Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2017

Vordere Kreuzbandruptur – wann ist eine konservative Therapie möglich, wann eine Operation notwendig

Die Verwendung von autologen Sehnen zur Kreuzbandrekonstruktion hat sich weltweit etabliert, die Hamstringsehnen bieten nach Autorenmeinung mehr Vorteile. Es gibt zahlreiche moderne Fixationsverfahren mit guten Nachuntersuchungsergebnissen, entscheidend für das Versagen einer primären VKB-Plastik ist in einem hohen Anteil die fehlerhafte Bohrkanallage [29]. Die neueste Entwicklung der dynamischen intraligamentären Stabilisierung zeigt in den ersten Ergebnissen gute bis sehr gute funktionelle Scores, wobei hier Langzeitdaten noch ausstehen und weitere wissenschaftliche Studien notwendig werden.

Wird das VKB konservativ behandelt, konnten Smith et al. in ihrer Metaanalyse zeigen, dass trotz vermehrter femorotibialer Translation keine signifikanten Funktionseinbußen gegenüber den Patienten auftraten, die einen VKB-Ersatz erhielten [37]. Jedoch fanden sie eine statistische Signifikanz für das frühere Auftreten einer Osteoarthrose in der konservativen Gruppe, respektive spätere Vorhandensein der Osteoarthrose, wenn das vordere Kreuzband rekonstruiert wurde.

Schlussfolgerung

Die VKB-Ruptur führt bei Erwachsenen zu einem erheblichen strukturellen Schaden und meistens zu einer konsekutiven Instabilität. Bei niedriger sportlicher Aktivität und körperlich nicht anspruchsvollen Berufen kann eine konservative Therapie begonnen werden, sollten auch zeitgleich im MRT keine Begleitverletzungen zu finden sein. Bei sehr aktiven Patienten und beruflich körperlicher Tätigkeit ist oft eine VKB-Plastik notwendig, um die Kniefunktion wiederherzustellen und Folgeschäden an Knorpel oder Menisken zu verhindern bzw. hinauszuzögern [35]. Liegen Multiligamentverletzungen oder begleitende Meniskus- oder Knorpelschäden vor, kann eine frühe Intervention notwendig sein. Bei Kindern und Jugendlichen mit offenen Wachstumsfugen führt die erhöhte körperliche Aktivität und geringere Compliance zu einer Schädigung der Menisken und Knorpel, deshalb ist gerade bei diesen jüngeren Patienten eine VKB-Plastik eher anzustreben [1]. Die Entwicklung einer Osteoarthrose hängt von den Begleitverletzungen ab. Bei konservativem Vorgehen verbleibt eine Restinstabilität, die auch bei bester Funktionalität im Verlauf zu Begleitverletzungen führen kann, spätestens zu diesem Zeitpunkt muss sekundär eine VKB-Plastik durchgeführt werden. Es bleibt in der aktuellen Literatur kontrovers, ob eine primäre VKB-Plastik das Auftreten von Begleitverletzungen verzögert respektive die Entwicklung einer Osteoarthrose.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Christian Sobau

Arcus Sportklinik Pforzheim

Rastatter Str. 17–19

75179 Pforzheim

sobau@sportklinik.de

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