Übersichtsarbeiten - OUP 05/2015

Sport(therapie) und Arthrose

I. Krauß1, P. Janßen1

Zusammenfassung: Sporttherapie bei Arthrose an Hüft- und Kniegelenk ist evidenzbasiert, leitlinienkonform sowie nebenwirkungsarm und stellt damit eine grundlegende Therapieform dar, die nach Verordnung durch den behandelnden Arzt sowie professioneller Anleitung eigenverantwortlich vom Patienten durchgeführt werden kann. Bei der Beratung und Betreuung des Patienten können hierbei individuelle Möglichkeiten und Präferenzen berücksichtigt werden, da sowohl für die Wassertherapie, als auch für Kraft- und Ausdauertraining und Tai Chi positive Behandlungseffekte in Hinblick auf Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung nachgewiesen werden konnten. Einer hinreichenden Belastungsdosierung sowie langfristigen Trainingscompliance ist hierbei Rechnung zu tragen.

Schlüsselwörter: Coxarthrose, Gonarthrose, Risikofaktoren, Sporttherapie, Dosierung, Sportempfehlung

Zitierweise
Krauß I, Janßen P: Sport(therapie) und Arthrose.
OUP 2015; 05: 230–235 DOI 10.3238/oup.2015.0230–0235

Summary: Exercise therapy for hip and knee osteoarthritis is evidence based and adverse events are rare. It is a patient-driven therapy option and therefore especially valuable in the treatment of chronic diseases. International guidelines therefore recommend this therapeutic option as a core-treatment for osteoarthritis. As aquatic exercises as well as land-based exercises such as resistence training, aerobic exercises and tai chi are effective, individual preferences and environmental factor such as access to exercise facilities and providers can be taken into account. For all interventions adequate exercise dosage and long-term adherence are pre-requisites for an efficient training regime.

Keywords: osteoarthitis, knee osteoarthritis, risk factors,
exercise therapy, dosage, exercise recommendation

Citation
Krauß I, Janßen P: Exercise therapy and osteoarthritis.
OUP 2015; 05: 230–235 DOI 10.3238/oup.2015.0230–0235

Sport als potenzieller
Risikofaktor der Gon- und Coxarthrose

Die Ätiologie der Arthroseentstehung ist bis heute nicht vollständig geklärt. Allgemein werden primäre und sekundäre Formen der Arthrose unterschieden. Während bei der ideopathischen Form keine Grunderkrankung vorliegt, sind die Gründe für die sekundäre Form vielfältig [1]. Eine wichtige Ursache der Arthrose kann die repetitive Überlastung des betroffenen Gelenks sein. Diskutiert werden hierbei unter anderem die Überlastungen durch entsprechend hohe körperliche Aktivität.

In einer Kohortenstudie mit 50.034 Personen konnte ein Zusammenhang zwischen beruflich hoher körperlicher Belastung und dem Auftreten einer primären Arthrose der Hüftgelenke festgestellt werden. Kein Zusammenhang fand sich in dieser Studie hingegen zwischen primärer Coxarthrose und Sport als Freizeitaktivität [2].

Wissenschaftliche Erkenntnisse über den Einfluss sportlicher Aktivität auf die großen Gelenke liegen fast ausschließlich für den Leistungssport vor. Schmitt unterscheidet exogene und endogene Faktoren bezogen auf die Ursache degenerativer Gelenkerkrankungen nach Leistungssport. Dabei werden als endogene Faktoren unter anderen die familiäre Disposition, die Achsverhältnisse und die Belastungsfähigkeit des Knorpels genannt. Als exogene Faktoren, auf die im Weiteren Bezug genommen werden soll, werden Verletzungen, sportartspezifische Belastungen und die Intensität der Belastung aufgelistet [3].

Bezogen auf eine mögliche Cox- bzw. Gonarthroseentstehung zeigen vor allem die High-Impact-Sportarten, d.h. Sportarten mit einer hohen Intensität und hohen Stoßbelastungen auf den Bewegungsapparat sowie repetitive Belastungen, ein erhöhtes Risiko [3].

Eine Untersuchung an ehemaligen schwedischen Spitzensportlern zeigte ein 1,9-fach erhöhtes Risiko für das Entstehen einer Gonarthrose sowie ein 2-fach erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Coxarthrose im Vergleich zur Kontrollgruppe. Noch höher lag das Risiko mit 2,5-fach höherer Wahrscheinlichkeit für die Implantation einer Hüfttotalendoprothese im Vergleich zur Kontrollgruppe. Betroffen waren in dieser Studie ebenfalls vorwiegend Sportler, die High-Impact-Sportarten durchführten (Fußball, Handball, Eishockey) [4].

Viele Studien weisen darauf hin, dass der Beginn der intensiven sportlichen Betätigung eine wesentliche
Rolle spielen kann. Wird die sportliche Belastung bereits im Jugendalter vor Verschluss der Epiphysenfugen durchgeführt, so kann es zu Veränderungen am Knochenwachstum sowie im Bereich der Epiphysen kommen [5, 6].
Siebenrock und Schwab [7] konnten in einer Untersuchung an jungen Elite-Basketballern zeigen, dass sich besonders in der Gruppe der Sportler mit noch offenen Epiphysenfugen im Bereich der Femurepiphyse signifikante Veränderungen im Vergleich zur Kontrollgruppe darstellen. Die Leistungsbasketballer weisen hierbei eine deutlich vermehrte Extension der Epiphyse im Sinne einer CAM-Deformität auf. Ähnliche Ergebnisse fanden sich auch bei jugendlichen Fußballspielern, die im Vergleich zur Kontrollgruppe einen signifikant höheren Alpha-Winkel und damit ebenfalls eine CAM-Deformität aufweisen [8]. Das Risiko, aus dieser Deformität heraus ein femoroacetabuläres Impingement und damit eine Prä-Arthrose zu entwickeln, liegt auf der Hand.

Die während der sportlichen Aktivität erlittene Verletzung stellt jedoch den größten Risikofaktor für die Entstehungen einer sportbedingten Arthrose dar. Zwei Drittel von über 200.000 Sportverletzungen in Deutschland, die von 1987 bis 2012 erfasst wurden, traten in High-Impact-Sportarten (Fußball, Handball, Basketball und Volleyball) auf. Während der Anteil der Sprunggelenkverletzungen sank, stieg der Anteil der Knieverletzungen auf 20,3 % [9]. Weltweit treten jährlich über 2 Millionen Rupturen des vorderen Kreuzbands (VKB) auf. Das Risiko, eine Gonarthrose nach einer VKB-Ruptur zu entwickeln, liegt bei noch intaktem Innenmeniskus bei 14–26 %.
Eine VKB-Ruptur in Kombination mit einer Meniskusläsion erhöht das Risiko einer Gonarthrose signifikant (37 %) [10]. Gelber konnte in einer Langzeitstudie (mittleres Follow-up von 36 Jahren) zeigen, dass Probanden, bei denen sich eine Knieverletzung in der Anamnese vorfand, eine mehr als doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit für eine Gonarthrose aufwiesen, als verletzungsfreie Probanden [3,11]. Auch eine verbleibende Gelenkinstabilität nach Weichteilverletzungen kann das Risiko einer Arthrose erhöhen [12].

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6