Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019

Operative Eingriffe im Bereich der Hand und des Handgelenks bei rheumatischen Affektionen

Martin Arbogast

Zusammenfassung:
Hit hard and early lautet heute das wesentliche Charakteristikum für die medikamentöse
Behandlung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen [7, 9, 11, 12]. Im Zeitalter von Biologika lässt die medikamentöse Vielfalt multiple Variationen zu, um den Erkrankungsprozess zu
verlangsamen oder gar zu stoppen [19]. Deshalb ist es wichtig geworden, bei fehlender
Rückbildung der Prozessaktivität im Sinne einer synovialen Schwellung an Sehnen oder Gelenken frühzeitig die Frage einer operativen Therapie zum Sehnen- oder Gelenkerhalt beantwortet zu
wissen [25]. Durch ein frühzeitiges Interagieren von medikamentöser und operativer Therapie kann für betroffene Rheumatiker langfristig eine schmerzarme und nur wenig funktionsgeminderte Alltagstauglichkeit geschaffen werden – nicht nur bei der Hand. Dabei hat der Sehnen- und Gelenkerhalt nicht nur an der Hand höchste Priorität vor rekonstruktiven operativen Möglichkeiten.

Schlüsselwörter:
Rheumahand, operative Therapie bei Rheuma an der Hand

Zitierweise
Arbogast M: Operative Eingriffe im Bereich der Hand und des Handgelenks bei rheumatischen
Affektionen OUP 2019; 8: 274–283
DOI 10.3238/oup.2019.0274–0283

Summary: Hit hard and early is today the essential characteristic for the medicinal treatment of inflammatory rheumatic diseases [7, 9, 11, 12]. In the age of biologics, drug diversity allows multiple variations in order to slow down or even stop the disease process [19]. Therefore, it has become important to know at an early stage the answer to the question of surgical therapy for tendon or joint preservation in the absence of regression of process activity in the sense of synovial swelling of tendons or joints [25]. Through early interaction of drug and surgical therapy, a low pain and only slightly diminished function everyday suitability can be created for affected rheumatics in the long run – not only for the hand. The maintenance of tendons and joints has the highest priority over reconstructive surgery not only on the hand.

Keywords: rheumatic hand, surgery in rheumatic handdiseases

Citation: Arbogast M: Surgery of the hand and wrist in rheumatic diseases OUP 2019; 8: 274–283
DOI 10.3238/oup.2019.0274–0283

Abteilung für Rheumaorthopädie und Handchirurgie, Zentrum für Rheumatologie, Orthopädie und Schmerztherapie, Klinik Oberammergau

Einleitung

Unter einer „rheumatischen Hand“ versteht man im Hinblick auf operative Behandlungen in erster Linie die Hand eines Patienten mit Rheumatoider Arthritis oder die erkrankte Hand eines Patienten mit einer anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankung (Psoriasisarthritis, Spndylitis ankylopoetica). Der entzündlich-rheumatische Prozess ruft bei diesen Grunderkrankungen an den Händen sehr ähnliche Erscheinungen und Veränderungen hervor, zu deren operativer Behandlung ähnliche oder gleichartige Verfahren eingesetzt werden. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die operative Behandlung der rheumatischen Hand zwar ein wesentlicher, aber nicht der alleinige Bestandteil des antirheumatischen Gesamtkonzeptes ist [9,14,24]. Die operative Behandlung kann nur erfolgreich sein, wenn sie mit den konservativen, physikalischen und medikamentösen Behandlungsmaßnahmen sowie mit den übrigen Eingriffen aus der operativen Rheumatologie abgestimmt ist [15]. Da die operative Behandlung der rheumatischen Hand technisch oft sehr aufwendig und anspruchsvoll ist, die Nachbehandlung häufig langwierig und schwierig und sowohl vom Patienten als auch vom Therapeuten viel Energie, Ausdauer und Geduld verlangt und schließlich das Operationsrisiko nicht unerheblich ist, sollten operative Maßnahmen nie der erste Behandlungsschritt sein, sondern erst dann eingesetzt werden, wenn andere, einfachere, risikoärmere und weniger anspruchsvolle Behandlungsmaßnahmen nicht zum Ziel führen.

