Originalarbeiten - OUP 07-08/2013

Stellenwert der Hüftarthroskopie

Am Hüftgelenk stehen die degenerativen Knorpelläsionen im Vordergrund. Es gelten hier die gleichen Prinzipien wie in anderen Gelenken. Bei fortgeschrittenen Veränderungen mit deutlicher Gelenkspaltverschmälerung < 2 mm, Inkongruenz von femoraler und azetabulärer subchondraler Grenzlamelle, doppelter Bodenbildung der Fossa acetabuli, Vorliegen subchondraler Zysten und deutlicher Bewegungseinschränkung sollte nicht mehr die Indikation zum arthroskopischen Debridement gestellt werden. Zum einen ist der arthroskopische Zugang zum Hüftgelenk aufgrund der Kapselfibrose und Bewegungseinschränkung deutlich erschwert, zum anderen eine Besserung meist nur temporär. Die Entscheidung für eine arthroskopisches Debridement ist jedoch in Abhängigkeit von Alter und röntgenologischem Befund individuell zu treffen.

Bei initialen oder moderaten degenerativen Veränderungen gibt es häufig Indikationen zum arthroskopischen Vorgehen. Nicht selten finden sich assoziierte pathologische Veränderungen wie freie osteochondrale Fragmente, degenerative Rupturen des Lig. capitis femoris [28], Läsionen des Labrum acetabulare, reaktiv-entzündliche Veränderungen der Gelenkschleimhaut und mechanisch störende Osteophyten [13]. So wie in anderen Gelenken kann ein arthroskopisches Debridement mit entsprechender Behandlung der assoziierten Läsion zur deutlichen und anhaltenden Besserung der Beschwerden führen [13]. Bei degenerativen Veränderungen und gleichzeitiger deutlicher Deformität wie bei einem ausgeprägten femoroazetabulären Impingement oder nach einem M. Perthes oder einer Epiphyseolysis capitis femoris kann dagegen auch ein offenes Vorgehen empfehlenswert sein, um die mechanische Situation des Gelenks effizient zu verbessern. In diesen Fällen sind die Möglichkeiten des arthroskopischen Rekonturierens eingeschränkt. Gelegentlich bietet die Arthroskopie die Möglichkeit, den Schweregrad und die Ausdehnung der degenerativen Veränderungen zu beurteilen. Nicht selten findet sich bei der Arthroskopie ein schlechterer Zustand des Gelenkknorpels, als präoperativ zu vermuten gewesen wäre. In solchen Situationen kann die Arthroskopie helfen, die Entscheidung für einen früheren endoprothetischen Ersatz zu stellen.

Ruptur des Ligamentum
capitis femoris

Die genaue Funktion des Ligamentum capitis femoris bleibt unbekannt. Während die zentrale Arterie intrauterin für die Vaskularisation der Femurepiphyse noch wichtig ist, wurde in anatomischen Studien gezeigt, dass sie beim Erwachsenen keine Rolle mehr spielt [23]. Immunohistochemische Studien zeigten eine hohe Anzahl freier Nervenendigungen, welche auf eine vorwiegend propriozeptive Funktion des Ligaments hinweisen [34].

Rupturen des Lig. capitis femoris spielen eine nicht unerhebliche klinische Rolle. Es ist dabei unbedingt zu berücksichtigen, dass diese sowohl traumatischer als auch nichttraumatischer Genese sein können [10, 28]. Bei Hüftluxationen kommt es wahrscheinlich ausnahmslos zu einer Komplett- oder zumindest Teilruptur des Lig. capitis femoris. Rotationsverletzungen mit möglichen Subluxationen führen wahrscheinlich recht häufig zu Distorsionen, Partial- und sogar Komplettrupturen des Ligaments. Hier steht wahrscheinlich ursächlich das Außenrotationstrauma als Ursache im Vordergrund. Auch chronische Mikrotraumata müssen als mögliche Ursache bedacht werden [33]. Bei den nichttraumatischen Rupturen stehen Hüftdysplasien und Kopfdeformitäten nach einem M. Perthes an erster Stelle (Abb. 7a–b). Bei der Hüftdysplasie und dem Verdacht auf ein zentrales Fossa-Impingement durch ein rupturiertes Lig. capitis femoris sollte vor einer Umstellungsosteotomie eine Arthroskopie erfolgen, um ein schlechtes Ergebnis durch ein mechanisch irritierendes rupturiertes Lig. capitis femoris vorzubeugen.

