Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Minimal-invasive Endoprothetik der Hüfte
Wie kommen wir mit dem DAA Zugang zu guten Ergebnissen?

Mit dem Finger wird die Muskellücke zwischen Musculus tensor fasciae latae und Sartorius identifiziert, wobei eine Fettlamelle zwischen den Muskeln als Orientierung dient. In der Tiefe ist zwingend das Gefäßbündel der Arterie und Venae circumflexae darzustellen und vor der Durchtrennung zu elektrokauterisieren oder zu ligieren. Nach Entfernung des präkapsulären Fettkörpers wird die vordere Hüftgelenkkapsel sichtbar. Nach Einsetzen von extrakapsulären Hohmann-Hebeln kann die Kapsel mitsamt dem Ligamentum iliofemorale abgetragen und die Haken intrakapsulär umgesetzt werden. Der Schenkelhals kommt optisch sehr gut zur Darstellung und kann problemlos anhand der präoperativen Planung osteotomiert werden (Abb. 3).

Wir führen eine Doppelosteotomie durch, um nach Entfernen des entstehenden Knochenmedaillons mehr Raum zur Mobilisation des Hüftkopfes zu bekommen, welcher wie üblich mit dem Korkenzieher-Instrument entfernt wird. Die Sicht ins Acetabulum wird durch Verwendung der angewinkelten Hohmannhaken optimiert (Abb. 4).

Wert sollte auf die Verfügbarkeit von entsprechenden Instrumentarien wie z.B. offset-Handgriffe, gewinkelte Fräsen und speziell gewinkelte Hohmänner gelegt werden. Die Pfannenpräparation gelingt besonders gut mit Verwendung von offset-Fräshandgriffen, die eine gute Rekonstruktion des Rotationszentrums gewährleisten. Dennoch ist zur Vermeidung einer zu lateralen Pfannenposition auf einen Ausgleich des nach lateral gerichteten Weichteildrucks mittels Gegendruck am Fräshandgriff zu achten (Abb. 5).

Die Pfannenimplantation erfolgt bei uns unter Verwendung gerader Einschläger, da durch Offset-Einschläger unserer Erfahrung nach der Einschlagimpuls zu sehr abgeschwächt wird, was die pressfit-Verankerung erschwert. Eine gute Muskelrelaxation ist für diesen und die nachfolgenden Präparationsschritte unabdingbar, weshalb spätestens zu diesem Zeitpunkt nochmal eine Vollrelaxierung erfolgt (Abb. 6).

Eine gute Darstellung des Femurstumpfes zur Schaftpräparation gelingt unter Absenken des unteren Tischteils um ca. 30–40°, mit Lagerung des zu operierenden Beines in Adduktion mit 90° Außenrotation und unter das kontralaterale Bein. Wir verwenden dazu keine speziellen Lagerungshilfen, wie z.B. den AMIS-Tisch der Fa. Medacta, sondern alleine die sorgfältige Einstellung mittels eines Assistenten, der das Bein von der Gegenseite führt (Abb. 7).

Die Ablösung von Kapselresten am Femurstumpf und zur Pfanne hin ist obligat. Der Trochanter wird durch einen speziellen geraden Müller-Retraktor angehoben. Dabei ist zur Vermeidung eines Trochanterabrisses auf sorgfältiges Unterführen des Hakens unter das gesamte Trochantermassiv zu achten. Mehrfaches Nachpositionieren unter schrittweisem release, bei bestmöglicher Relaxierung ist unserer Erfahrung nach am besten geeignet, um Trochanterverletzungen und Verletzungen des Muskelbauches des Tensor zu vermeiden. Die Schaftpräparation selber erfolgt mit offset-Handgriffen in üblicher Technik. Auch hier ist der nach lateral führende Druck des Weichteilgewebes durch entsprechenden Gegendruck am Handgriff zu beachten und auszugleichen (Abb. 8).