Ziele der operativen Behandlung sind

Schmerzlinderung oder -beseitigung,

Verhindern oder Aufhalten der fortschreitenden Zerstörung von Gelenken und Sehnen mit nachfolgender Fehlstellung und Funktionseinschränkung,

Erhalt, Wiederherstellung oder Verbesserung von Form und Funktion.

Art der Operationen

Die Verfahren haben präventiven, kurativen und rekonstruktiven Charakter oder sie weisen gleichzeitig mehrere dieser Merkmale auf.

Der präventiv-kurative Charakter kommt besonders bei der Synovialektomie zum Ausdruck. Durch die frühzeitige und möglichst vollständige Entfernung der krankhaft gewucherten Synovialmembran der Gelenke (Artikulosynovialektomie) oder der Sehenenscheide (Tenosynovialektomie) wird einer Schädigung des Gelenkknorpels und des angrenzenden Knochens und/oder des Band- und Sehnenapparats vorgebeugt [2, 4, 13]. Gleichzeitig werden die Schmerzen gelindert und in vielen Fällen wird die Funktion verbessert.

Je nach angestrebter Funktionsverbesserung können mobilisierende und stabilisierende Eingriffe unterschieden werden. Mobilisierende Eingriffe werden vorwiegend an den Sehnen angewendet. Stabilisierende Maßnahmen werden häufig an den Gelenken (z.B. Arthrodese) durchgeführt. Seltener ist die Kombination von mobilisierender und stabilisierender Funktionsverbesserung (z.B. Arthroplastik).

Die operativen Eingriffe an der rheumatischen Hand betreffen verschiedene Gewebe entweder isoliert oder kombiniert. Dies sind:

Sehnen (Synovialitis, Insuffizienz, Ruptur),

Gelenke (Synovialis, Deformität, Destruktion),

Muskeln (Kontraktur),

Nerven (Kompression),

Haut (Rheumaknoten, Kontrakturen).

Indikationen

Ein handchirurgischer Eingriff ist im allgemeinen indiziert, wenn sich bei frischer Erkrankung nach mehr als halbjähriger konsequenter, konservativer, medikamentöser und physikalischer antirheumatischer Therapie die Entzündungszeichen nicht zurückbilden (Non-Responder, Teil-Responder) oder wenigstens bessern, oder wenn die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten wegen ernster Nebenwirkung eingeschränkt oder erschöpft sind [25].

Eine dringliche Operationsindikation besteht bei akuter Nervenkompression oder drohender Sehnenruptur. Weniger dringlich, aber nicht weniger wichtig ist die Operationsindikation bei chronischer Nervenkompression, älterer Sehnenruptur, therapieresistenter Synovialitis, Dauerschmerzen, Fehlstellung und Instabilität sowie störenden, schmerzhaften oder exulzerierenden Rheumaknoten.

Kontraindikationen

Ein handchirurgischer Eingriff ist nicht indiziert bei schweren kardiopulmonalen Begleiterkrankungen, fehlender Kooperation, guter Adaptation und ruhender Krankheitsaktivität.

Eingriffe an den Sehnen

Die Sehnen an der Hand besitzen in weiten Abschnitten ihres Verlaufs eine synoviale Umhüllung, die bei der Rheumatoiden Arthritis fast immer und häufig schon im frühen Stadium der Erkrankung entzündlich verändert ist. Die gereizte Synovialmembran produziert zunächst ein eiweißreiches Exsudat, aus dem sich Fibringerinnsel sowohl auf der Sehnenoberfläche in Form eines fibrinösen festsitzenden Belags niederschlagen als auch im freien Sehnenscheidensack als sogenannte Reiskörperchen. Später proliferiert die Synovialmembran (Abb. 1a–d), die dann Knoten aus entzündlichem Granulationsgewebe bildet, das zunächst der Sehne aufsitzt und später infiltrativ und destruktiv zwischen die Sehnenfaserbündel vordringt (Abb. 2).

