Originalarbeiten - OUP 12/2013

Verletzungsmuster und präklinische Versorgung von polytraumatisierten Kindern und Jugendlichen

Jedoch ist auch nicht zu vergessen, dass insbesondere die 0–5-Jährigen ihre Schmerzen nicht in derselben Art und Weise äußern wie Erwachsene und deshalb die Symptomatik eventuell unterschätzt wird. Die Intubation und die Anlage einer Thoraxdrainage sind Maßnahmen, welche vital bedrohliche Umstände abwenden können. Auch hier zeigt sich, dass diese in den jüngeren Altersgruppen seltener durchgeführt werden, allerdings ist der Unterschied zwischen den einzelnen Gruppen hier nicht so deutlich. Zwar werden die 0–5-Jährigen mit 43,7 % anteilmäßig am wenigsten intubiert, dieser Anteil steigt jedoch in der Gruppe der 6–10-Jährigen schon fast auf die Rate der Erwachsenen. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass lebenswichtige Maßnahmen, trotz der eventuell bestehenden Unsicherheiten, durchgeführt werden. Die Anzahl der präklinisch gelegten Thoraxdrainagen ist insgesamt sehr niedrig. Der geringere Anteil bei den jüngeren Kindern lässt sich durch das seltene Auftreten auf thorakalen Verletzungen erklären.

Betrachtet man die präklinische Versorgungszeit, so zeigt sich zwischen den 0–5-Jährigen und den 6–10-Jährigen lediglich ein Unterschied von einer Minute. Die geringste Zeit wird bei den 11–15-Jährigen benötigt. Die Gruppe der Erwachsenen und die der 16–17-Jährigen weist mit 72 bzw. 73 Minuten die längste präklinische Zeit auf. Dies lässt sich jedoch mit der Anzahl an zusätzlich durchgeführten präklinischen Maßnahmen erklären.

Fazit

Insgesamt zeigt sich eine geringe Inzidenz an schwerverletzten Kindern und Jugendlichen. In der Auswertung aus dem TraumaRegister DGU konnten die erwarteten Unterschiede im Vergleich zum Polytrauma des Erwachsenen an einer großen Fallzahl bestätigt werden. Für alle Beteiligten der präklinischen und klinischen Versorgung dieser Patienten ist das Wissen über das zu erwartende Verletzungsmuster essenziell wichtig. Insbesondere die Gruppe der 0–5-Jährigen zeigt sowohl in Verletzungsmuster, Unfallhergang, Letalität und den durchgeführten präklinischen Maßnahmen die größten Unterschiede zum Erwachsenen und bedarf somit besonderer Aufmerksamkeit. Auf additive präklinische Maßnahmen wie Volumengabe und Analgosedierung wird trotz der hohen Verletzungsschwere bei der Gruppe der 0–5-Jährigen häufig verzichtet. Die kann als weiterer Hinweis auf die Unsicherheiten im Umgang mit schwerverletzten Kindern gedeutet werden, welche aufgrund der niedrigen Inzidenz zu erwarten ist und welche schon aus vorausgegangenen Untersuchungen bekannt ist.

 

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Florian Debus

Klinik für Unfall-, Hand- und
Wiederherstellungschirurgie

Universitätsklinikum Gießen und
Marburg GmbH,

Standort Marburg

Baldinger Straße

35043 Marburg

debusfl@med.uni-marburg.de

Literatur

1. Zink W, Bernhard M, Keul W, Martin E, Völkl A, Gries A. Invasive Techniken in der Notfallmedizin. Anaesthesist 2004: 53: 1086–1092

2. Bartels, U. Kindernotfälle. Notarzt. 2001; 17: 31–36

3. Eich C, Roessler M, Timmermann A, Heuer JF, Gentkow U, Albrecht B, Russo SG. Anaesthesist. 2009; Sep; 58: 876–883

4. Verkehrssicherheitsrat Deutschland. Kinderunfälle im Straßenverkehr 2001–2011. www.dvr.de

5. Lefering R. Development and validation of the Revised Injury Severity Classification (RISC) score for severely injured patients. European Journal of Trauma and Emergency Surgery 2009; 35: 437–447

6. Debus F, Lefering R, Frink M, Kühne CA, Mand C, Ruchholtz S. Das Polytrauma von Kindern und Jugendlichen. Unfallchirurg, online first 10/13

7. Buschmann C, Kuhne CA, Losch C, Nast-Kolb D, Ruchholtz S. Major trauma with multiple injuries in German children: a retrospective review. Journal of pediatric orthopedics 2008; 28: 1–5

8. Schalamon J, v Bismarck S, Schober PH, Hollwarth ME. Multiple trauma in pediatric patients. Pediatric surgery international 2003; 19: 417–423.

Fussnoten

1 Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg

2 Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Universität Witten/Herdecke, Köln

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