Originalarbeiten - OUP 12/2013

Verletzungsmuster und präklinische Versorgung von polytraumatisierten Kindern und Jugendlichen

F. Debus1, R. Lefering2, C. A. Kühne1, S. Ruchholtz1

Einleitung: Aufgrund der niedrigen Inzidenz und der anatomischen und physiologischen Besonderheiten ist die präklinische und klinische Versorgung von schwerverletzten Kindern eine große Aufgabe, in welcher viele Unsicherheiten bestehen. Diese Arbeit soll einen Überblick über Verletzungsmuster, Unfallhergang und insbesondere die präklinische Versorgung von schwerverletzten Kindern und Jugendlichen geben.

Material und Methoden: In der vorliegenden Arbeit wurden Daten aus dem TraumaRegister DGU ausgewertet. In die Auswertung wurden alle dokumentieren Fälle der Jahre 1997 bis 2010 mit einem ISS von ? 9 einbezogen. Es erfolgte eine Einteilung in verschiedene Altersgruppen (0–5, 6–10, 11–15, 16–17 und 18–64 Jahre). Alle Fälle wurden auf Verletzungsmuster, Unfallhergang, Letalität und die durchgeführten präklinischen Maßnahmen untersucht.

Ergebnisse: Es konnten 3522 kindliche Polytraumata ausgewertet werden. Der führende Unfallmechanismus war der Verkehrsunfall. Das Verletzungsmuster zeigte sich abhängig vom Alter. Die Gruppe der 0–5-Jährigen bot mit 71,1 % am meisten schwere Kopfverletzungen. Ebenfalls zeigte sich hier mit 16,3 % die größte Letalität. Die Häufigkeit der präklinisch durchgeführten Maßnahmen stieg mit dem Alter. Maßnahmen wie Volumengabe oder Analgosedierung fanden in der Gruppe der 0–5-Jährigen lediglich in 70,5 bzw. 62,8 % statt.

Diskussion: Die erwarteten Unterschiede in Verletzungsmuster und Unfallhergang konnten bestätigt werden. Insbesondere die Gruppe der 0–5-Jährigen zeigt in jeglicher Hinsicht die größten Unterschiede zum schwerverletzten Erwachsenen und bedarf somit besonderer Berücksichtigung. Insbesondere auf nicht zwingend notwendige präklinische Maßnahmen wird bei den Kleinsten offensichtlich verzichtet.

Schlüsselwörter: Polytrauma, Verletzungsmuster, präklinische Versorgung, Kinder

 

Zitierweise

Debus F, Lefering R, Kühne CA, Ruchholtz S. Verletzungsmuster
und präklinische Versorgung von polytraumatisierten Kindern und
Jugendlichen.
OUP 2013; 12: 565–571, DOI 10.3238/oup.2013.0565–0571

Introduction: Due to the low incidence and the anatomical and physiological characteristics preclinical and clinical care for severely injured children is a big challenge. There are many uncertainties in treatment of these cases. This work provides an overview of patterns of injury, accident circumstances and the prehospital care.

Materials and Methods: All data were taken from the DGU trauma registry. In the analysis all documented cases of the years 1997–2010 with ISS ? 9 were included. All cases got classified in different age groups (0–5, 6–10, 11–15, 16–17 and 18–64 years) . After that we examined the data for patterns of injury, accident circumstances, mortality and prehospital performance.

Results: There were 3522 cases of severely injured children. The leading mechanism of accident was traffic accident. The injury pattern depended on age. With 71,1 % the group of 0–5 year olds showed most severe head injuries, as well as the highest mortality of all groups (16,3 %). The frequency of prehospital interventions increased with age. Volume resuscitation or analgosedation were only performend in 70,5 and 62,8 % in the group of 0–5 year old children.

Discussion: The expected differences in injury patterns and circumstances of the accident were confirmed. In particular, the group of 0–5 year olds showed the greatest differences for seriously injured adults in all aspects. Therefore these group needs a special attention. There are some prehospital interventions which are not performed in the group of the 0–5 year old children.

Keywords: multiple trauma, pattern of injuries, prehospital treatment, children

 

Citation

Debus F, Lefering R, Kühne CA, Ruchholtz S. Pattern of injuries and prehospital treatment of multiple injured children.

OUP 2013; 12: 565–571, DOI 0.3238/oup.2013.0565–0571

Einleitung

Sowohl die präklinische als auch die klinische Versorgung von schwerverletzten Kindern ist fachlich, aber auch emotional eine große Herausforderung für alle Beteiligten [1]. Insbesondere die präklinische Versorgung durch den Notarzt kann aufgrund der recht niedrigen Inzidenz und der somit mangelnden Erfahrung zu Schwierigkeiten führen [2]. Die Versorgung am Unfallort wird durch Ärzte aus verschiedenen Fachrichtungen durchgeführt, welche u.U. nicht häufig mit der Versorgung von Kindern konfrontiert sind. Je älter die Kinder sind, desto größer wird die Sicherheit der versorgenden Notärzte in der Behandlung [3]. Die Anzahl der pädiatrischen Notfälle stellt mit ca. 6 % nur einen Bruchteil des notärztlichen Gesamtaufkommens dar. Dazu kommt, das von dieser geringen Anzahl an pädiatrischen Notfällen nur wenige aus dem Bereich der Traumatologie kommen.

In den letzten Jahren ist die Anzahl an im Straßenverkehr verunglückten und verletzten Kindern erstmals wieder gestiegen. Insgesamt verunglückten 30.633 Kinder unter 15 Jahren, 86 Kinder verunglückten tödlich [4]. Dementsprechend werden Notärzte, aber auch die Schockraumteams in den Kliniken wieder häufiger mit der Versorgung von schwerverletzten Kindern konfrontiert.

Um die Versorgung dieser Patienten gewährleisten zu können, ist es wichtig zu wissen, welche Unterschiede im Vergleich zu schwerverletzten Erwachsenen zu erwarten sind.

Methoden

Die in diesem Artikel präsentierten Daten wurden dem TraumaRegister der DGU (TR-DGU) entnommen. Hier werden seit 1993 prospektiv die Daten von schwerverletzten Patienten erfasst. Dokumentiert werden verschiedenste Scores, Parameter, Vital- und Laborwerte, aus denen im Anschluss national und international anerkannte Scores wie beispielsweise der Revised Injury Severity Classification Score (RISC-Score) [5] errechnet werden. Die vorhandenen Daten aus den Jahren 1997–2010 wurden ausgewertet. In die Auswertung wurden alle dokumentierten Fälle mit einem ISS ? 9 eingeschlossen. Die Patienten wurden in unterschiedliche Altersgruppen unterteilt und hinsichtlich der Verletzungsmuster, des Unfallhergangs und der präklinischen Versorgung untersucht. Zudem erfolgte eine ausführliche Aufarbeitung der präklinisch durchgeführten Maßnahmen. Es fand eine Beschränkung auf die primär deskriptive Auswertung statt.

Ergebnisse

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