Durch diese Prozesse verschlechtert sich die Gleitfähigkeit und damit die Funktion der Sehne zunehmend. Ihre mechanische Festigkeit und die Belastbarkeit nehmen ab. Die Sehne wird überdehnt, insuffizient und rupturiert schließlich oder verwächst mit dem umgebenden Gewebe.

Ähnliche Veränderungen kann eine Sehne auch außerhalb ihrer eigenen synovialen Umhüllung erleiden, wenn sie in innigem Kontakt mit einem synovial erkrankten Gelenk steht, was bei den Stecksehnen an den Fingermittel- und Fingergrundgelenken der Fall ist, seltener am Daumenendgelenk. Je nach Zustand der Sehne müssen verschiedene Eingriffe isoliert oder kombiniert durchgeführt werden. Meist kann die Tenosynovialitis klinisch oder auch sonografisch (Abb. 3) detektiert werden.

Tenosynovialektomie

Der wichtigste und häufigste Eingriff ist die Tenosynovialektomie, das heißt die möglichst vollständige operative Entfernung der entzündeten Synovialmembran sowohl an der Sehnenoberfläche (viszerales Blatt der Synovialmembran, epitendinöse Knoten) als auch im Sehnenscheidensack (parietales Blatt der Synovialmembran), als auch im Inneren der Sehne (intratendinöse Knoten, Abb. 2).

Die Synovialektomie befreit die Sehne nicht nur von aggresivem Synovialgewebe, sondern dekomprimiert die Sehne in den engen osteofibrösen Kanälen an den Beugeseiten der Finger (Fingerkanäle) oder des Handgelenks (Karpalkanal) oder unter dem straffen Retinakulum extensorum an der Streckseite des Handgelenks. Hier wird die Tenosynovialektomie immer mit einer Sehenenverlagerung in das subkutane Gewebe kombiniert, wodurch einer erneuten Kompression oder Verwachsung vorgebeugt wird.

Sehnenraffung, Sehnenverkürzung, Sehnenverlängerung und Tenolyse

Eine entzündlich narbig veränderte, überdehnte oder insuffiziente Sehne kann durch eine Sehnenraffung oder Verkürzung wieder auf regelrechte Länge gebracht werden, wodurch die physiologische Muskelvorspannung wiederhergestellt wird. Eine verwachsene, festsitzende Sehne kann durch Tenolyse wieder gleitfähig werden. Durch eine Sehnenverlängerung kann die Stellung eines kontrakten Gelenks normalisiert werden.

Sehnennaht,
Sehnentransposition,
Sehnentransplantation

Durch eine direkte Sehnennaht können bei einer frischen Sehnenruptur in seltenen Fällen die Sehnenstümpfe wieder vereinigt werden (Abb. 4). Meistens jedoch ist eine direkte Sehnennaht nicht möglich, da die Sehnenstümpfe zu stark verändert sind.

Durch die Transposition (Transfer) einer intakten Sehne mit dem zugehörigen Muskel mit gleicher oder ähnlicher Funktion auf den distalen Stumpf der rupturierten Sehne kann die Funktion wiederhergestellt werden (z.B. Transposition der proximal gestielten Sehne des Muskulus extensor indicis proprius auf den Stumpf der rupturierten Extensor pollicis longus Sehne).

Seltener wird durch Transplantation einer isolierten gesunden Sehne (z.B. Palmaris longus Sehne) eine rupturierte und langstreckig entzündlich degenerierte Sehne ersetzt. Alle wiederherstellenden Eingriffe an den Sehnen werden mit einer Synovialektomie kombiniert. Je früher und gründlicher letztere vorgenommen wird, umso seltener sind erstere erforderlich.

Eingriffe an den Gelenken

Die pathogenetischen Faktoren der Artikulosynovialitis gleichen denen der Tenosynovialitis. Zunächst kommt es durch den synovialitischen Gelenkerguss zu einer Überdehnung und Ausweitung der Gelenkkapsel und des Bandapparats, der schließlich insuffizient wird. Durch einseitige Belastung und ungleichen Muskelzug entsteht allmählich eine Fehlstellung, die zunächst aktiv noch korrigiert werden kann. Ohne Therapie verstärkt sich die Deformität, die später nur noch passiv ausgeglichen werden kann und schließlich kontrakt wird.

