Übersichtsarbeiten - OUP 09/2019

Schwere hüftnahe Frakturen beim Radfahren

Christoph Schönle, Thomas Jöllenbeck, Juliane Pietschmann

Zusammenfassung:

In den Jahren 2004–2016 wurden 100 Patienten, im Mittel 59,3 Jahre alt (16–85 Jahre), darunter 52 Männer und 48 Frauen, in einer orthopädischen Reha-Klinik nach einem Fahrrad-Unfall
behandelt. 6 dieser Verletzten waren professionelle Radfahrer, 4 Leistungssportler anderer Sportarten. 66 dieser Patienten erlitten eine hüftnahe Fraktur. 20 der Radfahrer erlitten mehrere
Frakturen, darunter waren 11 Patienten mit lebensgefährlichen Polytraumata. Der Sturz ohne Fremdeinwirkung auf die Seite war 18-mal Verletzungsursache, eine Kollision (bzw. Beinahekollision) mit einem Auto 15-mal, mit einem anderen Fahrrad 8-mal und mit einem Motorrad 2-mal. 16-mal stürzten die Radfahrer beim Auf- oder Absteigen, 13mal rutschten sie mit den
Reifen auf einer glatten Fläche aus. Tiere führten 5-mal zu Stürzen mit dem Fahrrad.

Eine Vergleichsgruppe von 100 Patienten in der Klinik mit hüftnahen Frakturen (im Mittel 71,8 Jahre, 32–90 Jahre alt, 73 Frauen und 27 Männer), zeigte, dass 25 dieser Verletzungen beim Spazierengehen oder Einkaufen und 22 in der Wohnung auftraten. 12 Patienten auch dieser
Gruppe hatten beim Radfahren eine hüftnahe Fraktur erlitten. Es traten in dieser Vergleichsgruppe nur 3 Mehrfachfrakturen auf, die deutlich weniger lebensbedrohlich waren als bei den Radfahrern. Fazit: Hüftprotektoren sollten beim Radfahren zur Vermeidung großer Krafteinwirkung auf den Trochanter major getragen werden.

Schlüsselwörter:
Azetabulumfrakturen, Schenkelhalsfrakturen, Fahrradfahren, Hüftprotektor

Zitierweise:

Schönle C, Jöllenbeck T, Pietschmann J: Schwere hüftnahe Frakturen beim Radfahren.
OUP 2019; 8: 492–502

DOI 10.3238/oup.2019.0492–0502

Summary: In the period from 2004–2016, 100 patients, on average 59.3 years old (16–85 years old), including 52 men and 48 women, were analyzed at an orthopedic rehab clinic after a bicycle accident. 6 of those injured were professional cyclists, 4 competitive athletes from other sports. 20 of the cyclists suffered multiple fractures, including 11 patients with life-threatening polytrauma. 66 of all these patients suffered a hip-related fracture. The fall without any external effect on the side was 18 times the cause of injury, a collision (or near collision) with a car 15 times, with another bike 8 times, and with a motorcycle 2 times. 16 times the cyclists fell on the side while ascending or descending the bike, 13 times they slipped on a smooth or slick area while biking. Animals led 5 times to falls by bike.
A comparison with another group of 100 patients in the clinic with hip fractures (on average 71.8 years, 32–90 years old, 73 women and 27 men), who had occurred for various causes, showed that 25 of these injuries happened while walking or shopping, and 22 because of falls in the apartment. However, 12 of these patients had suffered a hip-related fracture while cycling. Although there were 2 falls on a stair, the 3 multiple injuries in this group of patients were significantly less life-threatening than compared to the cyclists. Conclusion: Hip protectors should be worn to avoid major force on the trochanter region when cycling.

Keywords: acetabluar fracturs, hip fracture, bycicle, hip protector

Citation: Schönle C, Jöllenbeck T, Pietschmann J: Severe hip related fractures in cycling.
OUP 2019; 8: 492–502 DOI 10.3238/oup.2019.0492–0502

Christoph Schönle: ehemaliger Chefarzt der Klinik Lindenplatz

Thomas Jöllenbeck: Leiter des Instituts für Biomechanik, Klinik Lindenplatz, Bad Sassendorf

Juliane Pietschmann: Institut für Biomechanik, Klinik Lindenplatz, Bad Sassendorf, Universität Paderborn, Department Sport & Gesundheit, Paderborn

Einleitung

Erfreulicherweise nimmt die Zahl der Fahrradfahrer zu [16], was aus gesundheitlichen, ökologischen und verkehrstechnischen Gründen sehr begrüßenswert ist. Leider ist damit auch die jährliche Zahl der Verletzungen beim Radfahren von 70.714 (im Jahr 1991) auf 79.609 (2017) angestiegen [13], wenn auch die Zahl der Getöteten von 924 (im Jahre 1991) auf 382 (im Jahr 2017) reduziert wurde [13]. Die Lokalisation von Verletzungen beim Radfahren wird mit 42–64 % für die obere Extremität und den Schultergürtel, mit 20–24 % für die untere Extremität, für 13,6–23 % für den Kopf und 0–24 % für den Rumpf angegeben [15]. Schwere Verletzungen betreffen meist die oberen Extremitäten und den Kopf [5]. Bei den tödlichen Unfällen liegen meist Schädel-Hirn-Verletzungen (fast immer Radfahrer ohne Helm) vor [15].

Frakturen der unteren Extremität, und insbesondere der Becken-Hüftregion, sind bei jungen und mittelalten Radfahrern (27–60 Jahre) selten, wobei es sich dabei in etwa gleicher Häufigkeit um mediale und pertrochantäre Frakturen handelt [18]. Allerdings treten auch beim professionellen Rennradfahren Hüftfrakturen auf, in der Presse wurden u.a. beispielsweise Ashleigh Moolman-Pasio 2016 (Kollision mit parkendem Motorrad), Arnold Fiek 2016 (Sturz 12 Meter tief in den Luganer See), Alexander Winokurow 2011 (9. Etappe Tour de France) erwähnt.

Methodik und Ergebnisse

Gruppe Fahrradfahrer

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