Übersichtsarbeiten - OUP 02/2021

Revisionsendoprothetik der aseptisch gelockerten Hüftpfanne
Wie kommen wir zu guten Ergebnissen?

Scheint mit konventionellen Techniken keine Versorgung möglich, kann z.B. bei übergroßen Defekten oder auch Beckendiskontinuitäten ein Individualimplantat aus dem „3-D-Drucker“ angefordert werden. Dieser Beckenteilersatz wird in der Regel anhand einer Dünnschicht-CT-Untersuchung angefertigt und an den 3 Pfeilern des Beckens verankert. Hohe Primärstabilität und kürzere Nachbehandlungszeiten sind möglich. Diese aufwendigen Verfahren sollten Zentren vorbehalten bleiben, die auch in der Tumorchirurgie Erfahrung haben.

Wie können Instabilitäten am Hüftgelenk vermieden werden?

Instabilitäten am Hüftgelenk werden in erster Linie durch Implantatfehlpositionierungen, Impingement, unzureichender Offsetrekonstruktion oder durch eine Glutealinsuffizienz verursacht. Umgekehrt gewährleistet eine Rekonstruktion der Hebelarme durch die Implantate mit möglichst anatomischem Offset und normaler Muskelvorspannung eine optimale Funktion der hüftnahen Muskulatur und verhindert Instabilitäten [21].

Voraussetzung ist, dass die Implantation der Hüftpfanne im Vorfeld sorgfältig geplant wird, so dass anatomische Hebelverhältnisse möglichst wiederhergestellt werden können. Ebenso sollte die Biomechanik der am Trochanter major ansetzenden und hüftübergreifenden Muskulatur funktionieren und auch sekundäre Stabilisatoren (z.B. Tractus iliotibialis, Gelenkkapsel) möglichst intakt sein.

Auch der Durchmesser des gewählten Hüftkopfes kann entscheidend zur Stabilität der Hüftendoprothese beitragen: Die 22iger Köpfe der Charnely Prothesen luxierten schnell, mit den heute üblichen 32iger und 36iger Köpfen mit ggf. langen oder überlangen Hälsen kann eine gute Stabilität erreicht werden [7].

Zeichnet sich bereits im Vorfeld einer Operation ab, dass muskuläre Insuffizienzen zu erwarten sind, empfiehlt sich der Einsatz von tripolaren oder auch modularen bipolaren Revisionspfannensystemen. Hierbei wird eine Revisionsschale mit metallisch glatter Innenfläche in üblicher Weise implantiert. Eingebracht wird ein Polyethylen-Großkopf, in dem wiederum ein Standard-Aufsteckkopf eingeklickt ist. Der Großkopf bildet das Drehzentrum der Gleitpaarung, so dass Luxationen weitestgehend verhindert werden [7]. Verschiedene Hersteller bieten derartige Systeme an, die sich mittlerweile zur Beseitigung oder Vermeidung von Instabilitäten bewährt haben, ohne durch signifikant erhöhten Abrieb aufzufallen [2].

Allerdings können auch tripolare Pfannensysteme luxieren: Häufiger beobachtet wurde ein ventrales Impingement des Konus am Pfannenrand, so dass es über einen Hebelmechanismus zu einer dorsalen Luxation der Großkopfprothese kommt. Daher ist auch bei tripolaren Systemen auf eine sorgfältige Positionierung der Pfannenkomponente und auf eine bestmögliche Weichteilrekonstruktion zu achten (Abb. 5a–b) [17].

Wie kommen wir zu guten
Ergebnissen?

Die sorgfältige Vorbereitung eines Hüftpfannenwechsels mit Analyse der „Ist-Situation“ und mit Definition des Versorgungsziels ist wichtig, um Komplikationen, intraoperative Überraschungen und unnötig lange Operationszeiten zu vermeiden.

Es empfiehlt sich im Vorfeld, den Patienten soweit als möglich vorzubereiten und Risiken zu minimieren. Dazu gehört es unter anderem, den Allgemeinzustand möglichst zu optimieren und z.B. Infektionen auszuschließen bzw. zu behandeln. Bei Bedarf sollte ein geriatrisches Assessment mit entsprechender Nachbehandlung veranlasst werden.

Im Rahmen des „Patient blood managements“ sollten anämische Situationen im Vorfeld erkannt und nach Möglichkeit behandelt werden. Intraoperativ sollte „blutsparend“ operiert werden. Bei Ausschluss von Kontraindikationen empfiehlt sich in jedem Fall die systemische und/oder lokale Gabe von Tranexamsäure [25, 28], ebenso sollte ein „cell saver“-System vorhanden sein und angewendet werden. Nicht nur im Rahmen des „Team time in“ sondern auch während der Operation ist eine Kommunikation mit dem Anästhesisten wichtig, um rechtzeitig auf besondere Situationen reagieren zu können und unerwünschte Kreislaufsituationen zu vermeiden. In jedem Fall sollte sichergestellt sein, dass ein intraoperatives Röntgen möglich ist, um sämtliche Operationsschritte zu kontrollieren und die Implantatpositionierungen zu überprüfen. Im Rahmen der Qualitätssicherung empfiehlt sich, dass die Klinik den grundsätzlichen Anforderungen eines zertifizierten Endoprothetikzentrums genügt.

Zu guter Letzt spielt die Erfahrung des Operateurs eine entscheidende Rolle und es sollte darauf geachtet werden, dass „komplizierte“ Versorgungen ausschließlich unter Mitwirkung eines erfahrenen Operateurs stattfinden. So sollten qualitative Standards gewährleistet und sichergestellt sein, dass ein optimales Ergebnis für den Patienten erzielt werden kann.

Interessenkonflikte:

keine angegeben

Das Literaturverzeichnis
zu diesem Beitrag finden Sie auf: www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. med. Olaf Rolf

Klinik für Orthopädie
und Unfallchirurgie

Niels-Stensen-Kliniken

Franziskus-Hospital Harderberg

Alte Rothenfelder Str. 23

49124 Georgsmarienhütte

olaf.rolf@niels-stensen-kliniken.de

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