Durch die pathologische Zusammensetzung der Synovia (lysosomale Enzyme) wird die Trophik des Gelenkknorpels gestört, der zusätzlich durch das entzündliche synoviale Granulationsgewebe infiltriert und destruiert wird. An der Knorpel-Knochen-Grenze dringt das aggressive Synovialgewebe entlang der intraossären Gefäße in die Spongiosa ein, zerstört den Knochen (Usuren) und unterminiert die Gelenkflächen, die schließlich stellenweise einbrechen, wodurch sich die kapsulogene Deformität noch verstärkt. Wenn der Gelenkknorpel zugrunde gegangen ist, die Gelenkflächen eingebrochen sind und die Entzündungsaktivität lokal nachgelassen hat, kann es allmählich zur knöchernen Durchbauung des ehemaligen Gelenkspalts kommen, zur Ankylose.

Entsprechend den Verhältnissen an den Sehnen sind auch an den Gelenken je nach Befund verschiedene operative Maßnahmen notwendig, die häufig gleichzeitig mit Eingriffen an den Sehnen verbunden werden. Zur Operation der Gelenke werden eingesetzt:

Synovialektomie

Kapsel- und Bandraffung

Bandnaht

Kapsel- und Bandplastik

Tenodese

Arthroplastik

Arthrodese

Auch an den Gelenken ist der wichtigste Eingriff die Synovialektomie. Durch rechtzeitige Artikulosynovialektomie können die oft verheerenden Spätfolgen vermieden werden [10]. Aber auch im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist die Artikulosynovialektomie noch sinnvoll, da man dadurch oft noch eine weitere Verschlechterung des Gelenkzustands verhindern und die Schmerzen lindern kann. Bei der Ablösung der Gelenkkapsel und der Exstirpation der proliferierenden Synovialmembran werden zwangsläufig zahlreiche zum Gelenk ziehende Nervenfasern unterbrochen. Diese Denervierung ist ein willkommener Nebeneffekt der Artikulosynovialektomie, die diesem ihre schmerzlindernde Wirkung verdankt.

Kapsel- und Bandraffung

Hat der synovialitische Erguss die Gelenkkapsel ausgeweitet und den Bandapparat überdehnt, so müssen im Anschluss an die Synovialektomie die Gelenkkapsel und Bänder gerafft – oder wenn möglich – gedoppelt und dadurch verstärkt werden.

Kapsel- und Bandplastik

Sind die Bänder oder die Gelenkkapsel rupturiert oder defekt, so können sie manchmal durch Naht wiederhergestellt werden. Meist ist jedoch das Gewebe so stark entzündlich narbig umgewandelt, dass es durch eine Bandplastik oder Kapselplastik ersetzt werden muss (Abb. 5).

Bei der Ulnarabweichung der Langfinger kann über eine Rezentrierung der Strecksehnen mit Raffung der radialen Seitenbänder und Lösung der intrinsischen Muskulatur eine Korrektur mit Funktionsverbesserung erreicht werden.

Tenodese

Ist das Kapselgewebe weder zur Kapselraffung noch Kapselplastik geeignet, kann die Stabilität der Gelenkkapsel durch einen Tenodese verbessert werden.

Arthroplastik

Bei Zerstörung der Gelenkflächen kann die Gelenkfunktion durch die Arthroplastik erhalten oder wiederhergestellt werden. Am häufigsten wird das Verfahren am Radiokarpalgelenk und an den Langfingergrundgelenken, seltener am Daumensattelgelenk und an den Fingermittelgelenken angewendet (Abb. 6).

