Übersichtsarbeiten - OUP 02/2015

Postoperative Knochendichteveränderung um die implantierte zementfreie Kurzschaftprothese MiniHip® (Corin)

A. Ercan1, T.J. Filler2, J. Jerosch1

Fragestellung: Wie verändert sich die periprothetische Knochendichte der MiniHip im Verlauf eines Jahres? Gibt es eine Korrelation zwischen Knochendichteabnahme zu CCD-Winkel bzw. Schaftgröße?

Material & Methoden: 33 Patienten im Alter von 25–76 Jahren (20 Frauen, 13 Männer) wurde in den Jahren 2011 und 2012 über einen anterolateralen minimalinvasiven
(ALMI-) Zugang eine MiniHip implantiert. Als Hauptzielgröße wurde die periprothetische Knochendichte postoperativ, 3, 6 und 12 Monate später bestimmt und statistisch die Differenzen untersucht.

Ergebnisse: Es zeigt sich in den ersten 3 Monaten nach
Implantation die stärkste Veränderung, wobei signifikante Knochendichteabnahmen sowohl proximal in den Gruen Zonen 1, 2 und 7 als auch distal in Zone 4 zu verzeichnen sind. Danach treten keine wesentlichen Veränderungen mehr ein. Zwischen Knochendichteabnahme in den proximalen Gruen Zonen und Schaftgröße gibt es eine signifikante Korrelation, zwischen CCD-Winkel und der Knochendichteabnahme konnte dieses nicht gesehen werden.

Fazit und klinische Relevanz: Die MiniHip zeigt im Vergleich zu anderen zementfreien Kurzschaft- und Standardschaftprothesen eine insgesamt geringere Knochendichteabnahme. Die Theorie der proximalen Krafteinleitung wird zumindest teilweise gestützt.

Schlüsselwörter: Kurzschaftprothese, MiniHip, Knochendichte

Zitierweise
Ercan A, Filler TJ, Jerosch J. Postoperative Knochendichteveränderung um die implantierte zementfreie Kurzschaftprothese MiniHip® (Corin). OUP 2015; 02: 106–112 DOI 10.3238/oup.2015.0106–0112

Purpose: How did the periprosthetic bone density of the MiniHip change in the course of the first year? Is there a
correlation between bone density decrease to CCD angle or stem size?

Material and Methods: A MiniHip was implanted to 33
patients aged 25–76 years (20 women, 13 men) in the years 2011 and 2012 through an anterolateral minimally invasive (ALMI) approach. As a primary variable the periprosthetic bone density was determined postoperatively, such as 3, 6 and 12 months later. The differences were analyzed statistically.

Results: The largest change was seen in the first 3 months after implantation, with decreases in the periprosthetic bone density both proximal Gruen zones 1, 2 and 7 as well as distally in Gruen zone 4. The following changes are not essential. A significant correlation between stem size and proximally bone loss was seen, whereas this correlation could not be seen between CCD-angle and proximal bone decrease.

Conclusion: The MiniHip shows – compared to other cementless short-stem and standard stem prostheses – a lower bone density loss. The theory of proximal load transfer is at least partially supported.

Keywords: short stem prosthesis, MiniHip, bone density

Citation
Ercan A, Filler TJ, Jerosch J. Postoperative change of bone density
after implantation of MiniHip® (Corin).
OUP 2015; 02: 106–112 DOI 10.3238/oup.2015.0106–0112