Nach Schaftimplantation und Reposition erfolgt die Stabilitätsprüfung hinsichtlich Luxationssicherheit, vor allem in Überstreckung und Außenrotation, da dies die am ehesten gefährdete Bewegungsrichtung des DAA darstellt. Aufgrund der weitgehend unverletzten dorsalen Kapsel und Glutealmuskulatur ist eine dorsale Luxation nicht zu befürchten und in unserem Patientengut seit 10 Jahren nicht aufgetreten. Eine ventrale Luxation bei Überstreckung und Außenrotation trat in unserem Patientengut in unter 0,1 % der beobachteten Fälle auf.

Vor Wundverschluss empfiehlt sich eine lokale Infiltrationsanästhesie der Kapsel (LIA) mit Ropivacain 2 mg/ml. In der Regel legen wir in den letzten Jahren keine Wunddrainage mehr ein. Der Wundverschluss erfolgt, nach nochmaliger Kontrolle der Circumflexa-Gefäßstümpfe auf Bluttrockenheit, mittels fortlaufender Fasziennaht. Diese Naht sollte absolut dicht verschließen und wird von uns nochmals in einer zweiten Schicht übernäht, womit subcutane Schwellungen und Hämatome gut verhindert werden können. Sollten sich im Bereich der Quadrizepsmuskulatur Hämatome ausbreiten, wird gelegentlich eine passagere Schwächung der Hüftbeugekraft beobachtet. Bei sorgfältigem Wundverschluss tritt dies zum einen sehr selten auf, zum anderen bildet es sich meist zuverlässig zurück. Eine Adressierung der Muskulatur selbst beim Wundverschluss ist nicht notwendig, da sich die Muskeln nach Entfernung der Haken selber reponieren und in ihrer Kontinuität intakt sind (Abb. 9).

Üblicherweise erfolgen dann die Subcutannnaht und eine intracutane Hautnaht mit versenkten Fädenenden (Abb. 10), so dass auf eine Fädenentfernung komplett verzichtet werden kann. Wir legen regelhaft einen Folienverband an, der für 10–14 Tage verbleibt (Abb. 11–12).

Nachbehandlung

Aufgrund der geringen Schädigung relevanter Muskelgruppen (M. gluteus medius) sollte der Patient noch am OP Tag mobilisiert werden und innerhalb weniger Tage ohne Gehstützen im Zimmer und auf Stationsebene laufen. Die Erstmobilisation ist daher bereits im Aufwachraum mit einem Physiotherapeuten regelhaft eingeplant und gelingt, wenn die Narkoseführung gut war, eigentlich immer. Eine sofortige Vollbelastung ist gestattet, wenngleich die Erfahrung zeigt, dass je nach individueller Ausprägung manche Patienten zur eigenen Sicherheit trotzdem Unterarmgehstützen die ersten Tage und wenigen Wochen nach der OP nutzen wollen. Eine low-dose Thromboseprophylaxe wird auch bei Vollbelastung die ersten 4 Wochen nach der Operation empfohlen (Tab. 1).

Komplikationen und Komplikationsmanagement

Pfannenfehllage

Durch die exzellente Sicht in die Pfanne während der Fräsung ist eine sehr genaue Rekonstruktion des korrekten Pfannensitzes und Rotationszentrums möglich. Eine Pfannenbodenplastik bei erwarteten oder unerwarteten Defekten des Pfannenbodens kann gut unter Sicht platziert und anmodelliert werden. Ebenso können Zysten problemlos adressiert werden. Auch bei Dysplasiesituationen kann, zum einen durch die gute Einsicht in die Pfanne sehr feinfühlig präpariert werden, zum anderen aber auch eine Erweiterung des Schnittes nach kranial angefügt werden, um eine Pfannendachplastik oder Harris-Plastik zu platzieren. Auch die Implantation einer zementierten Pfanne, eine Verschraubung oder der Einsatz einer Pfannendachschale (z.B. Burch-Schneider-Ring, Fa. Zimmer) ist über diesen Zugang recht unproblematisch durchführbar. Bei wenigen Zugängen hat man eine solch gute Sicht auf die Pfanne wie beim DAA.

Schaftfraktur

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4