Bei der autologen Arthroplastik wird nach der Synovialektomie und Resektion der Gelenkflächen mit dem angrenzenden Knochen körpereigenes Gewebe (Sehne, Faszie, Gelenkkapsel) zwischen die Knochenflächen eingelagert. Damit wird eine knöcherne Überbrückung vermieden. Gleichzeitig müssen, falls erforderlich, Sehnen und Bänder rekonstruiert werden, um ausreichende Stabilität zu gewährleisten. Am Handgelenk ist dies durch eine Caput-ulnae-Teilentfernung oder Komplettresektion des Ellenkopfs bei entsprechender Zerstörung sinnvoll. Ebenso ist bei sekundärer Degeneration des Daumensattelgelenks eine arthroplastische Umformung z.B. mit einer APL-Sehne hilfreich. Durch die Möglichkeiten der Alloarthroplastik ist die autologe Vorgehensweise an den Fingergrund- und -mittelgelenken nur noch die Ausnahme.

Bei der Alloarthroplastik wird zum Ersatz des zu resezierenden Gelenks eine Gelenkprothese aus Metall oder Kunststoff implantiert. Auch hier ist eine sorgfältige Rekonstruktion der ligamentären Strukturen notwendig. Am besten bewährt haben sich flexible Kunststoffimplantate, die allmählich von einer festen Bindegewebshülle umschlossen (Enkapsulation) und dadurch stabilisiert und fixiert werden; aber auch metallische ungekoppelte Implantate zeigen gute mittelfristige Ergebnisse (Abb. 7) [6, 29, 30].

Arthrodese

In Situationen, in denen Stabilität wichtiger als Mobilität ist (Daumengrund- und -endglenk) oder an Gelenken, für die sich die Arthroplastik nicht eignet oder nicht bewährt hat (Fingermittel- und -endgelenke, Handgelenk) kann durch Arthrodese die Belastbarkeit des Gelenks verbessert werden [8, 16, 17]. Nach Synovialektomie und Gelenkresektion werden die Knochenflächen in gebrauchsgünstiger, den individuellen Erfordernissen angepasster Stellung aufeinandergesetzt und durch eine stabile Osteosynthese (Kirschnerdrähte, Zuggurtung, Platten, Verschraubung) fixiert [27]. Gleichzeitig werden dabei Fehlstellungen korrigiert, die Gelenkschmerzen dauerhaft beseitigt und das Aussehen verbessert (Abb. 8, 9).

Eingriffe an den Muskeln

Bei langdauernder Fehlstellung eines Gelenks schrumpfen die nicht mehr von ihren Antagonisten gedehnten Muskeln und werden schließlich kontrakt. Am häufigsten ist die Flexionskontraktur des Handgelenks, die bei Defekt oder Luxation des Ellenköpfchens mit einer Ulnarabduktionskontraktur kombiniert sein kann.

Bei der arthritischen Destruktion und Luxation des Daumensattelgelenks kommt es zur Adduktionskontraktur des Daumens. Entzündliche Veränderungen der Handbinnenmuskulatur führen zur kontrakten Schwanenhalsdeformation.

Die Verlängerung der Sehne am muskulotendinösen Übergang, die Ablösung des Muskels am Ursprung oder Ansatz oder die Resektion der kontrakten Sehne schaffen die Voraussetzung für einen wiederherstellenden Gelenkgriff, mit dem die Fehlstellung beseitigt wird.

Eingriffe an den Nerven

Nerven, die in enger Nachbarschaft von Gelenken und Sehnenscheiden verlaufen, können durch den synovialitischen Erguss oder das proliferierende Synovialgewebe komprimiert werden. Dies ist am häufigsten im Karpalkanal der Fall. Hier wird der Nervus medianus durch den Erguss in den Sehenenscheiden der 9 Beugesehnen komprimiert, was zu Schmerzen sowie sensiblen und motorischen Ausfällen (Karpaltunnelsyndrom) führt. Durch Spaltung des Retinaculum flexorum und Flexortenosynovialektomie wird der Nerv dekomprimiert. Das Schmerzsyndrom verschwindet oft schlagartig.

Weniger häufig ist der Nervus ulnaris in seinem Verlauf am Handgelenk in der Loge de Guyon betroffen, wo er durch eine synovialitische Kapselhernie der interkarpalen Reihe komprimiert werden kann. Am Ellenbogen kann der Nervus ulnaris in der Nervenrinne durch synovialitische Schwellung oder arthritische Deformierung des Ellenbogengelenks beeinträchtigt werden.