Einleitung

Der totale Hüftgelenkersatz ist eine der am weitesten verbreiteten Operationen, in Deutschland zählt sie mit mehr als 200.000 Eingriffen pro Jahr zu den 10 häufigsten Operationen [1]. Das Aufkommen der minimalinvasiven Chirurgie hat das Interesse an Kurzschaft-Endoprothesen im letzten Jahrzehnt deutlich gesteigert. Während die Implantationszahlen für totalen Hüftgelenkersatz in Deutschland in den letzten Jahren stabil blieb oder sogar abnahm, stieg gleichzeitig der Anteil der Kurzschafthüftendoprothesen an den Gesamtimplantationen [2], was noch einmal die zunehmende Bedeutung dieses Typs an zementfreier Hüftendoprothetik verdeutlicht. Obgleich Kurzschaftprothesen mit der Entwicklung der Druckscheibenprothesen schon seit Ende der 70er Jahre existierten [3]. Aufgrund von Schaftschmerzen infolge der vorhandenen Lasche konnten sich diese ersten Modelle nicht durchsetzen. Erfolgreicher waren die Entwicklungen der metaphysär verankerten Kurzschaftprothesen in den späten 80ern. Danach wurde eine Reihe von Kurzschaftprothesen auf den Markt gebracht, wobei die MiniHip im Zuge dieser Entwicklungen zu sehen ist. Das Ziel der Kurzschaftprothesen ist zum einen die knochensparende Implantation, zum anderen die proximale Krafteinleitung mit Verhinderung eines „stress shielding“, um langfristige Lockerungen aufgrund einer Atrophie des periprothetischen Knochens zu vermeiden. Kritisch bleibt aber in diesem Zusammenhang anzumerken, dass nicht alle Kurzschaftprothesenmodelle die knochensparende Implantation umgesetzt haben, da der Femur zum Teil im Bereich der Standardresektionsebene abgesetzt wird.

Die MiniHip ist seit 2007 im klinischen Einsatz und zeigt bisher in frühen und mittelfristigen klinischen Ergebnissen gute Resultate, die die Verwendung dieser Prothese unterstützen [4]. Radiologische Nachuntersuchungen für eine Interpretation der langfristigen Erfolgsaussichten stehen bisher aus.

Die vorliegende Studie untersucht die Reaktion des Femurknochens auf die Implantation der MiniHip:

Wie verändert sich die Knochendichte im Verlauf eines Jahres nach Implantation der MiniHip?

Gibt es einen Zusammenhang zwischen CCD-Winkel bzw. Schaftgröße und der Knochendichteveränderung?

Material und Methodik

Es erfolgte eine zufällige Patientenrekrutierung in den Jahren 2011 bis 2012. Die Patienten, denen in diesem Zeitraum in der o.g. Klinik eine MiniHip implantiert wurde, wurden prä- oder postoperativ gefragt, ob Sie auf freiwilliger Basis an dieser Studie teilnehmen möchten. Eingeschlossen wurden 33 Patienten im Alter von 25–76 Jahren (20 Frauen, 13 Männer). Die Teilnahme war freiwillig und konnte jederzeit ohne Angabe von Gründen beendet werden. Es wurden 17 rechte und 16 linke Hüften implantiert, 28 Patienten wegen einer Koxarthrose, 4 auf Grundlage einer Dysplasiekoxarthrose und eine wegen einer bestehenden Femurkopfnekrose. Der durchschnittliche BMI betrug 28,90 (18,29– 49,60).

Die MiniHip Prothese gehört zur Gruppe der schenkelhalsteilerhaltenden Kurzschaftprothesensysteme. Als kritischer Faktor der Hüftbiomechanik nach Hüftgelenkersatz wird die Wiederherstellung von Schenkelhals-Schaft-Winkel und femoraler Antetorsionswinkel gesehen [5]. Basierend auf der Analyse von CT-Daten normaler Femora soll mit dem Design mit 9 verschiedenen Schaftgrößen die normale Anatomie und Physiologie wiederhergestellt werden. Die proximale Oberfläche ist mit Titan und Hydroxylappatit plasmabesprüht, die distale Spitze poliert, sodass die distale Fixierung verhindert werden soll, seitlich angebrachte Finnen sorgen für eine Primär- und Rotationsstabilität.

