Übersichtsarbeiten - OUP 05/2018

Osteochondrale Läsionen am Talus
Ätiologie, Diagnostik, OP-Technik und LiteraturübersichtEtiology, diagnostics, operative technique and literature overview

Fabian Krause1

Zusammenfassung: Osteochondrale Läsionen des Talus (OCL) sind in der Regel auf ein (Distorsions-)
Trauma oder eine ischämisch bedingte Osteonekrose zurückzuführen. Für die Auswahl der optimalen Therapie sind das Alter des Patienten, die Dauer des Bestehens der OCL, die Größe und Lokalisation der OCL sowie der Zustand des umgebenden Knorpels und des subchondralen Knochens von Bedeutung. Beim Vorliegen eines Rückfuß-Malalignments oder einer Bandinstabilität sollten bei Operation der OCL auch die Korrektur eines Rückfuß-Malalignments und/oder eine Stabilisierung der Bänder durchgeführt werden. Bei korrekter Indikation sind überwiegend gute und sehr gute Ergebnisse bei allen Behandlungstechniken zu erwarten.

Schlüsselwörter: Talus, osteochondrale Läsion, Ätiologie, Diagnostik, Therapie

Zitierweise
Krause F: Osteochondrale Läsionen am Talus. Ätiologie, Diagnostik, OP-Technik und Literaturübersicht.
OUP 2018; 7: 253–259 DOI 10.3238/oup.2018.0253–0259

Summary: In the majority of cases, ankle trauma (sprains) or ischemic osteonecrosis generate osteochondral lesions of the talus. For the best therapy patient’s age, duration of OCL’s existence, size and localization of the OCL, and condition of the surrounding cartilage and bone have to be considered. If accompanying hindfoot malalignment or ligamentous instability is present, hindfoot realignment and ligament stabilization should be performed simultaneously. With the correct indication, good and excellent results are achieved for most patients.

Keywords: talus, osteochondral lesion, etiology, diagnostics, therapy

Citation
Krause F: Talar osteochondral lesions. Etiology, diagnostics, operative technique and literature overview.
OUP 2018; 7: 253–259 DOI 10.3238/oup.2018.0253–0259

1 Inselspital, Universität Bern

Ätiologie

Osteochondrale Läsionen (OCL) am Talus wurden früher uneinheitlich auch als z.B. Osteochondritis dissecans oder Knorpelflake bezeichnet, weil die Ätiologie nicht eindeutig definiert bzw. universell akzeptiert war. Dabei waren das Trauma und die ischämisch bedingte Osteonekrose stets die beiden hauptsächlich vermuteten ätiologischen Faktoren. Bei den Traumata ist sicherlich das einzelne Supinations- oder Inversionstrauma – seltener ein Pronations- oder Eversionstrauma – i.S. eines Majortraumas ätiologisch am wichtigsten; aber repetitive Mikrotraumata, bedingt durch eine chronische laterale Bandinstabilität oder einen akzentuierten Rückfuß varus/valgus, spielen sicher auch eine Rolle. Das Argument für die Osteonekrose als Ätiologie ist das fehlende, dokumentierte Trauma in einigen Fällen. Ursachen für die Osteonekrose wiederum können lokal eine abnormale Vaskularisation, Mikroembolien und spontane idiopatische Osteonekrosen des Talus oder systemische endokrine Pathologien sein.

Ein Zusammenwirken beider Ätiologien ist ebenfalls möglich: Eine Prädisposition zur ischämischen Osteonekrose wird nach einem Majortrauma oder repetitiven Mikrotraumata eher zu einem chronischen, osteonekrotischen Prozess mit subchondraler Fraktur und umschriebenem knöchernen Kollaps führen als bei normaler Talusperfusion. Subchondrale Zysten mit darüber liegender Chondromalazie und osteochondralen Fragmenten oder freien Gelenkkörpern repräsentieren das Fortschreiten der Degeneration.