Selten kann einmal eine Synovialhernie des Ellenbogengelenks den Ramus profundus nervi radialis an seinem Eintritt in den Musculus supinator komprimieren und zu einer distalen motorischen Radialislähmung (Supinator-Syndrom) führen.

Die frühzeitige Dekompression des Nervs, ggf. mit Nervenverlagerung, und die Synovialektomie der angrenzenden Sehnen und Gelenke beheben die neurologische Störung meist vollständig.

Eingriffe an der Haut

Wie die Muskulatur, so kann auch die Haut bei langdauernder Fehlstellung eines Gelenks schrumpfen und einen rekonstruktiven Gelenkeingriff behindern. In solchen Fällen ist es notwendig, bei der Gelenkoperation gleichzeitig durch Schwenklappen- oder Z-Plastik oder durch freie Hauttransplantation die Hautbedeckung wiederherzustellen. Auch bei ausgedehnten, vernarbten oder ulzerierten Rheumaknoten ist es manchmal notwendig, den geschädigten Hautbezirk zu exzidieren und den Defekt plastisch zu decken. Im Allgemeinen genügt es jedoch, die Rheumaknoten, die sich meist an den wenig gepolsterten und druckbelasteten Stellen der Hand ausbilden, zu exzidieren und die Stelle zu vernähen (Streckseiten der Fingergelenke, Beugeseite des Daumengrund- und -endgelenks).

Vor- und Nachbehandlung

Nahezu alle operativen Eingriffe an der rheumatischen Hand bedürfen einer konsequenten, oft langwierigen und mühseligen krankengymnastischen und ergotherapeutischen Nachbehandlung [3]. In vielen Fällen ist auch eine präoperative Behandlung unter Anwendung dynamischer Handorthesen erforderlich, die nach der Operation weiterverwendet werden [14]. Die krankengymnastische Nachbehandlung muss möglichst früh nach der Operation (manchmal noch am Operationstag) einsetzen. Sie muss unter Vermeidung von Schmerzen und unterstützt durch lokale Kryotherapie allmählich gesteigert werden, wobei aktiven Bewegungen der Vorrang vor passiven zu geben ist. Sehr wichtig ist dabei, die Motivation des Patienten zu stärken und ihn zum selbständigen Üben anzuleiten. Sobald die Wunde verheilt ist und die postoperative Schmerzhaftigkeit nachgelassen hat, wird die krankengymnastische Behandlung durch Ergotherapie ergänzt und später ersetzt. Dabei sollen die wiederhergestellten Funktionen der Gelenke durch den gezielten Gebrauch der Hand geübt und gekräftigt werden. Die Hand wird so auf den Einsatz in Alltag und Beruf vorbereitet. Unterstützt werden diese Bemühungen durch den Einsatz von Hilfsmitteln, durch Selbsthilfetraining und durch Maßnahmen des Gelenkschutzes.

Komplikationen

Wie jeder operative Eingriff, so ist auch die operative Behandlung der rheumatischen Hand mit Risiken behaftet. Reduzierter Allgemeinzustand, entzündliche Dysproteinämie und begleitende Mikroangiopathie erhöhen das Risiko einer Wundheilungsstörung [18], die sich hauptsächlich in Wundrandnekrosen äußert. Tiefe Wundinfektionen sind glücklicherweise an der Hand sehr selten [5], jedoch beim Rheumatiker statistisch häufiger zu erwarten als beim Arthrotiker, insbesondere unter TNF-?-Therapie [6]. Sekundäre Sehnenrupturen und Gelenksteifen können nach einer Synovialektomie auftreten, wenn der Befund bei der Operation schon fortgeschritten war und sich das entzündlich geschädigte Gewebe nach der Operation nicht erholt.

Ein CRPS (chonisch regionales Schmerzsyndrom) ist ebenfalls eher selten [1].

