Übersichtsarbeiten - OUP 05/2015

Sport(therapie) und Arthrose

Sporttherapie ist sowohl an Land als auch im Wasser möglich. Dabei kann das Training in der Gruppe, in einer individuellen 1:1-Betreuung, in Eigenregie als Heimtraining oder in kombinierter Form erfolgen. Obwohl die Durchführung der Sporttherapie mittel- und langfristig vom Patienten eigenverantwortlich übernommen werden sollte, ist
insbesondere zu Beginn eine professionelle Einweisung in das Training ratsam, um unphysiologische Belastungen zu vermeiden sowie trainingswirksame Reize zu setzen und damit auch Angaben zu Umfang, Dauer, Frequenz und Intensität der Therapie zu definieren. Zudem können gerade zu Beginn der Therapie durch eine therapeutische Betreuung Rückfragen zur Übungsausführung und zu möglichen Beschwerden während oder nach der Therapie etc. beantwortet werden. Die Wahl der Angebotsform sollte hierbei auch in Abhängigkeit der persönlichen Voraussetzungen und Präferenzen des Patienten gewählt werden, da die Motivation zur Initiierung und Beibehaltung des Trainings individuell sehr unterschiedlich sein kann. Gleiches gilt für die bewegungsbezogene Selbstwirksamkeit sowie bestehende Unsicherheiten in Hinblick auf Bewegung und Sport und die Angst vor einer Beschwerdezunahme durch Bewegung. Eher unsichere bzw. unselbstständige Personen sollten deshalb insbesondere zu Beginn der Therapie enger betreut werden.

Verhaltensbezogene
Bewegungstherapie

Erst durch die Ermutigung zur Aufnahme und Beibehaltung eines regelmäßigen körperlichen Trainings kann dieses auch wirken [16]. Neben der verbalen Unterstützung und Motivation des Patienten zur Lebensstiländerung können verschiedene verhaltensbezogene Instrumente genutzt werden, um die Initiierung und Aufrechterhaltung eines körperlich aktiven Lebensstils zu
erleichtern und Barrieren, die der sportlichen Aktivität im Wege stehen könnten, zu überwinden. Hierzu gehören beispielsweise die Wissensvermittlung zur Belastungs- und Trainingssteuerung, das Setzen von Aktivitätsplänen, die Formulierung von konkreten Bewegungsplänen, das Monitoring bzw. die Selbstbeobachtung per Trainingstagebuch und auch die Benennung möglicher Barrieren sowie die Formulierung gezielter Bewältigungsstrategien, um diese zu überwinden. Eine detaillierte Übersicht sowie allgemeine Empfehlungen für die verhaltensbezogenen Bewegungstherapie finden sich bei Geidl et al. [32].

Präoperatives Training zur Verbesserung der
postoperativen Situation

Je besser die körperliche Konstitution eines Menschen direkt vor einem operativen Eingriff ist, desto schneller erholt er sich auch nach der Operation und wartet zudem mit besseren physischen Kennzahlen auf. Diese grundsätzliche Aussage ist auf Anhieb plausibel. Trotz zum Teil unklarer Studienlage werden sporttherapeutische Interventionen im Vorfeld der Operation empfohlen, da sie sowohl prä- als auch postoperativ die Schmerzen reduzieren und die körperliche Funktionsfähigkeit verbessern können. Auch der stationäre Aufenthalt kann durch ein präoperatives Training verkürzt werden [33]. Gerade für ältere Personen erscheint die physische Vorbereitung auf den operativen Eingriff besonders wichtig, da diese Personengruppe ein erhöhtes Risiko für nicht zufriedenstellende postoperative Ergebnisse hat [34]. Auch bei älteren Patienten hat ein 3–6-wöchiges präoperatives Training positive Auswirkungen auf das kardiopulmonale System, die Muskelkraft, die Balance und die Gehgeschwindigkeit [34]. Bei adipösen Patienten sollte zudem berücksichtigt werden, dass eine präoperative Gewichtsreduktion das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen während bzw. im Anschluss an die Operation verringern kann [33].

Beispiele evidenzbasierter sporttherapeutischer
Interventionen

Eine Übersicht über die grundlegenden Interventionsformen wissenschaftlich evaluierter Trainingsprogramme bei Hüft- und Kniearthrose findet sich in der Literatur [24]. An dieser Stelle seien zudem 2 Beispiele sporttherapeutischer Interventionen genannt, deren Wirksamkeit im Rahmen kontrolliert-randomisierter Studien nachgewiesen werden konnte und die zudem inhaltlich in der Literatur hinterlegt sind. So konnten Svege et al. zeigen, dass Patienten nach einer sporttherapeutischen Intervention im Vergleich zu einer Kontrollgruppe im Langzeitverlauf seltener mit einem künstlichen Hüftgelenk versorgt wurden. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass Sporttherapie bei Arthrose möglicherweise auch die Progredienz der Erkrankung verzögern kann [35, 36]. Auch das Tübinger Hüftkonzept wurde im Rahmen einer plazebo-kontrollierten Studie an mehr als 200 Coxarthrosepatienten evaluiert. Die 12-wöchige sporttherapeutische Intervention führte sowohl im Vergleich zu einer mit Scheinultraschall behandelten Gruppe, als auch zur Kontrollgruppe zu einer Schmerzreduktion und verbesserte die körperliche Funktionsfähigkeit [20, 37, 38].

Kontraindikationen

Sporttherapie kann nicht bzw. nicht ohne Einschränkung bei Patienten mit Instabilitäten des Bewegungsapparats, die mit einer Entlastung oder Teilbelastung einhergehen, durchgeführt werden. Gleiches gilt bei Vorliegen einer instabilen Verankerung eines bereits implantierten künstlichen Gelenkersatzes, bei radiologischen Zeichen einer Prothesenlockerung, Gelenkinfektion oder Gelenkluxation. Davon abweichend können im Rahmen rehabilitativer Maßnahmen ausgewählte und therapeutisch indizierte Maßnahmen aus dem Bereich der Sporttherapie genutzt werden (z.B. Bewegungsbad bei Teilentlastung).

Bei bestehenden Komorbiditäten sind die jeweiligen krankheitsbedingten Einschränkungen der Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparats sowie der Belastungsfähigkeit des Herz-Kreislaufsystems zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für kardio-vaskuläre Grunderkrankungen, die eine hochgradig verminderte Belastungsfähigkeit im Alltag mit sich bringen.

Nebenwirkungen und
Umgang mit Schmerzen

Grundsätzlich handelt es sich bei der Sporttherapie um eine nebenwirkungsarme Therapieform. Insbesondere zu Beginn des Trainings kann es jedoch zu einer moderaten Schmerzzunahme kommen [36]. Auch Muskelkater kann bei Patienten mit begrenzten sportlichen Vorerfahrungen Empfindungen auslösen, die sie nicht zuordnen können. Der Aufklärung des Patienten zu möglichen Schmerzen kommt deshalb bei der Aufnahme des Trainings ein besonderer Stellenwert zu. Dies ist Aufgabe des Arztes und Therapeuten.

Prinzipiell sollten folgende Grundsätze beim Umgang mit Schmerzen während und nach der Sporttherapie berücksichtigt werden [36]:

Während und nach dem Training kann es zu einer leichten Schmerzzunahme durch die Belastung kommen. Diese sollte am Folgetag wieder abgeklungen sein.

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