Die Operation kann über jeden gewohnte Zugang erfolgen, bei uns wurde der sogenannte ALMI- (= anterolateraler minimalinvasiver) Zugang genutzt [6, 7, 8]. Die angestrebte Pfannenposition betrug 40–50° zur Horizontalebene mit ca. 10° Pfannenanteversion. Besonders zu beachten ist, dass bei der MiniHip nicht eine Standardresektion des Schenkelhalses erfolgt, sondern das Ziel der Wiederherstellung der Anatomie dadurch gewährleistet wird, dass in Abhängigkeit vom präoperativen CCD-Winkel und damit auch angestrebtem CCD-Winkel die Resektionsebene am Schenkelhals auszuwählen ist. Referenzpunkt ist dabei nicht der Trochanter minor, sondern die Fossa piriformis, welche auch bei dem von uns genutzten minimalinvasiven Zugang, gut darstell- und einsehbar ist. Bei einer normalen Hüfte erfolgt eine Resektion in der Schenkelhalsmitte parallel zur Kopf-Hals-Ebene (Abb. 1). Während bei einer valgischen Hüfte eine tiefe Resektion durchzuführen ist, erfolgt bei einer varischen Hüfte eine unmittelbar subkapitale Resektion, um damit Offset und CCD-Winkel wiederherzustellen [9]. Nach Eröffnen des Femurmarkraums wird dieses nicht mit Raspeln bearbeitet, sondern mit Impaktoren, sodass der spongiöse Knochen dadurch verdichtet wird. Nach entsprechender Vorbereitung wird dann der Schaftstiel, welcher in 9 verschiedenen Größen erhältlich ist, fit-und-fill eingebracht. Es wurden verschiedene Gleitpaarungen (Keramik-Keramik, Keramik-PE, Metall-PE) eingesetzt. Die postoperative Nachbehandlung erfolgte mit einer erlaubten schmerzadaptierten Vollbelastung unter Zuhilfenahme von Unterarmgehstützen.

Die radiologische Analyse konnte anhand der unmittelbar postoperativ angefertigten, standardisierten digitalen Beckenübersichtsaufnahme erfolgen. Es wurde mit dem Bildbetrachtungsprogramm JiveX und den dort vorhandenen Werkzeugen der projizierte CCD-Winkel berechnet.

Die Hauptzielgröße, die periprothetische Knochendichte, wurde nach der DEXA-Methode mit dem Lunar Prodigy (Firma GE Healthcare, Madison, WI) innerhalb der ersten 2 Wochen postoperativ als Ausgangsmessung sowie 3, 6 und 12 Monate postoperativ gemessen. Dabei wurde mit Hilfe einer Software eine Maske analog der Einteilung nach
Gruen und Mitarbeiter [10] auf die Prothese gelegt und die periprothetische Knochendichte (BMD, bone mineral density, g/cm2) bestimmt. Als Kontrolle wurde eine Messung über der Lendenwirbelsäule durchgeführt.

Alle Daten wurden mit dem Programm SPSS 22.0 für Windows 7 analysiert. Mittelwertunterschiede in den verschiedenen Messreihen wurden mit Hilfe einer univariaten Varianzanalyse mit Messwiederholung (ANOVA) inferenzstatistisch abgesichert, dabei wurden Ergebnisse mit p < 0,05 als signifikant erachtet. Zusammenhänge wurden durch Berechnung von Pearson-Produkt-Moment-Korrelationen überprüft.

Ergebnisse

Die Indikationsstellung erfolgte vor allem bei primärer Koxarthrose (85 %), daneben aber auch bei Dysplasiekoxarthrose (12 %) und Femurkopfnekrose (3 %). Zum Zeitpunkt der operativen Versorgung betrug das mittlere Alter 56 Jahre (min 25 Jahre, max 76 Jahre) bei einem durchschnittlichen Gewicht zum OP Zeitpunkt von 82,8 kg (min 54 kg, max 140 kg), der mittlere BMI betrug 28,90 (min 18,29, max 49,60).

Durchschnittlich wurde eine Schaftgröße von 5 benutzt, wobei die Größe 1 gar keine Verwendung fand (Abb. 2). Am häufigsten (20-mal) wurde eine Keramik-Keramik Gleitpaarung eingesetzt, 12-mal eine Keramik-PE und lediglich einmal eine Metall-PE Gleitpaarung.

Der projizierte CCD-Winkel betrug im Durchschnitt 129,1° (min 116,3°, max 142,3°).

Die Veränderungen der Knochendichte um den implantierten Schaft wurden prozentual betrachtet. Dabei zeigte sich in den ersten 3 Monaten die stärkste Veränderung (Abb. 3); insbesondere in den proximalen Gruen Zonen 1, 2 und 7 sowie in Zone 4 konnte ein signifikanter Rückgang nachgewiesen werden. In den übrigen Regionen hat die Knochendichte ebenfalls abgenommen, jedoch ohne signifikante Werte zu erreichen. Mit einer Abnahme von 13,04 % war die größte Abnahme nach 3 Monaten in der Gruen Zone 2 nachweisbar, dem folgend mit 12,74 % Gruen Zone 7 bzw. 9,82 % Zone 1.