Diskussion

Durch die verbesserten medikamentösen Optionen heutzutage ist ein Rückgang der „Reihensynovialektomien“ festzustellen. Die symmetrischen Befallsmuster, welche die Rheumatoide Arthritis in der Vergangenheit charakterisierten, sind durch frühzeitige konsequente medikamentöse Therapie weniger zu finden [23, 24]. Isolierte „Spots“ sind hingegen öfters therapieresistent und können dann einer operativen Sanierung zugeführt werden. Die medikamentöse Neueinstellung kann sich dadurch wesentlich vereinfachen (Resttastenphänomen). Die Tenosynovialektomie hat nach wie vor einen hohen Stellenwert in Bezug auf die langfristige Sehnenfunktion [21, 22]. Die Orientierung an die radiologische Larsen-Klassifikation erlaubt eine gelenkerhaltende Therapie bis zum Stadium II [20], ab Stadium III sind rekonstruktive Verfahren die zielführendere Vorgehensweise [23]. Am Handgelenk ist bei beginnender skapholunärer Instabilität eine Teilversteifung der körpernahen Karpalia (Radiolunär, Radio-skapholunär) erfolgreich [27, 28], seltener ist die interkarpale Fusion oder Teilfusion indiziert. Die Bajonettfehlstellung mit Verlust der karpalen Höhe lässt sich über eine Komplettarthrodese dauerhaft stabilisieren und schmerzmindern [22, 24, 27, 28].

Endoprothesen am rheumatischen Handgelenk sind nur temporär erfolgreich [31], münden rasch über eine meist körperferne Lockerung in die Arthrodese. Der „goldene“ Standard bei der Arthroplastik der Fingergrund- und -mittelgelenke ist seit Jahrzehnten der Silikonkautschukplatzhalter [29, 30], der unterschiedlich lange Standzeiten aufweist, einer Revision mit Wechsel aber meist gut zugänglich ist. Ungekoppelte Endoprothesen an Fingergrundgelenken sind nur bei intakten Seitenbändern ohne Luxation der Gelenke indiziert, die Standzeiten erreichen nicht die Dimension der Silikonplatzhalter.

An den Mittelgelenken sind ungekoppelte Endoprothesen [26] in breiteren Zeitfenstern möglich, die Intaktheit der Seitenband- und des Kapselsehnen-Apparats limitiert auch hier die Standzeiten.

Die Arthrodese ist an den Endgelenken und insbesondere am Daumengrundgelenk ein dankbarer Eingriff [14], zur Verbesserung der Griffkraft und zur Reduzierung der Schmerzen verbunden mit wiederkehrenden Stabilität.

Fazit für die Praxis

Die operative Behandlung der rheumatischen Hand ist eine lokale Maßnahme, die keinen Einfluss auf die Grunderkrankung hat. Eine Besserung der allgemeinen Krankheitsaktivität ist deshalb vom handchirurgischen Eingriff nicht zu erwarten.

Leider können bei hoher Aktivität Rezidive der Synovialitis nach Synovialektomie nicht ausgeschlossen werden. Reinterventionen sind insbesondere bei Beginn der Erkrankung in der Jugend oder im jugendlichen Erwachsenenalter nicht allzu selten angezeigt. Lokal kann jedoch durch den Eingriff das Fortschreiten der entzündlichen Zerstörung aufgehalten und in vielen Fällen Funktion und Form verbessert werden. Entscheidend ist, dass die Indikation zur Operation rechtzeitig gestellt wird, die allgemeine rheumatologische Behandlung und Betreuung gesichert ist, eine konsequente krankengymnastische und ergotherapeutische Behandlung in Zusammenarbeit mit dem Operateur möglich ist und durch eine geschickte psychologische Führung des Patienten dessen Gesundungswillen und Mitarbeit gestärkt wird. Unter diesen Voraussetzungen sind die Erfolgsaussichten der oft technisch schwierigen und langwierigen Eingriffe günstig.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben

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Korrespondenzadresse

Dr. Martin Arbogast

Abteilung für Rheumaorthopädie
und Handchirurgie

Klinik Oberammergau

Zentrum für Rheumatologie,
Orthopädie und Schmerztherapie

Hubertusstraße 40

82487 Oberammergau

martin.arbogast@wz-kliniken.de

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