Canale und Belding [5] publizierten 1980, dass nahezu alle lateralen, aber nur 64 % der medialen OCL des Talus traumatisch bedingt sind. Eine Theorie, die bis heute Bestand hat. 2007 veröffentlichten Elias et al. [7] die Idee, die Talusoberfläche in ein 3x3-Gittersystem einzuteilen, um die Häufigkeit der Lokalisationen der OCL anhand von über 400 MRTs zu bestimmen (Abb. 1). In der mittleren medialen Zone fanden sie mit 53 % aller OCL die häufigste Lokalisation, wobei diese Läsionen auch die größten und tiefsten waren. Mit 26 % war die mittlere laterale Zone am zweithäufigsten betroffen. Vom Verletzungsmechanismus her kommt es beim Supinationstrauma in Neutral- oder Dorsalflexionsstellung – bei größerer ossärer Stabilität als in Plantarflexionsstellung – eher zu einer Abscherfraktur an der (antero-)lateralen Talusrolle, in Plantarflexionsstellung dagegen eher zu einer posteromedialen Kompression. Mediale OCL sind eher tiefer, muldenförmig und gehen eher in eine Zyste über, während laterale OCL eher flach und scheibenförmig sind.

Auf 100 Distorsionen des oberen Sprunggelenks (OSG) kommt es gemäß einer Studie von Bosien et al. [4] von 1955 in ca. 5 Fällen zu einer OCL. Die Zahl liegt wahrscheinlich deutlich höher, zumal nicht bzw. verzögert diagnostizierte OCL bei Patienten mit chronischen, unklaren Beschwerden im OSG in 81 % als Ursache gefunden wurde [8].

Diagnostik

Anamnestisch findet sich für das Vorliegen einer OCL am Talus in der Regel eine akute oder frühere OSG-Distorsion oder rezidivierende OSG-Distorsionen. Seltener kann eine frühere Fraktur des OSG oder des Unterschenkels oder ein Sturz aus beträchtlicher Höhe in der Vorgeschichte eruiert werden. Ist kein Trauma erinnerlich, muss eine umschriebene, idiopathische Osteonekrose des Talus oder repetitive Mikrotraumata bei Bandinstabilität oder eine Varus-/Valgusdeformität des Rückfußes in Betracht gezogen werden.

Neben dem belastungsabhängigen Schmerzen am meist anteromedialen oder anterolateralen OSG berichten die Patienten über rezidivierende Schwellungen, Steifigkeit, Schwäche und Giving-ways des OSG oder mechanische Symptome, z.B. Gelenkblockaden und Einklemmungen.

Bei der klinischen Untersuchung muss unbedingt auf das Rückfuß-Alignment und die Bandstabilität des Rückfußes geachtet werden, da eine alleinige Operation der OCL ohne Korrektur eines Rückfuß-Malalignments oder Stabilisierung der Bänder oftmals zum Scheitern verurteilt ist. Typisch ist eine Druckdolenz über der OCL am OSG auslösbar. Eine reduzierte Beweglichkeit für Dorsal- mehr als für Plantarflexion im OSG weist häufig auf eine bereits beginnende OSG-Arthrose mit anterioren Tibia-Osteophyten hin. Die Schwäche eines Muskels oder einer Muskelgruppe, z.B. Schwäche der Mm. tibialis anterior und peroneus brevis bei Hohlfuss, sollte dokumentiert und neurologisch abgeklärt werden. Vor einer etwaigen Operation müssen eine unzureichende Perfusion des Fußes, insuffiziente Weichteile oder ein Infekt ausgeschlossen sein. Bei Unklarheit und Abgrenzung gegenüber Differenzialdiagnosen kann eine intraartikuläre Probeinfiltration mit einem möglichst wenig chondrotoxischen Lokalanästhetikum (z.B. Ropivacain) Aufschluss zur Lokalisation der Beschwerdequelle geben.

Die Bildgebung für eine OCL am Talus beginnt mit stehenden konventionellen Röntgenbildern im anteroposterioren (ap) und seitlichen Strahlengang (Abb. 2). Eine weitere Abklärung des Rückfuß-Alignments kann z.B. mit einem „Hindfoot alignment view“ nach Saltzman [25] erfolgen, ist aber u.E. nach guter klinischer Untersuchung und Interpretation des ap-Röntgenbilds des OSG überflüssig. Oftmals ist die OCL jedoch auf den konventionellen Bildern gerade in den ersten Monaten nach der Verletzung nicht zu erkennen, sodass eine weiterführende Bildgebung notwendig ist. Das MRT hat eine hohe Sensitivität für OCL am Talus, wobei das Ausmaß des perifokalen Bone bruise nicht immer mit den assoziierten Beschwerden korreliert, d.h. auch „ruhige“ (wenig aktive) OCL können relevante Beschwerden hervorrufen (Abb.3). Die CT und SPECT-CT sind weitere diagnostische Optionen. Zur präoperativen Planung kann im CT die tatsächliche Größe und Tiefe der OCL besser als im MRI beurteilt werden.