Nach 6 Monaten betrug der Knochendichteverlust in Gruen Zone 7 15,2 % kumulativ, in Gruen Zone 1 9,8 % und 13,7 % in Zone 2 (Tab. 1). Vergleicht man die Dichtewerte 3 und 6 Monate postoperativ, so sind die Veränderungen global betrachtet nicht mehr wesentlich (Tab. 2). Die Veränderungen zeigen eine geringfügige Ab- bzw. Zunahme regionenabhängig von unter 2 %. Lediglich in Gruen Zone 3 ist eine Knochendichtezunahme zwischen dem 3. und 6. postoperativen Monat von 4,2 % zu verzeichnen, welche vom Tiefpunkt nach 3 Monaten ausgehend dann Signifikanzniveau erreicht. Zwischen dem 6. Monat postoperativ und ersten Jahr postoperativ sind keine wesentlichen signifikanten Veränderungen mehr nachweisbar.

Die Kontrollmessungen über der Lendenwirbelsäule zeigten zu keinem Zeitpunkt signifikante Veränderungen.

Untersucht man die Korrelation von Knochendichteabnahme in den proximalen Regionen 1 und 7 zum CCD-Winkel, ist zwar kein signifikanter Zusammenhang feststellbar, zwischen CCD–Winkel und der periprothetischen Knochendichteabnahme in Gruen Zone 1 ist mit einem Korrelationskoeffizienten r = – 0,291 jedoch ein schwacher Zusammenhang zu erkennen, sodass man hier zumindest von einer Tendenz sprechen könnte (Abb. 4). Zwischen CCD-Winkel und der Gruen Zone 7 kann gar kein Zusammenhang hergestellt werden, die Knochendichteabnahme ist eher zufällig verteilt.

Für die Schaftgröße ist eine signifikante Korrelation zur Knochendichteabnahme in den Regionen 1 und 7 nachweisbar, mit einem Korrelationskoeffizienten von –0,53 für die Zone 1 bzw. –0,39 für die Zone 7 (Abb. 5). Diese Werte entsprechen einer mittelstarken Korrelation für die Zone 7 bzw. einer noch stärkeren, großen Korrelation für die Zone 1. Dies bedeutet bei negativem r-Wert, dass, je größer der implantierte Schaft, desto größer ist auch die periprothetische Knochendichteabnahme in den Gruen Zonen 1 und 7.

Diskussion

Für die Beurteilung des Atrophieverhaltens des periprothetischen Knochens nach Implantation von Hüftendoprothesen hat sich die sogenannte Dual-Röntgen-Absorptiometrie (engl. dual-energy X-ray absorptiometry, DXA oder DEXA) als verlässlich erwiesen. Vorausgegangene Studien konnten einen In-vivo-Messwiederholungsfehler von 2–3 % zeigen [11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18], für das von uns zur Messung verwendete Gerät lagen die Messungenauigkeiten bei unter 2 % [15, 16]. Während mit der DEXA Methode bereits kleinere Knochendichteunterschiede (4–5 %) sicher quantifizierbar sind, ist dies mit den konventionellen Röntgenuntersuchungen erst ab Knochendichteunterschieden ab 30 % möglich [14, 15, 19, 16, 17], sodass die DEXA-Methode für die Beurteilung der Knochendichteveränderung deutlich besser geeignet ist. Dabei sind bei der Verwendung dennoch verschiedene Einflussfaktoren mit zu berücksichtigen. Die wichtigste Rolle für die Reproduzierbarkeit spielt die Lagerung. In Abhängigkeit von der Rotation des Femurs konnten regionenabhängig Differenzen von ca. 10 % festgestellt werden [11, 13, 15, 16], wobei gerade die proximalen Gruen-Regionen fehleranfällig auf unterschiedliche Rotationsstellungen sind.

