Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Minimal-invasive Endoprothetik der Hüfte
Wie kommen wir mit dem DAA Zugang zu guten Ergebnissen?

Hinsichtlich einer möglichen Auswahl der für die Anwendung des DAA in Frage kommenden Patienten sehen wir, jenseits der für alle Patienten geltenden Ausschlusskriterien, keine besonderen zugangsspezifischen Einschränkungen. Wie bei allen Zugängen zum Hüftgelenk gelten entzündliche Hauterkrankungen im Zugangsgebiet als Kontraindikation. Vigilanz ist bei der Leistenmykose, vor dem Hintergrund der Nähe zum Zugangsgebiet besonders zu betonen, etwas was einem schnell entgehen kann. Insbesondere ist der DAA auch für adipöse Patienten geeignet, wenn bei der Lagerung entsprechende Vorkehrungen, wie eine Zügelung der Bauchschürze nach kranial, beachtet werden.

Um das Risiko eines periprothetischen Infektes möglichst gering zu halten, führen wir präklinisch konsequent eine Screening-Untersuchung auf Serum CRP-Wert und HbA1c-Bestimmung durch und empfehlen eine präoperative Optimierung. Die Erfassung einer möglichen Kolonisation mit MRSA durch eine Abstrichuntersuchung aus Leiste, Nase und Rachen dürfte inzwischen landläufig als Standard gelten.

Bildgebung

Die vorbereitende Bildgebung sieht die klassische, tief eingestellte Beckenübersichtsaufnahme mit Planungskörper sowie die Lauensteinaufnahme vor. Außer bei Unklarheiten ist eine Schichtbilddiagnostik nicht erforderlich. Die präoperative Operationsplanung entweder mittels Schablonen, in den meisten Kliniken inzwischen mittels CAD System, ist unabdingbar.

Implantatewahl

Der DAA schränkt die Wahl der Verankerungstechnik nicht ein. Sowohl vollzementierte und Hybridversorgungen, als auch die verschiedenen komplett zementfreien Philosophien können hierüber problemlos verfolgt werden. Die Wahl der Implantate sollte die speziellen anatomischen Gegebenheiten beim direkten vorderen Zugang berücksichtigen. Während das Pfannenimplantat keinen wesentlichen Einschränkungen unterliegt (bis hin zu der Möglichkeit Pfannendachabstützschalen oder Trabecular metal-Pfannen), vereinfacht ein Schaft der den Trochanter schont und „anatomisch“ vorgeformt ist, die Implantation oftmals erheblich. Beispielhaft können hier der Polarschaft (Fa. Smith&Nephew), Corail-Schaft (Fa. De Puy), Accolade-Schaft (Fa. Stryker) genannt werden, wenngleich inzwischen alle großen Anbieter entsprechende Implantate im Portfolio haben. Gerade auch die sog. Kurzschaftprothesen eignen sich aufgrund ihrer abgerundeten Form sehr gut. Weniger geeignet für den DAA sind dagegen Schäfte vom Zweymüller-Typ, lange Geradschäfte oder modulare Revisionsschäfte. Sollte aufgrund der knöchernen Situation des Femurs ein solcher Schaft bereits primär geplant sein, wählen wir den lateralen Zugang, da dies dann eine bessere Positionierung des Femurs ermöglicht. Eine intraoperative Erweiterung des DAA, um aufgrund unerwarteter Komplikationen einen Modularschaft einbringen zu können, ist dennoch möglich, aber gelegentlich mit einem größeren Muskeltrauma verbunden und daher, bei absehbarer Notwendigkeit gerader Schäfte, nicht erste Wahl.

OP-Vorbereitung

Die OP-Vorbereitung ist nicht wesentlich anders als bei konventionellen Zugängen. Da sich der DAA inzwischen weit verbreitet hat, klären wir wie für jede Hüft-TEP und nicht im Sinne eines „Neulandverfahrens“ auf. Als „besondere“ Eigenheiten des Zugangs ist der Patient auf die gelegentlich auftretende und fast immer rückgängige Parästhesie im Versorgungsgebiet des N. cutaneus femoris lateralis aufzuklären. Beim Einsatz eines Spezialtisches bei dem der Unterschenkel/Fuß in einen Stiefel eingespannt wird, ist man gut beraten, den Patienten über OSG-Frakturen, die zwar (sehr) selten vorkommen, aber doch beschrieben werden, aufzuklären. Nur empfehlen kann man präoperative Waschungen mit antiseptischer Seife. Der Patient erhält dazu eine antiseptische Seife und Nasensalbe zur unmittelbaren präoperativen Verwendung.

