Übersichtsarbeiten - OUP 02/2015

Postoperative Knochendichteveränderung um die implantierte zementfreie Kurzschaftprothese MiniHip® (Corin)

Für die Schaftgröße ist eine signifikante Korrelation zur Knochendichteabnahme in den Regionen 1 und 7 nachweisbar, mit einem Korrelationskoeffizienten von –0,53 für die Zone 1 bzw. –0,39 für die Zone 7 (Abb. 5). Diese Werte entsprechen einer mittelstarken Korrelation für die Zone 7 bzw. einer noch stärkeren, großen Korrelation für die Zone 1. Dies bedeutet bei negativem r-Wert, dass, je größer der implantierte Schaft, desto größer ist auch die periprothetische Knochendichteabnahme in den Gruen Zonen 1 und 7.

Diskussion

Für die Beurteilung des Atrophieverhaltens des periprothetischen Knochens nach Implantation von Hüftendoprothesen hat sich die sogenannte Dual-Röntgen-Absorptiometrie (engl. dual-energy X-ray absorptiometry, DXA oder DEXA) als verlässlich erwiesen. Vorausgegangene Studien konnten einen In-vivo-Messwiederholungsfehler von 2–3 % zeigen [11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18], für das von uns zur Messung verwendete Gerät lagen die Messungenauigkeiten bei unter 2 % [15, 16]. Während mit der DEXA Methode bereits kleinere Knochendichteunterschiede (4–5 %) sicher quantifizierbar sind, ist dies mit den konventionellen Röntgenuntersuchungen erst ab Knochendichteunterschieden ab 30 % möglich [14, 15, 19, 16, 17], sodass die DEXA-Methode für die Beurteilung der Knochendichteveränderung deutlich besser geeignet ist. Dabei sind bei der Verwendung dennoch verschiedene Einflussfaktoren mit zu berücksichtigen. Die wichtigste Rolle für die Reproduzierbarkeit spielt die Lagerung. In Abhängigkeit von der Rotation des Femurs konnten regionenabhängig Differenzen von ca. 10 % festgestellt werden [11, 13, 15, 16], wobei gerade die proximalen Gruen-Regionen fehleranfällig auf unterschiedliche Rotationsstellungen sind.

Studien mit Seitenvergleichsmessungen präoperativ sowie Kontrollmessungen bei hüftgesunden Patienten konnten eine Knochendichtevarianz von bis zu 20 % regionenabhängig zeigen, wobei die Seitendifferenz bei Arthrosepatienten höher war ) [15, 16]. So ist ein Studiendesign mit der Gegenseite als Vergleichsparameter ungeeignet.

Untersuchungen mit Messvergleichen präoperativ zu postoperativer Knochendichte zeigten Dichtezunahmen von durchschnittlich 7,7–9,0 % Gruen regionenunabhängig, obgleich die Schaftpräparation mit einer Raspel durchgeführt wurde. Regionenabhängig zeigten insbesondere die proximalen Gruen Zonen eine Knochendichtesteigerung von 10–24 % mit dem Maximum in Gruen Region 1, in welcher operationstechnisch mit Markraumeröffnung und instrumenteller Manipulation eigentlich im Vergleich prä- zu postoperativ der höchste Knochenverlust zu erwarten gewesen wäre [16]. Am ehesten als Referenz dienen könnte, wenn überhaupt, die Gruen Region 4, hier zeigten sich Messwertunterschiede von 1,6 %, die somit im Messfehlerbereich liegen.

Abschließend lässt sich zur Methodik sagen, dass die DEXA-Methode dann am stärksten ist und ihre beste Aussagekraft hat, wenn ein Studiendesign angelegt wurde mit prospektiver Messreihe zur Beurteilung einer Knochendichteveränderung um eine Prothese mit standardisierter Lagerung bei der Messung, wobei die Ausgangsmessung postoperativ erfolgen sollte. Dementsprechend war diese Studie angelegt worden.

Die MiniHip zeigt in den ersten 3 Monaten eine global ausgeprägte, jedoch proximal betonte Knochendichteminderung. Es wird quasi ein „steady state“ (Gleichgewichtszustand) erreicht, bis auf Zone 3 sind in der Folge keine signifikanten Veränderungen mehr feststellbar. Und in Zone 3 zeigt sich die Signifikanz lediglich im Vergleich des Tiefstpunkts nach 3 Monaten zu den Werten 6 und 12 Monate postoperativ.

Der globale periprothetische Knochendichteverlust in den ersten 3 Monaten postoperativ nach Implantation der zementfreien Kurzschaftendoprothese deckt sich mit Ergebnissen anderer Studien [20, 21, 22, 23, 24, 25]. Dabei scheinen für den initialen Knochendichteverlust besonders 3 Faktoren eine wesentliche Rolle zu spielen:

1. Ein Grund ist die Kompression der periprothetischen Spongiosa intraoperativ. Auch die anderen zementfreien Hüftendoprothesen, bei denen der Femurmarkraum mit einer Raspel bearbeitet wird und der Schaft press-fit verankert wird, zeigt in den ersten Monaten eine globale Atrophie, welches dann auch Folge einer Knochenumverteilung ist [19, 17, 20, 21, 22, 23, 26, 27, 24]. Bei der MiniHip wird zudem keine Raspel, sondern ein Markraumverdichter benutzt, sodass hier umso mehr eine Umverteilung zu erwarten ist. Weiterhin muss hierbei auch berücksichtigt werden, dass die Ausgangsmessung in den ersten 2 Wochen postoperativ, also dann stattfindet, wenn durch intraoperative Manipulation sowie fit-und-fill Verankerung die Knochendichte potenziell am höchsten ist. Unterschiede der Knochendichte beim Vergleich prä- zu postoperativ in den proximalen Gruen Zonen von mehr als 20 % sind nicht untypisch [16].

2. Ein weiterer nicht unerheblicher Faktor stellt die postoperative Immobilisation der Patienten dar, obgleich eine schmerzadaptierte Vollbelastung erlaubt wird, die zumindest auch ein Teil der Knochendichteminderung mitbedingt [28, 29].

3. Der dritte Gesichtspunkt betrifft den veränderten Kraftfluss nach Prothesenimplantation [30, 31]. Für diese Komponente spricht vor allem der asymmetrische Knochendichtverlust, das heißt, das proximal ein größerer Knochendichteverlust als distal zu verzeichnen ist. Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass ein „stress shielding“ nicht ganz verhindert werden kann, welches vor allem typisch für die Standardschäfte mit distaler Fixierung ist. Die Knochendichteveränderungen von Standardschäften zeichnen sich dadurch aus, dass sie proximal in den Gruen Zonen 1 und 7 eine deutliche Abnahme von 30 % und mehr zeigen, distal hingegen die Knochendichte zunimmt, sodass diese auch bei sich verjüngenden Prothesen aufgrund des stress shieldings distal verankern [19, 32, 18, 22]. Die Kraft verläuft entlang der steifen Prothese und nicht im flexibleren Knochen; entsprechend des Wolff’schen Transformationsgesetzes führt dann die Mehr- bzw. Minderbelastung charakteristischerweise zur proximalen Knochenhypo- und distalen Knochenhypertrophie.

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5