Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019

Operative Eingriffe im Bereich der Hand und des Handgelenks bei rheumatischen Affektionen

Bei der Ulnarabweichung der Langfinger kann über eine Rezentrierung der Strecksehnen mit Raffung der radialen Seitenbänder und Lösung der intrinsischen Muskulatur eine Korrektur mit Funktionsverbesserung erreicht werden.

Tenodese

Ist das Kapselgewebe weder zur Kapselraffung noch Kapselplastik geeignet, kann die Stabilität der Gelenkkapsel durch einen Tenodese verbessert werden.

Arthroplastik

Bei Zerstörung der Gelenkflächen kann die Gelenkfunktion durch die Arthroplastik erhalten oder wiederhergestellt werden. Am häufigsten wird das Verfahren am Radiokarpalgelenk und an den Langfingergrundgelenken, seltener am Daumensattelgelenk und an den Fingermittelgelenken angewendet (Abb. 6).

Bei der autologen Arthroplastik wird nach der Synovialektomie und Resektion der Gelenkflächen mit dem angrenzenden Knochen körpereigenes Gewebe (Sehne, Faszie, Gelenkkapsel) zwischen die Knochenflächen eingelagert. Damit wird eine knöcherne Überbrückung vermieden. Gleichzeitig müssen, falls erforderlich, Sehnen und Bänder rekonstruiert werden, um ausreichende Stabilität zu gewährleisten. Am Handgelenk ist dies durch eine Caput-ulnae-Teilentfernung oder Komplettresektion des Ellenkopfs bei entsprechender Zerstörung sinnvoll. Ebenso ist bei sekundärer Degeneration des Daumensattelgelenks eine arthroplastische Umformung z.B. mit einer APL-Sehne hilfreich. Durch die Möglichkeiten der Alloarthroplastik ist die autologe Vorgehensweise an den Fingergrund- und -mittelgelenken nur noch die Ausnahme.

Bei der Alloarthroplastik wird zum Ersatz des zu resezierenden Gelenks eine Gelenkprothese aus Metall oder Kunststoff implantiert. Auch hier ist eine sorgfältige Rekonstruktion der ligamentären Strukturen notwendig. Am besten bewährt haben sich flexible Kunststoffimplantate, die allmählich von einer festen Bindegewebshülle umschlossen (Enkapsulation) und dadurch stabilisiert und fixiert werden; aber auch metallische ungekoppelte Implantate zeigen gute mittelfristige Ergebnisse (Abb. 7) [6, 29, 30].

Arthrodese

In Situationen, in denen Stabilität wichtiger als Mobilität ist (Daumengrund- und -endglenk) oder an Gelenken, für die sich die Arthroplastik nicht eignet oder nicht bewährt hat (Fingermittel- und -endgelenke, Handgelenk) kann durch Arthrodese die Belastbarkeit des Gelenks verbessert werden [8, 16, 17]. Nach Synovialektomie und Gelenkresektion werden die Knochenflächen in gebrauchsgünstiger, den individuellen Erfordernissen angepasster Stellung aufeinandergesetzt und durch eine stabile Osteosynthese (Kirschnerdrähte, Zuggurtung, Platten, Verschraubung) fixiert [27]. Gleichzeitig werden dabei Fehlstellungen korrigiert, die Gelenkschmerzen dauerhaft beseitigt und das Aussehen verbessert (Abb. 8, 9).

Eingriffe an den Muskeln

Bei langdauernder Fehlstellung eines Gelenks schrumpfen die nicht mehr von ihren Antagonisten gedehnten Muskeln und werden schließlich kontrakt. Am häufigsten ist die Flexionskontraktur des Handgelenks, die bei Defekt oder Luxation des Ellenköpfchens mit einer Ulnarabduktionskontraktur kombiniert sein kann.

Bei der arthritischen Destruktion und Luxation des Daumensattelgelenks kommt es zur Adduktionskontraktur des Daumens. Entzündliche Veränderungen der Handbinnenmuskulatur führen zur kontrakten Schwanenhalsdeformation.