Sowohl für das konventionelle Röntgenbild als auch für die MRT und CT gibt es eine Stadieneinteilung, die für den klinischen Alltag, den Behandlungs-Algorithmus oder das -Ergebnis jedoch wenig relevant ist.

OP-Technik

Die konservative Therapie ist vornehmlich für akute, undislozierte OCL reserviert. Eine Einigkeit über die optimale konservative Therapie konnte bislang nicht erzielt werden, einige Autoren empfehlen eine Gipsruhigstellung und Entlastung, andere eine geschützte Belastung mit einer Orthese zwischen 3 und 6 Monaten. Gelegentliche MRT-Zufallsbefunde mit (meist „ruhigen“) asymptomatischen OCL am Talus zeigen, dass es offenbar einen Platz für die konservative Therapie gibt. In der eigenen Erfahrung heilen symptomatische OCL jedoch nur selten ohne eine Operation aus.

Für die Auswahl des optimalen Operationsverfahrens sind das Alter des Patienten, die Dauer des Bestehens der OCL, Größe und Lokalisation der OCL sowie der Zustand des Knorpels und des subchondralen Knochens von Bedeutung. Die Notwendigkeit operativer Zusatzschritte wie Bandrepair oder -rekonstruktion und Rückfuß-Realignment ist präoperativ zu evaluieren und mit dem Patienten zu besprechen.

Für eine endgültige Einschätzung der OCL, den Zustand des umgebenden Knorpels, etwaige Bandinstabilitäten und die damit verbundenen Therapieoptionen wird der Knorpel-Operation in der Regel eine OSG-Arthroskopie vorangestellt. Während früher große Inzisionen und Arthrotomien überwiegend mit Malleolar-Osteotomien zur Exposition der OCL erforderlich waren, wird mit der Entwicklung der OSG-Arthroskopie und besseren Expositionsmöglichkeiten ohne Osteotomien die Invasivität immer geringer. Viele Techniken sind heute je nach Lokalisation der OCL und dem Vorliegen von begleitenden Zysten rein arthroskopisch möglich.

Indikationskriterien zur Operation einer OCL am Talus:

Alter 16–60 Jahre

Knorpeldefekte Grad III–IV nach ICRS-Klassifikation mit subchondraler Ausdehnung

stabiler umgebender Knorpel und Knochen

intakte korrespondierende Gelenkfläche (keine Kissing lesion).

Primäre Fixation akuter OCL

Akute OCL mit noch anhaftenden Knochen können mit guten Ergebnissen v.a. im Kindes- und Jugendalter direkt fixiert werden (Abb. 4a–c). Bei rein chondralen Fragmenten ist die Versagerquote deutlich höher, sodass eine Resektion je nach Begleitumständen auch die bessere Option sein kann. Die frühzeitige Operation ist dabei offenbar entscheidend für den Operationserfolg. Die stabile Fixation der OCL kann sowohl arthroskopisch als auch via Mini-Arthrotomie mit bioabsorbierbaren Pins, Nägeln und Schrauben ausgeführt werden.

Eine Übersichtsarbeit weist eine durchschnittliche Erfolgsrate von 73 % (zwischen 40–100 %) nach primärer Fixation aus [30]. In einer Fallserie wurden 8 akute „upside-down“ OCL innerhalb von 2 Wochen erfolgreich refixiert, 2 weitere wegen zeitlicher Verzögerung exzidiert [6].

Gelenkspülung und Débridement

Arthroskopische Spülung und Débridement reduzieren inflammatorische Zytokine, entfernen freie Gelenkkörper und somit die mechanischen Ursachen der Beschwerden aus dem Gelenk. Die Technik ist für kleine (< 50 mm2 ), chronische und symptomatische OCL empfohlen. Eine ausschließliche Spülung hat einen nur vorübergehenden Effekt. Die bereits oben erwähnte Übersichtsarbeit [30] zeigt, dass die Exzision allein eine Erfolgsrate von durchschnittlich 38 % (30–100 %), aber in Kombination mit einer Kürettage von 76 % (53–100 %) erreicht.