Studien mit Seitenvergleichsmessungen präoperativ sowie Kontrollmessungen bei hüftgesunden Patienten konnten eine Knochendichtevarianz von bis zu 20 % regionenabhängig zeigen, wobei die Seitendifferenz bei Arthrosepatienten höher war ) [15, 16]. So ist ein Studiendesign mit der Gegenseite als Vergleichsparameter ungeeignet.

Untersuchungen mit Messvergleichen präoperativ zu postoperativer Knochendichte zeigten Dichtezunahmen von durchschnittlich 7,7–9,0 % Gruen regionenunabhängig, obgleich die Schaftpräparation mit einer Raspel durchgeführt wurde. Regionenabhängig zeigten insbesondere die proximalen Gruen Zonen eine Knochendichtesteigerung von 10–24 % mit dem Maximum in Gruen Region 1, in welcher operationstechnisch mit Markraumeröffnung und instrumenteller Manipulation eigentlich im Vergleich prä- zu postoperativ der höchste Knochenverlust zu erwarten gewesen wäre [16]. Am ehesten als Referenz dienen könnte, wenn überhaupt, die Gruen Region 4, hier zeigten sich Messwertunterschiede von 1,6 %, die somit im Messfehlerbereich liegen.

Abschließend lässt sich zur Methodik sagen, dass die DEXA-Methode dann am stärksten ist und ihre beste Aussagekraft hat, wenn ein Studiendesign angelegt wurde mit prospektiver Messreihe zur Beurteilung einer Knochendichteveränderung um eine Prothese mit standardisierter Lagerung bei der Messung, wobei die Ausgangsmessung postoperativ erfolgen sollte. Dementsprechend war diese Studie angelegt worden.

Die MiniHip zeigt in den ersten 3 Monaten eine global ausgeprägte, jedoch proximal betonte Knochendichteminderung. Es wird quasi ein „steady state“ (Gleichgewichtszustand) erreicht, bis auf Zone 3 sind in der Folge keine signifikanten Veränderungen mehr feststellbar. Und in Zone 3 zeigt sich die Signifikanz lediglich im Vergleich des Tiefstpunkts nach 3 Monaten zu den Werten 6 und 12 Monate postoperativ.

Der globale periprothetische Knochendichteverlust in den ersten 3 Monaten postoperativ nach Implantation der zementfreien Kurzschaftendoprothese deckt sich mit Ergebnissen anderer Studien [20, 21, 22, 23, 24, 25]. Dabei scheinen für den initialen Knochendichteverlust besonders 3 Faktoren eine wesentliche Rolle zu spielen:

1. Ein Grund ist die Kompression der periprothetischen Spongiosa intraoperativ. Auch die anderen zementfreien Hüftendoprothesen, bei denen der Femurmarkraum mit einer Raspel bearbeitet wird und der Schaft press-fit verankert wird, zeigt in den ersten Monaten eine globale Atrophie, welches dann auch Folge einer Knochenumverteilung ist [19, 17, 20, 21, 22, 23, 26, 27, 24]. Bei der MiniHip wird zudem keine Raspel, sondern ein Markraumverdichter benutzt, sodass hier umso mehr eine Umverteilung zu erwarten ist. Weiterhin muss hierbei auch berücksichtigt werden, dass die Ausgangsmessung in den ersten 2 Wochen postoperativ, also dann stattfindet, wenn durch intraoperative Manipulation sowie fit-und-fill Verankerung die Knochendichte potenziell am höchsten ist. Unterschiede der Knochendichte beim Vergleich prä- zu postoperativ in den proximalen Gruen Zonen von mehr als 20 % sind nicht untypisch [16].

2. Ein weiterer nicht unerheblicher Faktor stellt die postoperative Immobilisation der Patienten dar, obgleich eine schmerzadaptierte Vollbelastung erlaubt wird, die zumindest auch ein Teil der Knochendichteminderung mitbedingt [28, 29].