Die Verlängerung der Sehne am muskulotendinösen Übergang, die Ablösung des Muskels am Ursprung oder Ansatz oder die Resektion der kontrakten Sehne schaffen die Voraussetzung für einen wiederherstellenden Gelenkgriff, mit dem die Fehlstellung beseitigt wird.

Eingriffe an den Nerven

Nerven, die in enger Nachbarschaft von Gelenken und Sehnenscheiden verlaufen, können durch den synovialitischen Erguss oder das proliferierende Synovialgewebe komprimiert werden. Dies ist am häufigsten im Karpalkanal der Fall. Hier wird der Nervus medianus durch den Erguss in den Sehenenscheiden der 9 Beugesehnen komprimiert, was zu Schmerzen sowie sensiblen und motorischen Ausfällen (Karpaltunnelsyndrom) führt. Durch Spaltung des Retinaculum flexorum und Flexortenosynovialektomie wird der Nerv dekomprimiert. Das Schmerzsyndrom verschwindet oft schlagartig.

Weniger häufig ist der Nervus ulnaris in seinem Verlauf am Handgelenk in der Loge de Guyon betroffen, wo er durch eine synovialitische Kapselhernie der interkarpalen Reihe komprimiert werden kann. Am Ellenbogen kann der Nervus ulnaris in der Nervenrinne durch synovialitische Schwellung oder arthritische Deformierung des Ellenbogengelenks beeinträchtigt werden.

Selten kann einmal eine Synovialhernie des Ellenbogengelenks den Ramus profundus nervi radialis an seinem Eintritt in den Musculus supinator komprimieren und zu einer distalen motorischen Radialislähmung (Supinator-Syndrom) führen.

Die frühzeitige Dekompression des Nervs, ggf. mit Nervenverlagerung, und die Synovialektomie der angrenzenden Sehnen und Gelenke beheben die neurologische Störung meist vollständig.

Eingriffe an der Haut

Wie die Muskulatur, so kann auch die Haut bei langdauernder Fehlstellung eines Gelenks schrumpfen und einen rekonstruktiven Gelenkeingriff behindern. In solchen Fällen ist es notwendig, bei der Gelenkoperation gleichzeitig durch Schwenklappen- oder Z-Plastik oder durch freie Hauttransplantation die Hautbedeckung wiederherzustellen. Auch bei ausgedehnten, vernarbten oder ulzerierten Rheumaknoten ist es manchmal notwendig, den geschädigten Hautbezirk zu exzidieren und den Defekt plastisch zu decken. Im Allgemeinen genügt es jedoch, die Rheumaknoten, die sich meist an den wenig gepolsterten und druckbelasteten Stellen der Hand ausbilden, zu exzidieren und die Stelle zu vernähen (Streckseiten der Fingergelenke, Beugeseite des Daumengrund- und -endgelenks).

Vor- und Nachbehandlung

Nahezu alle operativen Eingriffe an der rheumatischen Hand bedürfen einer konsequenten, oft langwierigen und mühseligen krankengymnastischen und ergotherapeutischen Nachbehandlung [3]. In vielen Fällen ist auch eine präoperative Behandlung unter Anwendung dynamischer Handorthesen erforderlich, die nach der Operation weiterverwendet werden [14]. Die krankengymnastische Nachbehandlung muss möglichst früh nach der Operation (manchmal noch am Operationstag) einsetzen. Sie muss unter Vermeidung von Schmerzen und unterstützt durch lokale Kryotherapie allmählich gesteigert werden, wobei aktiven Bewegungen der Vorrang vor passiven zu geben ist. Sehr wichtig ist dabei, die Motivation des Patienten zu stärken und ihn zum selbständigen Üben anzuleiten. Sobald die Wunde verheilt ist und die postoperative Schmerzhaftigkeit nachgelassen hat, wird die krankengymnastische Behandlung durch Ergotherapie ergänzt und später ersetzt. Dabei sollen die wiederhergestellten Funktionen der Gelenke durch den gezielten Gebrauch der Hand geübt und gekräftigt werden. Die Hand wird so auf den Einsatz in Alltag und Beruf vorbereitet. Unterstützt werden diese Bemühungen durch den Einsatz von Hilfsmitteln, durch Selbsthilfetraining und durch Maßnahmen des Gelenkschutzes.

Komplikationen

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