Knochenmark-stimulierende Anbohrung und Microfracturing

Antegrade Anbohrung und Microfracturing waren traditionell bei chronischen (> 2 Monate) OCL mit instabiler Knorpeloberfläche und bis zu einer Größe von 1,5 cm2 bzw. Zysten bis zu einer Größe/Tiefe von 7 mm indiziert [9]. In einem kürzlich erschienenen Konsensus-Artikel der Gesellschaft für Knorpeltherapie des Talus wurde die Indikation der Anbohrung/Microfracturing für eine Größe der OCL vom 10 mm oder weniger festgelegt [33].

Der instabile Knorpel wird dabei entfernt, ein Wiedereinheilen – mit welcher Fixationstechnik auch immer – ist aussichtslos. Diese Techniken stimulieren Knorpel-Progenitorzellen im Knochenmark des Talus (Stammzellen). Diese Stammzellen füllen den OCL-Defekt mit einem Fibrin-clot, woraus sich später eine fibrocartilaginäre Matrix aus Chondroblasten, Chondrozyten, Fibrozyten und unorganisierter Matrix mit hauptsächlich Typ-II-Kollagen entwickelt. Der resultierende Faserknorpel schützt zwar die talare Oberfläche vor starker Belastung, ist aber bei Weitem nicht so widerstandfähig wie der ursprüngliche hyaline Knorpel.

In diversen Publikationen reichen die guten und exzellenten Ergebnisse nach reiner Anbohrung von 28–95 % [8, 20, 27]. Ferkel et al. [8] veröffentlichten 72 % gute und exzellente Ergebnisse im AOFAS-Score (84 von 136 Patienten) nach einem durchschnittlich postoperativen Beobachtungszeitraum von 6 Jahren.

Das Microfracturing zeigt der Anbohrung vergleichbare Ergebnisse [28]. Eine Vergleichsstudie von Chondroplastik, Microfracturing und OATS (autologous osteochondral transfer system) zur OCL-Therapie ergab keine relevanten Unterschiede im klinischen Ergebnis zwischen den Gruppen nach 2 Jahren [11].

Die retrograde Anbohrung ist für OCL geeignet, bei denen der Knorpelüberzug noch intakt ist. Oftmals ist es jedoch schwierig, die OCL mit oder ohne darunter liegender Zyste intraoperativ mittels Durchleuchtung zu lokalisieren, zumindest ohne den Knorpel doch noch zu verletzen. Eine gute präoperative Bildgebung zur intraoperativen Lokalisation ist daher unerlässlich. Angebohrte Zysten werden mit autologer Spongiosa oder Knochenersatz aufgefüllt.

Die Nano-Frakturierung kann als Weiterentwicklung der Mikrofraktur betrachtet werden [3]. Die Stabilität der subchondralen Platte wird bei der Nano-Frakturierung durch den Einsatz von schmaleren und kontrollierten Perforationen erhalten. Gleichmäßig tiefe Perforationen sorgen dafür, dass die stammzellreicheren Schichten erreicht werden. Anstelle des Bohrers oder der Ahle wird eine flexible, im Durchmesser 1 mm messende Nadel über eine kanülierte Ahle zur Perforation der subchondralen Platte verwendet. Auch mit einem 1,5-mm-Bohrer können die ca. 9 mm tiefen und ähnlich schmalen Löcher angelegt werden. Wir sehen den Vorteil der Bohrungen darin, dass die spongiösen Ränder der Löcher nicht verdichtet werden, sondern das Bohrmehl zur Oberfläche abtransportiert wird.

In den letzten Jahren wird der Anbohrung bzw. dem Microfracturing unterschiedliche biologische Unterstützung zur Seite gestellt. Diese Unterstützung umfasst Hyaluronsäure, Ultraschall zur Knochenmarkstimulation, Platelet-rich-Plasma, autologe pluripotente Stammzellen, Zellträger (Matrix), Wachstumsfaktoren und Zytokin-Modulation. Die bisherigen Ergebnisse aus Tierversuchen sind vielversprechend, die klinische Evidenz jedoch noch nicht ausreichend, um relevante Unterschiede herauszuarbeiten.