3. Der dritte Gesichtspunkt betrifft den veränderten Kraftfluss nach Prothesenimplantation [30, 31]. Für diese Komponente spricht vor allem der asymmetrische Knochendichtverlust, das heißt, das proximal ein größerer Knochendichteverlust als distal zu verzeichnen ist. Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass ein „stress shielding“ nicht ganz verhindert werden kann, welches vor allem typisch für die Standardschäfte mit distaler Fixierung ist. Die Knochendichteveränderungen von Standardschäften zeichnen sich dadurch aus, dass sie proximal in den Gruen Zonen 1 und 7 eine deutliche Abnahme von 30 % und mehr zeigen, distal hingegen die Knochendichte zunimmt, sodass diese auch bei sich verjüngenden Prothesen aufgrund des stress shieldings distal verankern [19, 32, 18, 22]. Die Kraft verläuft entlang der steifen Prothese und nicht im flexibleren Knochen; entsprechend des Wolff’schen Transformationsgesetzes führt dann die Mehr- bzw. Minderbelastung charakteristischerweise zur proximalen Knochenhypo- und distalen Knochenhypertrophie.

Verglichen mit Knochendichtestudien anderer Standard- und auch Kurzschäfte zeigt sich bei der MiniHip lediglich ein moderater Knochendichtverlust von 7,32 % in Zone 1 bzw. 15,52 % in Gruen Zone 7 nach einem Jahr. Ähnliche Ergebnisse zeigte die Nanos-Kurzschaftprothese (Smith & Nephew) [22, 25]. Gute Ergebnisse zeigt auch die Metha-Kurzschaftprothese (Fa. BBraun) mit Knochendichteabnahmen von 9,5 % bzw. 11,5 % in den Regionen 7 bzw. 1 [33]. Die Mayo-Kurzschaftprothese (Zimmer) weist etwas größere Knochendichteabnahmen mit 14,4 % in Zone 1 bzw. 17,9 % in Zone 7 auf [20, 21], der CFP-Kurzschaftstiel (Fa. Waldemar Link) von sogar 30 % in Gruen Zone 7 bzw. 10–12 % in Zone 1 [23, 24].

Knochendichtestudien von Individualprothesen weisen bezüglich des Dichteverhaltens keinerlei Vorteil gegenüber Standardschäften auf und ähneln in ihrem Dichteabnahmemuster sowohl als Standardindividualprothese als auch Kurzschaftindividualprothese denen der Standardschäfte mit deutlicher Atrophie im Bereich der Kalkarregion [18, 34].

Dennoch besteht der Unterschied der Knochendichteabnahme von Kurzschäften im Vergleich zu Standardschäften nicht nur in der geringeren Höhe der Reduktion, sondern auch in der Tatsache, dass im Bereich der distalen Gruen Zonen, wo die Spitze bei der MiniHip poliert ist, im Gegensatz zu Standardprothesen keine relevante Knochendichtezunahme festzustellen ist.

Ein weiterer Faktor, der das Knochendichteverhalten in den proximalen Gruen Regionen mit beeinflusst, ist die Größe des implantierten Schafts. Der Zusammenhang zwischen Schaftgröße und der Knochendichteabnahme wie hier in der Studie gezeigt, konnte bereits in früheren Studien auch bei Standardschäften gezeigt werden [35, 36]. Je größer der Schaft, desto tiefer ist die Resektionsebene und damit die Annäherung an die Standardresektionsebene der konventionellen Schäfte mit proximal höheren Knochendichteabnahmen, sodass dann auch die Krafteinleitung denen der Standardschäfte ähnelt.

Schlussfolgerung

Im Gegensatz zu Standardprothesen mit distaler Hypertrophie und proximaler Hypotrophie wird bei der MiniHip zumindest teilweise die Theorie der proximalen Krafteinleitung gestützt, obgleich auch hier eine Knochendichteabnahme, aber in geringerem Ausmaße, in den proximalen Regionen zu verzeichnen ist. Mittel- und langfristige Untersuchungen sind erforderlich, um dies besser beurteilen zu können. Die MiniHip vervollständigt das Portfolio einer differenzierten Hüftendoprothetik mit einem selbst breiten Indikationsspektrum.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Johanna Etiennne Krankenhaus

Am Hasenberg 46, 41452 Neuss

J.Jerosch@ak-neuss.de

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Fussnoten

1 Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne-Krankenhaus, Neuss

2 Institut für Anatomie I, Heinrich Heine Universität, Düsseldorf

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