Übersichtsarbeiten - OUP 12/2015

Lessons learned: Versagensmuster unicondylärer Knieteilprothesen im 20-jährigen Beobachtungszeitraum der Schulthess Klinik Zürich

Citation
Pankonin SA, Preiss S, Neidenbach P. Lessons learned: failure patterns in unicondylar knee arthroplasty: 20-year follow-up in Schulthess
Klinik Zürich.
OUP 2015; 12: 627–636 DOI 10.3238/oup.2015.0627–0636

Hintergrund

Die erste Veröffentlichung über funktionelle Resultate nach Implantation unikondylärer Knieendoprothesen (UKP) stammt aus dem Jahr 1976 [1]. Insall und Walker konnten 21 Patienten nachuntersuchen, die aufgrund einer unikompartimentellen Kniegelenkarthrose mit einer UKP behandelt wurden. Lediglich bei 11 von 21 Patienten konnten zufriedenstellende Resultate verzeichnet werden, sodass die Autoren weiterhin die Osteotomie als Standardverfahren zur Behandlung der isolierten medialen oder lateralen Kniegelenkarthrose empfahlen.

Dank kontinuierlicher Verbesserung der Operationstechniken und des Designs der Implantate konnte sich die UKP in den letzten Jahren zu einem etablierten Verfahren in der Behandlung der medialen tibio-femoralen Kniegelenkarthrose entwickeln. Denn verglichen mit dem totalendoprothetischen Kniegelenkersatz (KTP) bietet die UKP einige Vorteile: kürzere Operationsdauer und weniger Blutverlust; bessere Propriozeption des Kniegelenks durch den Erhalt des vorderen und hinteren Kreuzbands, wodurch die natürliche Kinematik des Kniegelenks nahezu vollständig erhalten bleibt [2]. Des Weiteren konnte im Vergleich zum totalendoprothetischen Ersatz eine niedrigere postoperative Morbidität nachgewiesen werden [3]. Diese Faktoren erleichtern und beschleunigen die postoperative Rehabilitation [4, 5]. Die zuverlässige Schmerzreduktion und gute Funktionalität des Kniegelenks führen zudem zu einer hohen Patientenzufriedenheit [4, 6].

In Anbetracht dieser Fakten überrascht es, dass gemäß des australischen und schwedischen Prothesenregisters, die Anzahl der implantierten unikondylären Knieprothesen in diesen beiden Ländern abnimmt [7, 8]. In Australien sank die Anzahl der Implantationen von 2012 auf 2013 um 2,7 % (Abnahme um 12,9 % von 2011 auf 2012); im Vergleich zu 2003 sogar um 49,5 %. Der prozentuale Anteil der UKP an sämtlichen Knieprothesen sank von 14,5 % im Jahr 2003 auf 4,1 % im Jahr 2013.

Ein möglicher Grund für die sinkende Popularität könnte die Revisionsrate der UKP sein: Im australischen Prothesenregister liegt die kumulative prozentuale Revisionsrate bei Patienten mit medialer UKP nach 10 Jahren bei 15,1 %. Hingegen liegt die Revisionsrate bei Patienten, die mit einer KTP versorgt wurden, nach 10 Jahren bei 5,6 %. Erwähnenswert ist jedoch, dass, gemäß der schwedischen Registerstudie, die Revisionsraten nach UKP in Zentren mit den höchsten Fallzahlen, am niedrigsten waren, also die höhere Anzahl der durchgeführten Implantationen die Revisionsrate reduziert.

Im Gegensatz zu den Registerdaten zeigen einzelne Autoren insbesondere von Fallserien sehr gute klinische Resultate sowie niedrige Revisionsraten [9–11]. So konnten Berger et al. in einer Fallserie eine 10-Jahres-Überlebensrate von 98 % zeigen. Nach durchschnittlich 12 Jahren zeigten 80 % der Patienten mit UKP exzellente funktionelle Resultate, gemessen mit dem Hospital for Special Surgery Knee Score [6]. Entsprechend gute klinische Resultate erzielten die Patienten einer Studie von Yoshida et al. Die 10-Jahres-Überlebensrate in dieser Studie, bei der ein Kollektiv von 1279 Patienten mit medialen UKP nachuntersucht wurde, lag bei 95 % [12].

Die aktuell vorhandene Literatur, die Revisionsgründe und -raten beschreibt, ist limitiert. Die Daten dieser Studien basieren oft auf kleinen Fallserien mit meist kurzen Nachuntersuchungsperioden. Revisionsgründe, die nach längeren Zeitintervallen auftreten, z.B. PE-Abrieb oder das Fortschreiten der Arthrose in den anderen Kompartimenten, werden dabei nicht immer erfasst [10, 13–17].

Ziel dieser Studie ist, die Versagensursachen, -muster und deren Häufigkeiten, anhand 5 verschiedener Prothesentypen, welche innerhalb von 20 Jahren in unserer Klinik auf Grund einer isolierten medialen Gonarthrose implantiert wurden, zu beschreiben.

Patienten und Methoden

In die Studie wurden Patienten eingeschlossen, bei denen im Zeitraum von Januar 1989 bis Dezember 2008 eine primäre, unikondyläre mediale Knieteilprothese implantiert wurde und bei denen, bis zum Zeitpunkt der Datenerhebung, eine Konversion in eine KTP durchgeführt werden musste. Die Patienten wurden mithilfe des Prothesenregisters der Schulthess Klinik Zürich identifiziert. Die Indikation für die primäre Implantation musste die isolierte, symptomatische mediale Gonarthrose sein. Zur Sicherstellung der korrekten Indikationsstellung erfolgte bei allen Patienten zur präoperativen Abklärung die Aufnahme von anterio-posterioren, lateralen und axialen Röntgenbildern der betroffenen Kniegelenke. Zudem wurde zur Bestimmung der Achsenverhältnisse eine Ganzbeinaufnahme durchgeführt. Als klinisches Kriterium galt, dass die Patienten den Schmerzfokus vorwiegend im medialen Gelenkkompartiment lokalisierten. Zur Beurteilung der Knorpelsituation im lateralen bzw. femoro-patellaren Kompartiment wurde bei nicht ausreichender Aussagekraft der konventionellen Röntgenaufnahme zusätzlich eine MRI-Untersuchung des Kniegelenks angefertigt.

Patienten mit UKP auf Grund einer anderen Indikation (z.B. Osteonekrose) als die isolierte mediale Gonarthrose sowie Patienten mit lateraler UKP wurden aus der Studie ausgeschlossen.

Insgesamt wurden bei 726 Pa-
tienten (419 weibliche, 57,7 %) 789
unikondyläre Prothesen implantiert. 93 (12,8 %) Patienten (33 weibliche, 35,5 %) aus dem Gesamtkollektiv erhielten eine unilaterale laterale UKP und wurden für die Studie nicht berücksichtigt. Von den überbleibenden 633 Patienten wurden 570 (90 %) unilateral medial operiert. Von 63 (63/633, 10 %) Patienten, bei denen bilateral operiert wurden, erhielten 58 (92,0 %) Patienten bilateral eine mediale UKP. Bei diesen 58 Patienten wurden somit 116 Prothesen implantiert. Darunter waren 13 Patienten, bei denen Implantate unterschiedlicher Hersteller verwendet wurden. Bei weiteren 5 (8 %) Patienten wurde eine mediale UKP implantiert bzw. contralateral eine laterale UKP. Für die Studie wurden nur die Knie berücksichtigt, bei denen die mediale UKP implantiert wurde. Bei keinem Patienten wurden bilaterale laterale UKP implantiert.

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