Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Minimal-invasive Endoprothetik der Hüfte
Wie kommen wir mit dem DAA Zugang zu guten Ergebnissen?

Andreas Hachenberg, Clayton N. Kraft

Zusammenfassung:
Der direkte vordere Zugang (direct anterior approach/DAA) zum Einbringen einer primären Hüftendoprothese erlaubt eine muskelschonende Darstellung des Hüftgelenkes mit geringem Blutverlust, präziser Implantatpositionierung, guter Verankerung und schneller postoperativer Mobilisation in Vollbelastung. Nachteile sind die aufwändige Lagerung, die Lernkurve bei der Präparation und Implantatpositionierung und auch, dass man bei nennenswerten Schaftkomplikationen eingeschränkt handlungsfähig sein kann und der Zugang ausgeweitet werden muss. Auch ist der DAA bei der Schaft-Revisionsendoprothetik sicher nicht der Zugang der Wahl.
Bei Beachtung einer standardisierten und sorgfältigen Präparation sind dem Zugang nachgesagte Komplikationen wie Muskel- und Nervenschäden, gut zu vermeiden. Postoperative Muskelinsuffizienzen treten kaum auf und Luxationen sind eine Rarität. Die kleine, kosmetisch gut gelegene Narbe, aber insbesondere die schnelle Mobilisation, führen zu einer hohen Zufriedenheit des Patienten.

Schlüsselwörter:
Chirurgie, DAA, Endoprothetik, Hüfte, minimal invasiv, Tipps, Ablauf

Zitierweise:
Hachenberg A, Kraft CN: Minimal-invasive Endoprothetik der Hüfte. Wie kommen wir mit dem DAA Zugang zu guten Ergebnissen?
OUP 2021; 10: 57–63
DOI 10.3238/oup.2021.0057–0063

Summary: The direct anterior appproach (DAA) is an excellent muscle sparing approach for hip joint replacement, associated with little blood loss, precise positioning and firm anchoring of implants, as well as swift recovery under full weight bearing. Disadvantages lie in the necessity for lengthy and precise patient positioning, a marked learning curve for the procedure itself and the fact that in some stem associated intraoperative complications solutions can be tedious. In our experience, the DAA is not the approach of choice for stem revision surgery.
By following a very standardized and meticulous preparation, reported complications associated with this approach, such as damage to muscle tissue, trochanteric fractures and nerve irritations can usually be avoided. Postoperative muscle paralysis as well as luxations are extremely rare. The small, cosmetically hardly disturbing scar but more importantly, the markedly expedited recovery after surgery, lead to a high level of satisfaction in patients.

Keywords: surgery, DAA, joint replacement, hip, less invasive, pitfalls, procedure

Citation: Hachenberg A, Kraft CN: Less invasive Hip Joint Replacement. Aspects to improve surgical outcome using the direct anterior approach (DAA)
OUP 2021; 10: 57–63. DOI 10.3238/oup.2021.0057–0063

Andreas Hachenberg, Clayton N. Kraft: Ortho-Campus Hüls - Helios Cäcilien Hospital, Krefeld

Einleitung

Der totalendoprothetische Ersatz der Hüfte gehört zu den erfolgreichsten Eingriffen in der Orthopädischen Chirurgie. Die Lebensqualität des Patienten wird durch die Reduktion des Schmerzes, Besserung der Gelenkfunktion und damit Steigerung der individuellen Mobilität ganz wesentlich gebessert. Die Implantationszahlen in industrialisierten Ländern mit +/- 250 pro 100.000 Einwohner [1] tragen Zeugnis für diese hocherfolgreiche Operation.

Dennoch, wie bei jedem operativen Eingriff gibt es intra- und postoperative Begebenheiten, die ein erfolgreiches Ergebnis kompromittieren können. Einer der modifizierbaren Faktoren zur Vermeidung mancher Komplikationen ist die Wahl des operativen Zuganges. Zwar haben sich die ganz „klassischen“ dorsalen und anterolateralen Zugänge über viele Jahre exzellent bewährt, dennoch sind auch sie mit Nachteilen behaftet. Hier zu nennen sind der Blutverlust, die Dissektion wichtiger Muskeln, Nervenschäden und Luxationsraten. Deshalb, aber auch mit zunehmender Implantate- und Instrumentenentwicklung im letzten Jahrzehnt, haben die minimalinvasiven Zugänge und hier insbesondere der DAA (direct anterior approach), an Popularität gewonnen [15]. Der DAA, der die natürlichen Muskel-und Nervenlücken zur Adressierung des Hüftgelenkes nutzt, hat theoretisch den Vorteil der rascheren Rekonvaleszenz und des geringeren postoperativen Schmerzes [8, 13]. Zudem spricht man dem Zugang, insbesondere im Vergleich zur dorsalen Versorgung, eine geringere Luxationsrate, geringere Revisionsrate für Instabilität und geringere Rate an periprothetischen Frakturen zu [4].

Kontroversen existieren nach wie vor darüber, welcher Zugang das bessere kurz- und langfristige Ergebnis liefert. Hier kann man sich in der Literatur reichlichen - mal kleineren, mal größeren - Studien bedienen und wird für jeden Zugang den gewünschten Argumentationsfaden finden [3, 5, 7, 10, 11, 18]. Auch wird man sich zweifelsohne trefflich darüber streiten können, welcher Zugang aus Patientensicht (PROM`s) der Bessere ist [9, 12, 17]. Die Perzeption hängt, wie eine Umfrage der American Association of Hip and Knee Surgeons erst kürzlich zeigen konnte [14] auch maßgeblich damit zusammen, wie vertraut Chirurgen mit dem minimalinvasiven DAA Zugang sind. Mehr als 70 % der Chirurgen, die den DAA nutzten, beschrieben geringe Komplikationsraten, kurze Verweildauer im Krankenhaus und eine Reduktion des postoperativen Schmerzes. Über 75 % der Chirurgen, die diesen nicht nutzten, beschrieben schlechtere Ergebnisse mit DAA und keine Vorteile des minimal invasiven Zugangs. Diese wahrscheinlich zurzeit unlösbare Dichotomie soll auch hier nicht besprochen werden. Tatsache bleibt jedoch, dass allein die steigende Popularität des DAA in den letzten 10 Jahren, nicht nur in den USA [4], sondern auch bei uns die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass es sich beim DAA um mehr als eine vorübergehende Modeerscheinung handelt.

Seit 2010 versorgen wir ausnahmslos jede primäre Hüft-Totalendoprothese über den DAA Zugang. Dieser Artikel soll einen Überblick darüber geben, wie man unserer Meinung nach mit der DAA Methode zu guten Ergebnissen kommen kann und welche Pitfalls, gerade in der Anfangsphase, zu vermeiden sind.

Patientenwahl und präklinisches Assessment

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