femurfraktur ist nicht eindeutig in der Literatur geklärt [20]. Es werden hierunter Frakturen mit gebrochenem Trochanter minor [2], reverse Frakturen oder Frakturen mit einer ausgeprägten intertrochantären Trümmerzone und großem postero-medialen Fragment [9], Frakturen mit Ablösung des Trochanter major [28] oder Frakturen mit Bruch der lateralen Kortikalis verstanden [10]. Eine Beteiligung der lateralen Kortikalis konnte in diesem Zusammenhang als ein Prädiktor für eine Instabilität mit konsekutiv erhöhter Re-Operationsrate nach DHS charakterisiert werden [10].

In den letzten Jahren wurde der intramedulläre Kraftträger zu einer häufigen Fixationsstrategie, besonders aufgrund seiner biomechanischen Überlegenheit gegenüber der DHS und seiner minimalinvasiven OP-Technik [2, 23, 33]. A1- und A2-Frakturen können mit beiden Verfahren belastungsstabil versorgt werden. A3-Frakturen, insb. mit ausgeprägter subtrochantärer Frakturkomponente, profitieren von den biomechanischen Vorteilen des Nagels.

Inwieweit zementaugmentierende Verfahren die Komplikationsrate senken können, konnte in der Vergangenheit nicht detailliert nachgewiesen werden. Allerdings zeigen aktuelle Meta-Analysen deutliche Vorteile der Zementaugmentation auf [32].

Komplikationsmanagement der trochantären Fraktur

Mögliche Komplikationen der pertrochantären Fraktur (Osteosynthese) sind:

  • - Pseudarthosen
  • - Varuskollaps der Fraktur mit Cut-out des Kraftträgers
  • - übermäßige Sinterungsvorgänge mit und ohne Cut-through
  • - Implantatbruch
  • - Infektion/Hämatom

Trotz vieler Neuentwicklungen auf Implantatebene persistieren seit Jahren die Versagensgründe der Osteosynthese bei instabilen pertrochantären Frakturen, auch wenn die intramedullären Kraftträger der dritten Generation geringere Komplikationsraten aufweisen und Augmentationsstrategien vielversprechend erscheinen [18, 23, 32]. Ein Kollaps in Varusrichtung, Sinterungsvorgänge mit Medialisierung des Schaftes und Cut-out der Schenkelhalsschraube stellen weiterhin die Hauptversagensgründe dar [20, 23]. Technische Entwicklungen wie die Helixklinge erhöhen die Cut-out-Resistenz durch eine Verbesserung der Rotationsstabilität und führen zu Re-Operationsraten von 2,5–7 % [7, 18, 22, 23, 27]. Dennoch zeigt die Helixklinge, neben fehlender intraoperativer Kompressionsmöglichkeiten auch Nachteile, gerade bezüglich einer geringen Ausreißfestigkeit, einer möglichen Fragmentdislokation beim Eintreiben des Kraftträgers und einer vermehrten postoperativen Sinterung im Kopf-Hals-Bereich [27]. Kontrollierte axiale Gleitvorgänge sind der komplikationslosen Knochenheilung zuträglich [30], wohingegen übermäßige Gleit- und Sinterungsvorgänge zum Frakturkollaps mit konsekutivem Implantatversagen führen [10]. Auch wenn intramedulläre Implantate biomechanisch Vorteile bieten und die Resultate der letzten Generation vielversprechend sind [10, 23], gibt es in der klinischen Anwendung durchaus Situationen, in denen extramedulläre Implantate sinnvoll erscheinen (ausgeprägte Adipositas, Voroperationen mit Achsabweichung, gestörte Integrität des Trochanter major). Additive Trochanterabstützplatten (TAP) können der exzentrischen Biegebeanspruchung dann entgegenwirken, die Lasteinleitung medialisieren und den biomechanischen Vorteil intramedullärer Implantate kompensieren, wenn dabei Reposition und Implantatlage einwandfrei sind [26] (Abb. 5). Der RoSA/TAP scheint dagegen aufgrund seiner nachgewiesenen biomechanischen Stabilität besonders auch als Revisionsimplantat geeignet zu sein, wenn der Grund für das Versagen verbliebene (Rotations-)Instabilität ist [26] (Abb. 6). Die exakte Reposition und die stabile, korrekte interne Fixation stellen die Grundvoraussetzungen für eine komplikationslose Heilung und schnelle Rehabilitation dar [18]. Multivariate Analysen haben gezeigt, dass hinsichtlich der Positionierung des Schenkelhalskraftträgers die Tipp-Apex-Distanz die höchste Vorhersagekraft für den Cut-out besitzt [3, 17]. Bei Systemen mit einer Hüfttragschraube findet sich ferner das sog. Problem der linken Seite. Da standardmäßig die Hüftschrauben ein Rechtsgewinde besitzen, kann es auf der linken Seite zu einer Ventralrotation des Calcar-femorale-Sporns kommen. Hier empfiehlt sich die Revision mit korrekter Reposition und rotationsstabiler Hüftkopfverankerung. Rotationssicherungsdrähte können das Fragment vor der Mitrotation schützen. Bei der extramedullären Versorgung kann es im Zuge einer ungenauen Bestimmung des Bohrwinkels für die Schenkelhalsschraube und dadurch zusätzlich auftretender Zugspannungskräfte nach Plattenfixierung zum Plattenausriss kommen. Adäquate Implantatlängen (fabrikatsneutral) stellen diese notwendige Ausgleichsbewegung der Implantatkomponenten sicher.

