Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2016

Arthroskopische Hüftreposition zur Behandlung der Hüftluxation im Säuglings- und Kleinkindalter

Oliver Eberhardt1, Francisco F. Fernandez1, Thomas Wirth1

Zusammenfassung: In dieser Arbeit berichten wir über unsere Erfahrungen mit der arthroskopischen Hüftreposition im Säuglings- und Kleinkindalter. Dieses Verfahren wurde als Alternative zur offenen Reposition entwickelt und im Jahre 2009 erstmalig angewandt. Seitdem wurde bei mehr als 30 Hüftgelenken eine arthroskopische Reposition durchgeführt. Die Daten in dieser Arbeit basieren auf den Ergebnissen der bisherigen Publikationen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit der von uns dargestellten standardisierten Operationstechnik
eine arthroskopische Reposition sicher durchführbar ist. In der Gruppe der Hüftluxationen im Sinne einer DDH können bei nicht möglicher geschlossener Reposition mit dieser
Methode gute Resultate erzielt werden. Für teratologische Luxationen würden wir nach den derzeitigen Erkenntnissen ein offenes Verfahren mit Verkürzungsosteotomie zu einem späteren Zeitpunkt empfehlen. Weitere mittelfristige Ergebnisse sind vor allem auch zur Beurteilung leichterer Hüftkopfveränderungen bzw. Hüftkopfnekrosen notwendig, die erst später sichtbar werden.

Schlüsselwörter: Hüftarthroskopie, DDH, Hüftluxation, Hüftreposition, arthroskopische Reposition

Zitierweise
Eberhardt O, Fernandez FF, Wirth T: Arthroskopische Hüftreposition zur Behandlung der Hüftluxation im Säuglings- und Kleinkindalter. OUP 2016; 7/8: 420–425 DOI 10.3238/oup.2016.0420–0425

Summary: In this paper we report about our experience with arthroscopic reduction for the treatment of dislocated hips in infants and young children. A standardized technique with safe portal placement was developed using a cannulated mini-hip arthroscopy device.

In conclusion, arthroscopic reduction with the presented standardized technique is a safe surgical procedure. In the developmental dislocations of the hip promising results could be expected. For teratogenic dislocations we could not recommend arthroscopic reduction. For this group with high dislocations, open reduction with femoral shortening is still the treatment of choice. Longer follow-up periods are necessary to evaluate the functional results.

Keywords: hip arthroscopy, DDH, dislocated hip, hip reduction, arthroscopic reduction

Citation
Eberhardt O, Fernandez FF, Wirth T: Arthroscopic reduction for the treatment of dislocated hips in infants and young children.
OUP 2016; 7/8: 420–425 DOI 10.3238/oup.2016.0420–0425

Einleitung

Die Hüftluxation im Säuglingsalter gehört zu den klassischen Erkrankungen der Kinderorthopädie. Die geschlossene Reposition mit Retention in einem Beckengips steht bei Durchführung eines konsequenten Hüftscreenings in der Therapie an erster Stelle und ist sehr erfolgreich [1].

Bei einer geringen Anzahl von angeborenen Hüftluxationen gelingt jedoch keine geschlossene Reposition. Eine konservative Therapie ist damit nicht möglich. Für diese Fälle ist die offene chirurgische Reposition des Hüftgelenks über einen medialen oder inguinalen Zugang derzeit weiterhin das Standardverfahren [2]. Dabei werden sowohl der Operationszeitpunkt als auch der Operationszugang kontrovers diskutiert [3, 4].

Wir berichteten 2012 erstmalig über ein standardisiertes arthroskopisches Verfahren zur Reposition luxierter Hüftgelenke im Säuglingsalter [5]. Die beschriebene Technik wurde seither von uns sowohl im Säuglings- als auch im Kleinkindalter angewandt. In dieser Arbeit werden unsere Erfahrungen seit 2009 beschrieben. Die arthroskopische Anatomie luxierter Hüftgelenke, die Operationstechnik und die Ergebnisse aus 3 Publikationen werden zusammengefasst [5, 6, 7].

Portalanatomie,
arthroskopische Anatomie und Operationstechnik

Portalanatomie

Die Operation erfolgt in einer Zwei-Portal-Technik. Verwendet wird ein 2,7 mm kanüliertes Mini-Hüftarthroskopieinstrumentarium der Firma Wolf. Als Portale dienen ein anterolaterales und ein mediales Subadduktor-Portal.

Subadduktor-Portal: Das mediale Subadduktor-Portal entspricht dem Zugang einer kaudalen Arthrografie und befindet sich jeweils 1 cm lateral und anterior des Tuber ischiadicum in einer tastbaren Lücke zwischen ischiokruraler Muskulatur und den Adduktoren. Über das Subadduktor-Portal wird das Arthroskop eingeführt.

Anterolaterales Portal: Das anterolaterale Portal liegt 1–2 cm distal der Spina iliaca ant. sup. und 1 cm lateral einer Linie zwischen der Spina iliaca ant. sup. und der Patellamitte. Dieses Portal dient als Arbeitsportal.

Diagnostische Arthroskopie

Die Operation erfolgt in Rückenlage. Das Becken wird unterlagert. Die Abdeckung erfolgt mit einem U-Tuch. Optional können auch beide Hüften abgedeckt werden. Der Beckenkamm sollte im OP-Gebiet frei sein. Der Assistent hält das Bein in einer 90°-Flexions- und 50–60°-Abduktionsstellung.

Zunächst wird über einen kaudalen Zugang (späteres Subadduktor-Portal) eine Arthrografie durchgeführt. Dabei sollte die Nadelspitze auf den lateralen Azetabulumrand zielen. Anschließend wird über die eingebrachte Nadel ein flexibler Draht in das Hüftgelenk eingeführt. Dieser dient als Führungsdraht für den kanülierten Trokar (Abb. 1).

Die Arthroskopie mit einer 70°-Optik beginnt mit einem diagnostischen Rundweg. Die Kamera wird zunächst nach lateral gedreht. Der Blick nach lateral zeigt den hinteren Pfannenrand, das Lig. teres mit seinem Ansatz am Hüftkopf und den Hüftkopf, welcher zumeist nach dorsokranial luxiert ist. Die Kamera wird dann nach medial gedreht. Dem Lig. teres folgend wird die Pfanne sichtbar.

Arthroskopische Anatomie

Bei der Hüftarthroskopie der luxierten Hüfte ist die klassische arthroskopische Anatomie aufgehoben. Es existiert kein zentrales und kein peripheres Kompartiment im eigentlichen Sinne, da der Hüftkopf ins periphere Kompartiment luxiert ist. Zudem kann eine Kapselkonstriktion zwischen dem Hüftkopf und dem Pfanneneingang die arthroskopische Anatomie verändern. Der Hüftkopf ist dann nur über eine kleine Kapselöffnung hinter dem dorsalen Pfannenrand zu identifizieren. In der Regel zeigt sich der komplett knorpelige Hüftkopf nach dorsokranial luxiert und weist am Übergang zum Schenkelhals einen synovialen, vaskularisierten Ring auf (Abb. 2) [7, 10].

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