Insbesondere auch im Hinblick auf die präoperativ oftmals unklare Diagnose ist der Verdacht auf eine Ruptur des Lig. capitis femoris eine Indikation für die arthroskopische Intervention. Arthroskopisch muss das Ligament unter Innen- und Außenrotation inspiziert werden. Bei Außenrotation spannt es sich größtenteils an, bei Innenrotation erschlafft es. Die vollständige arthroskopische Entfernung gelingt über das Einbringen von abgewinkelten Shavern und steuerbaren Radiofrequenzinstrumenten über das ventrale und dorsolaterale Portal. Die Ergebnisse der arthroskopischen Resektion sind bei guten Knorpelverhältnissen exzellent [28].

Synoviale Erkrankungen

Differenzialdiagnostisch müssen neben reaktiven Synovitiden Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, eine synoviale Chondromatose und eine pigmentierte villonoduläre Synovitis (PVNS) berücksichtigt werden.

Die Arthroskopie bietet ein ausgezeichnetes Verfahren zur genauen Inspektion der Gelenkschleimhaut und Biopsie veränderter Areale. Das bei der Anlage des ersten Portals gewonnene Punktat kann zur weiteren Analyse auf Kristalle und Zellen weitergeleitet werden. Darüber hinaus hat sich die arthroskopische Technik so weit entwickelt, dass große Teile der Synovialmembran arthroskopisch entfernt werden können. Die Fossa acetabuli kann fast vollständig synovektomiert werden, mit von außen steuerbaren Hochfrequenzelektroden kann das Pulvinar bis hin zum Lig. transversum entfernt werden (Abb. 8a–b). Wichtig ist auch hier die Kombination des ventralen und dorsolateralen Portals. In der Gelenkperipherie können die ventralen Areale einfach erreicht werden, die dorsomediale Kammer ist dagegen schwer zugänglich.

Auch bei Vorliegen einer synovialen Chondromatose oder PVNS empfiehlt sich primär ein arthroskopisches Vorgehen. Unter Verwendung von dickeren Portalhülsen können auch größere Chondrome entfernt werden, notfalls müssen sie zerkleinert werden (Abb. 3a–b). Im Falle einer PVNS kann präoperativ häufig keine sichere Diagnose gestellt werden. Die Arthroskopie dient damit bei der PVNS zur Biopsie und Diagnosesicherung, zudem kann bei Vorliegen eine lokalen PVNS, sofern der Herd arthroskopisch erreicht werden kann, der PVNS-Herd vollständig entfernt werden.

Stellt sich die Diagnose einer diffusen PVNS, und konnten die knotigen Herde vollständig entfernt werden (sog. „Debulking“), sollte sich nach der arthroskopischen Synovektomie nach etwa 10–12 Wochen eine Radiosynorthese anschließen. Werden knotige Anteile belassen oder liegen extraartikuläre Anteile vor, sollte zweizeitig eine chirurgische Luxation erfolgen, um auch diese Anteile zu erreichen. Mit Ausnahme des flächigen Schleimhautüberzugs des dorsolateralen Schenkelhalsperiosts über den Endästen der A. circumflexa femoris media ist eine radikale Schleimhautentfernung obligat, um die andernfalls meistens rasch progrediente Zerstörung des Gelenks aufzuhalten oder deutlich zu verzögern.

Hüftdysplasie

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6