Anästhesie

Die Operation kann in Allgemeinanästhesie wie auch in Spinalanästhesie durchgeführt werden. Bei beiden ist die muskelschonende Präparation möglich. Mit der Anwendung regionaler Verfahren haben wir keine Erfahrung. Um das Muskeltrauma zu vermeiden, ist eine exzellente Muskelrelaxation unabdingbar. Insbesondere der Musculus tensor fasziae latae ist durch Hakendruck andernfalls gefährdet. Dies ist über die Spinalanästhesie besonders gut gewährleistet und bedarf im Falle der weit verbreiteten Allgemeinanästhesie einer sehr aufmerksamen Narkoseführung und regelhafter intraoperativer Nachrelaxierung zu relativ festen Zeitpunkten. Eine präoperative interdisziplinäre Absprache diesbezüglich ist dringend zu empfehlen (z.B. im Rahmen des time-out).

Präoperativ verabreichen wir zudem regelhaft, unter Berücksichtigung von Kontraindikationen während der Narkoseeinleitung: Tranexamsäure 1 g i.v. zur Blutungsprophylaxe, Cefazolin 2 g i.v. zur Infektionsprophylaxe sowie Dexamethason 8 mg i.v..

Operatives Vorgehen

Die Lagerung und Operation erfolgt in Rückenlage auf einem Tisch mit absenkbaren Beinteilen. Um den Femurstumpf im Verlauf gut darstellen zu können, ist bereits bei der Lagerung darauf zu achten, dass das Becken des Patienten über der Drehachse der Beinteile gelagert wird unter Berücksichtigung, dass der etwaige einzusetzende Bildwandler nicht behindert wird. Wegen der Nähe des Hautschnittes zur Schamregion decken wir aus hygienischen Gründen diese bereits bei der Lagerung, vor dem sterilen Abwaschen, mittels eines Folienpflasters ab.

Wir verwenden zur sterilen Abdeckung ein speziell entwickeltes seitendifferentes Abdecktuch, welches inzwischen von verschiedenen Firmen, mit kleineren Modifikationen, kommerziell angeboten wird. Gemeinsam ist, dass das kontralaterale Bein in einen dem Tuch fest angefügten Beinsack gelagert wird, um im Verlauf ein Unterführen des zu operierenden Beines unter das kontralaterale Bein zu ermöglichen. (z.B. Fa. Medline, DAA-Tuch) Sollte dies nicht vorhanden sein, wird das gegenseitige Bein ebenfalls steril abgewaschen, in einer Stockinette gelagert und ein bilaterales Tuch verwendet (Abb. 1).

Der Hautschnitt orientiert sich an der Spina iliaca anterior superior und dem Trochantermassiv. Der Mittelpunkt der Verbindungslinie kann als Startpunkt der Inzision mit Zielrichtung Traktus iliotibialis über ca. 6 cm Länge angesehen werden. Besser kann man grob orientierend den Startpunkt auch 2 Querfinger von der Spina nach lateral und kaudal ermitteln. Wichtig ist, dass die Inzision nicht zu weit medial verläuft, um bei der nachfolgenden Präparation in die Tiefe eine Schädigung des Nervus cutaneus femoris lateralis zu vermeiden. Nach Auftreffen auf die Faszia lata wird diese in Verlaufsrichtung des Hautschnittes eröffnet, wobei man sich hier lateral des gut sichtbaren Übergangs zum dichteren, weißlicher erscheinenden Faszienanteils orientieren muss, um den Nervus cutaneus femoris lateralis zu schonen. Durch direkte Schädigung bei der Präparation oder auch Druckschäden durch Hakenzug kann es zu einer vorübergehenden oder auch selten bleibenden An- bis Parästhesie im Versorgungsbereich, typischerweise am ventro-lateralen Oberschenkel, kommen. Auch eine Meralgia parästhetica wurde postoperativ beobachtet. Eine sorgsame Präparation hilft dieses zu vermeiden (Abb. 2).

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