Die autologe Matrix-induzierte Chondrozytogenese (AMIC) ist ein neuartiges Verfahren zur Behandlung chondraler sowie osteochondraler Defekte (Abb. 5a–c). Wie bei der Mikrofrakturierung ist ein Durchbrechen der Grenzlamelle und des sklerotischen subchondralen Knochens notwendig. Bei OCL erfolgt im Anschluss an das Débridement des Fragments ein Aufbau des subchondralen Knochens mittels autologer Spongiosa. Die Spongiosa kann aus der distalen Tibia, der proximalen Tibia oder aus dem Beckenkamm entnommen werden. Die Dichte pluripotenter mesenchymaler Stammzellen ist in der Beckenkammspongiosa höher, der Zugang aber aufwendiger. Der Defekt wird durch eine Matrix (Geistlich Pharma, Schweiz) verschlossen, welche ein Mikromilieu zur Bildung von Ersatzknorpel entstehen lässt. Die Methode erfreut sich gerade in Mitteleuropa immer größerer Beliebtheit, da sie einzeitig und vergleichsweise preiswert ist und immer mehr Evidenz für eine hohe Erfolgsrate inzwischen auch bei mittelfristigen 5-Jahres-Ergebnissen vorliegt [12, 19, 29, 31].

Die eigenen Erfahrungen aus 35 prospektiv verfolgten Fällen bestätigen eine signifikante klinische Verbesserung im AOFAS-, FFI- und VAS-Schmerz-Score in der 2– und 5-Jahres-Kontrolle (n = 35, resp. N = 5). Eine Malleolar-Osteotomie war dabei in 8 Fällen notwendig (23 %), eine Korrektur des Rückfuß-Alignment in 15 (42 %) und Bandrepair/-rekonstruktion in 10 Fällen (33 %).

Knorpel-Ersatzplastik

Wie die AMIC sind die Knorpel-Ersatzplastiken für große, chronische Defekte bestimmt. Der ideale Patient ist zwischen 15 und 55 Jahren alt und weist keine Arthrose, Bandinstabilität oder Rückfuß-Malalignement auf. Kissing lesions, also kombinierte tibiale und talare OCL, sind relative Kontraindikationen.

Mosaikplastik und OATS sind osteochondrale Autografts, die typischerweise vom Knie entnommen und via Arthrotomie in den Knorpeldefekt am Talus eingesetzt werden. Sie sind für große, chronische OCL am Talus vorgesehen, technisch relativ aufwendig und haben den Nachteil der Entnahme-Morbidität.

Mehrere Autoren berichten über vorwiegend gute und exzellente Ergebnisse. In der Studie von Hangody [15] wurden für die arthroskopische Mosaikplastiken für Defekte bis 10 mm diese Zufriedenheit in 94 % ohne relevante Entnahmemorbidität erreicht. Hingegen fanden Paul et al. [22] schwere Kniegelenk-Beschwerden bei 2 und leichte Beschwerden bei 11 von 112 Patienten 2 Jahre nach OATS. Die Kombination von OATS mit Knochenmark-Aspirat soll die Inkorporation des Knorpel-Knochen-Zylinders unterstützen [16].

Osteochondrale Allografts eignen sich für große, chronische OCL; sie müssen innerhalb von 24 Stunden vom verstorbenen Spender entnommen werden, um das Überleben möglichst vieler Chondrozyten zu sichern. Dann können sie bis 21 Tage bei 4 °C gelagert werden. Für diese Technik gibt es am Talus bislang wenig Evidenz, Gross et al. [13] berichteten über 6 von 9 Allografts, die auch nach durchschnittlich 11 Jahren noch nicht zur Arthrodese konvertiert werden mussten. Kim et al. [17] beobachteten gute und exzellente Resultate in 4 von 7 Allografts nach durchschnittlich 10 Jahren. Hingegen sahen Raikin et al. [24] radiologisch einen Kollaps oder eine Resorption des Allografts in 10 Fällen (67 %) und eine Gelenkspaltverminderung über dem Graft in neun Fällen (60 %). Nach 4 Jahren Nachbetreuung fanden Haene et al. [14] lediglich in 10 von 17 Fällen gute und exzellente Resultate.

Für die autologe Chondrozyten-Implantation (ACI) werden 200–300 mg autologe Chondrozyten ebenfalls vom Knie entnommen. Die Zellen werden dann in vitro 2–5 Wochen angezüchtet, bevor sie via Arthrotomie in den Talusdefekt implantiert werden. Zum Schutz wird die Zellsuspension mit Fibrinkleber und einem Periostlappen, der an den umgebenden Knorpel genäht wird, versiegelt. Große subchondrale Zysten werden zunächst mit Spongiosa aufgefüllt und die Zellsuspension anschließend zwischen 2 Periostlappen (Sandwich-Technik) deponiert. ACI produziert vorwiegend hyalinen Knorpel.

Die Indikation ist für große, chronische OCL gegeben. Nachteile der eher teuren ACI sind wiederum die Entnahmemorbidität und die notwendige 2. Operation.

