Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019

Operative Eingriffe im Bereich der Hand und des Handgelenks bei rheumatischen Affektionen

Die Sehnen an der Hand besitzen in weiten Abschnitten ihres Verlaufs eine synoviale Umhüllung, die bei der Rheumatoiden Arthritis fast immer und häufig schon im frühen Stadium der Erkrankung entzündlich verändert ist. Die gereizte Synovialmembran produziert zunächst ein eiweißreiches Exsudat, aus dem sich Fibringerinnsel sowohl auf der Sehnenoberfläche in Form eines fibrinösen festsitzenden Belags niederschlagen als auch im freien Sehnenscheidensack als sogenannte Reiskörperchen. Später proliferiert die Synovialmembran (Abb. 1a–d), die dann Knoten aus entzündlichem Granulationsgewebe bildet, das zunächst der Sehne aufsitzt und später infiltrativ und destruktiv zwischen die Sehnenfaserbündel vordringt (Abb. 2).

Durch diese Prozesse verschlechtert sich die Gleitfähigkeit und damit die Funktion der Sehne zunehmend. Ihre mechanische Festigkeit und die Belastbarkeit nehmen ab. Die Sehne wird überdehnt, insuffizient und rupturiert schließlich oder verwächst mit dem umgebenden Gewebe.

Ähnliche Veränderungen kann eine Sehne auch außerhalb ihrer eigenen synovialen Umhüllung erleiden, wenn sie in innigem Kontakt mit einem synovial erkrankten Gelenk steht, was bei den Stecksehnen an den Fingermittel- und Fingergrundgelenken der Fall ist, seltener am Daumenendgelenk. Je nach Zustand der Sehne müssen verschiedene Eingriffe isoliert oder kombiniert durchgeführt werden. Meist kann die Tenosynovialitis klinisch oder auch sonografisch (Abb. 3) detektiert werden.

Tenosynovialektomie

Der wichtigste und häufigste Eingriff ist die Tenosynovialektomie, das heißt die möglichst vollständige operative Entfernung der entzündeten Synovialmembran sowohl an der Sehnenoberfläche (viszerales Blatt der Synovialmembran, epitendinöse Knoten) als auch im Sehnenscheidensack (parietales Blatt der Synovialmembran), als auch im Inneren der Sehne (intratendinöse Knoten, Abb. 2).

Die Synovialektomie befreit die Sehne nicht nur von aggresivem Synovialgewebe, sondern dekomprimiert die Sehne in den engen osteofibrösen Kanälen an den Beugeseiten der Finger (Fingerkanäle) oder des Handgelenks (Karpalkanal) oder unter dem straffen Retinakulum extensorum an der Streckseite des Handgelenks. Hier wird die Tenosynovialektomie immer mit einer Sehenenverlagerung in das subkutane Gewebe kombiniert, wodurch einer erneuten Kompression oder Verwachsung vorgebeugt wird.

Sehnenraffung, Sehnenverkürzung, Sehnenverlängerung und Tenolyse

Eine entzündlich narbig veränderte, überdehnte oder insuffiziente Sehne kann durch eine Sehnenraffung oder Verkürzung wieder auf regelrechte Länge gebracht werden, wodurch die physiologische Muskelvorspannung wiederhergestellt wird. Eine verwachsene, festsitzende Sehne kann durch Tenolyse wieder gleitfähig werden. Durch eine Sehnenverlängerung kann die Stellung eines kontrakten Gelenks normalisiert werden.

Sehnennaht,
Sehnentransposition,
Sehnentransplantation

Durch eine direkte Sehnennaht können bei einer frischen Sehnenruptur in seltenen Fällen die Sehnenstümpfe wieder vereinigt werden (Abb. 4). Meistens jedoch ist eine direkte Sehnennaht nicht möglich, da die Sehnenstümpfe zu stark verändert sind.