Heilungsstörungen der intertrochantären Region sind aufgrund der suffizienten Blutversorgung eher selten und werden in der Literatur mit bis zu 2 % angegeben [26]. Allerdings ist eine übermäßige Sinterung mit schlechten funktionellen Resultaten verbunden [10]. Bisher ist nicht geklärt, wie viel Sinterungskapazität zugelassen werden sollte, um eine adäquate Frakturheilung ohne übermäßige Verkürzung der Schenkelhals-/Trochanterregion zu ermöglichen – und im Gegenzug, ohne eine Pseudarthrose zu riskieren. Dabei sollte das Gleiten nicht komplett verhindert werden, sondern auf ein biomechanisch akzeptables Maß von 2–3 mm reduziert werden. Beim RoSA-System können durch das Kopfteil der Platte zusätzlich variabel winkelstabile Schrauben mit dem Effekt einer zusätzlichen Limitierung des Gleitwegs eingebracht werden. Kritisch zu hinterfragen ist allerdings die eventuelle Notwendigkeit der sekundären Dynamisierung bei Heilungsverzögerung durch Verwendung von rigiden Konstruktionen, da Zweiteingriffe beim geriatrischen Krankengut vermieden werden sollten [26].

Tipps und Tricks

  • - Nutze minimalinvasive Sicherungs-Cerclagen oder die kollineare Repositionszange als Repositionshilfen bevor der Nagel eingebracht wird.
  • - Mache einen geschlossenen Repositionsversuch vor dem sterilen Abwaschen und nutze beide Bildwandler-Ebenen hierfür.
  • - Der Führungsdraht gibt die Richtung und die Lokalisation des Implantates vor. Kontrolliere die Lage (Trochanterspitze a.-p., mittig seitlicher Strahlengang) in 2 Ebenen sorgfältig.
  • - Vermeide beim Aufbohren eine Schädigung der lateralen Wand durch Druck nach medial. Die Wand ist für die Stabilität und die Nagelführung sehr wichtig.
  • - Verläuft die trochantäre Fraktur durch den Eintrittsweg für den Nagel, kann es zur Verdrängung des proximalen Fragmentes kommen und das Aufbohren ist nicht suffizient. Erzeuge vor dem Aufbohren einen Gegendruck mittels Einzinker oder der kollinearen Zange und beginne ggf. mit einem Bohrer kleineren Durchmessers.
  • - Vermeide ein mehrfaches Vorbohren von Schraube oder Klinge durch richtiges Einschätzen der Nageltiefe. Fehlbohrungen erzeugen Instabilität und können zur Fehllage des Kraftträgers im Schenkelhals führen.
  • - Sichere das proximale Fragment vor dem Einschlagen einer Klinge, damit es nicht zur medialen Dislokation des Kopf-/Halsfragmentes kommt und die Frakturreposition leidet.
  • - Schätze vor Operation das Ausmaß der Antekurvation des Femurs ein. Ggf. muss ein kürzeres oder anderweitiges (extramedulläres) Implantat verwendet werden.
  • - Kontrolliere genau den Sitz der distalen Verriegelung, auch wenn sie über den Zielbügel vorgenommen wird. Manchmal ist dieser durch unsachgemäße Nutzung verformt und kann Schrauben fehlleiten.
  • - Schlage nicht direkt mit dem Hammer auf den Zielbügel sondern nur auf den entsprechenden Aufsatz.
  • - Gerade Patienten mit stark reduzierter Knochenqualität profitieren von einer Zementaugmentation. Nutze geringe Zementmengen. Vermeide eine Drahtperforation des Hüftgelenkes und visualisiere vor (Kontrastmittel) und beim Zementiervorgang die Verteilung.

Implantatbrüche

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