Die Ergebnisse mehrerer Autoren belegen in der Mehrzahl gute und exzellente Ergebnisse für Revisionsfälle, allerdings mit einer nicht unerheblichen Entnahmemorbidität am Knie [2, 18, 23, 32].

Membran/Matrix autologe Chondrozyten-Implantation (MACI)

MACI ist eine vereinfachte ACI-Technik ohne die aufwendige Entnahme und das schwierige Einnähen des Periostlappens. Anstelle des Lappens wird eine Membran aus Kollagen Typ I und III zunächst einige Tage in der Zellsuspension mit Chondrozyten besiedelt und dann via Mini-Arthrotomie oder arthroskopisch in die OCL genäht oder mit Fibrinkleber fixiert.

Die bisherigen Ergebnisse für MACI sind vielversprechend mit ganz überwiegend guten klinischen Ergebnissen, wenigen Versagern und dem Nachweis von hyalinem Knorpel im ehemaligen Defekt [10, 26].

Juveniler Knorpel

In Nordamerika macht seit einigen Jahren die Implantation von juvenilem Knorpel mit vielversprechenden Ergebnissen auf sich aufmerksam. Bei dieser einzeitigen Technik wird zerkleinerter juveniler Knorpel mit Fibrinkleber in die débridierte OCL eingeklebt, bisher gibt es aber wenig Evidenz [1].

Postoperative Nachbehandlung

Bei reiner Knorpel-Operation ist nur eine kurzfristige Ruhigstellung in einer Gipsschiene oder einem VacoPed für 5–7 Tage notwendig, gefolgt von frühzeitigen Bewegungs- und Kräftigungsübungen. Die frühzeitige Stimulation durch die Bewegung wirkt sich offenbar positiv auf die Knorpelregeneration aus. Je nach operativen Zusatzschritten (Bandstabilisation, Rückfuß-Osteotomie, Malleolar-Osteotomie) ist jedoch eine längere Gipsruhigstellung erforderlich. Der Übergang zur Vollbelastung ist nach frühestens 6 Wochen gestattet.

Aktuelle klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass kleinere Defekte in weniger druckbelasteten Zonen eine frühere Belastbarkeit ermöglichen [21].

Diskussion

Im Vordergrund der operativen Therapie der OCL stehen das arthroskopische oder minimalinvasive Débridement und die Knochenmark-Stimulation. Bei anhaltenden Beschwerden oder größeren OCL kommen invasivere Verfahren zum Einsatz. Instabile osteochondrale Fragmente oder subchondrale Zysten, die bei der Genese des Schmerzes beteiligt sind, müssen débridiert und mit einer Spongiosaplastik aufgefüllt werden, denn die Behandlung der OCL ohne intaktes Knochenbett ist ineffektiv. Des Weiteren können Schmerzen durch das Eindringen von Gelenkflüssigkeit durch Knorpel-Knochen-Fissuren in den mit Schmerzrezeptoren ausgestatteten subchondralen Knochen hervorgerufen werden.

Eine Vielzahl operativer Optionen zur Therapie der OCL ist in der Literatur beschrieben. Die Verfahren können grundsätzlich in 2 Kategorien unterteilt werden: Knochenmark-stimulierende Anbohrungen/Microfracturing und Knorpel-Ersatzplastiken, wobei sich die Indikationen vornehmlich an der OCL-Größe orientieren. Bei den autologen Chondrozyten-Verfahren haben sich heute die Matrix-Techniken etabliert. Die hohen Kosten der autologen Chondrozyten-Transplantation haben das Interesse an zellfreien Implantaten erhöht. Die kostengünstige, zellfreie AMIC scheint gemäß ersten langfristigen Ergebnissen eine wirksame Alternative darzustellen [12]. Insbesondere bei vornehmlich subchondraler Knochenpathologie scheint das Débridement der Zysten und instabiler Knochennekrosen in Kombination mit einer Spongiosaplastik und einer AMIC erfolgversprechend zu sein.

Die aktuelle evidenzbasierte Datenlage zur Behandlung der OCL weist zufriedenstellende kurz- und mittelfristige Ergebnisse für beide Kategorien aus. Die Evidenzlage ist jedoch weiterhin unzureichend.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Fabian Krause

Inselspital, Universität Bern

Freiburgstraße

3010 Bern

fabian.krause@insel.ch

Literatur

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