Durch die Transposition (Transfer) einer intakten Sehne mit dem zugehörigen Muskel mit gleicher oder ähnlicher Funktion auf den distalen Stumpf der rupturierten Sehne kann die Funktion wiederhergestellt werden (z.B. Transposition der proximal gestielten Sehne des Muskulus extensor indicis proprius auf den Stumpf der rupturierten Extensor pollicis longus Sehne).

Seltener wird durch Transplantation einer isolierten gesunden Sehne (z.B. Palmaris longus Sehne) eine rupturierte und langstreckig entzündlich degenerierte Sehne ersetzt. Alle wiederherstellenden Eingriffe an den Sehnen werden mit einer Synovialektomie kombiniert. Je früher und gründlicher letztere vorgenommen wird, umso seltener sind erstere erforderlich.

Eingriffe an den Gelenken

Die pathogenetischen Faktoren der Artikulosynovialitis gleichen denen der Tenosynovialitis. Zunächst kommt es durch den synovialitischen Gelenkerguss zu einer Überdehnung und Ausweitung der Gelenkkapsel und des Bandapparats, der schließlich insuffizient wird. Durch einseitige Belastung und ungleichen Muskelzug entsteht allmählich eine Fehlstellung, die zunächst aktiv noch korrigiert werden kann. Ohne Therapie verstärkt sich die Deformität, die später nur noch passiv ausgeglichen werden kann und schließlich kontrakt wird.

Durch die pathologische Zusammensetzung der Synovia (lysosomale Enzyme) wird die Trophik des Gelenkknorpels gestört, der zusätzlich durch das entzündliche synoviale Granulationsgewebe infiltriert und destruiert wird. An der Knorpel-Knochen-Grenze dringt das aggressive Synovialgewebe entlang der intraossären Gefäße in die Spongiosa ein, zerstört den Knochen (Usuren) und unterminiert die Gelenkflächen, die schließlich stellenweise einbrechen, wodurch sich die kapsulogene Deformität noch verstärkt. Wenn der Gelenkknorpel zugrunde gegangen ist, die Gelenkflächen eingebrochen sind und die Entzündungsaktivität lokal nachgelassen hat, kann es allmählich zur knöchernen Durchbauung des ehemaligen Gelenkspalts kommen, zur Ankylose.

Entsprechend den Verhältnissen an den Sehnen sind auch an den Gelenken je nach Befund verschiedene operative Maßnahmen notwendig, die häufig gleichzeitig mit Eingriffen an den Sehnen verbunden werden. Zur Operation der Gelenke werden eingesetzt:

Synovialektomie

Kapsel- und Bandraffung

Bandnaht

Kapsel- und Bandplastik

Tenodese

Arthroplastik

Arthrodese

Auch an den Gelenken ist der wichtigste Eingriff die Synovialektomie. Durch rechtzeitige Artikulosynovialektomie können die oft verheerenden Spätfolgen vermieden werden [10]. Aber auch im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist die Artikulosynovialektomie noch sinnvoll, da man dadurch oft noch eine weitere Verschlechterung des Gelenkzustands verhindern und die Schmerzen lindern kann. Bei der Ablösung der Gelenkkapsel und der Exstirpation der proliferierenden Synovialmembran werden zwangsläufig zahlreiche zum Gelenk ziehende Nervenfasern unterbrochen. Diese Denervierung ist ein willkommener Nebeneffekt der Artikulosynovialektomie, die diesem ihre schmerzlindernde Wirkung verdankt.

Kapsel- und Bandraffung

Hat der synovialitische Erguss die Gelenkkapsel ausgeweitet und den Bandapparat überdehnt, so müssen im Anschluss an die Synovialektomie die Gelenkkapsel und Bänder gerafft – oder wenn möglich – gedoppelt und dadurch verstärkt werden.

Kapsel- und Bandplastik

Sind die Bänder oder die Gelenkkapsel rupturiert oder defekt, so können sie manchmal durch Naht wiederhergestellt werden. Meist ist jedoch das Gewebe so stark entzündlich narbig umgewandelt, dass es durch eine Bandplastik oder Kapselplastik ersetzt werden muss (Abb. 5).

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