Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2016

Arthroskopische Hüftreposition zur Behandlung der Hüftluxation im Säuglings- und Kleinkindalter

2. Hüftluxationen im Sinne einer DDH, arthroskopische Reposition mit Azetabuloplastik (n = 9,
Altersgruppe 14–41 Monate)

Es handelte sich um 9 Kinder mit 9 Hüftluxationen. Nach der radiologischen Einteilung von Tönnis zeigten sich eine Typ-4- und 4 Typ-3-Hüften sowie 4 Typ-2-Hüften. Das Alter bei arthroskopischer Reposition lag zwischen 14 und 41 Monaten (Ø 21,4 Monate). Alle Hüftluxationen konnten arthroskopisch reponiert werden. Aufgrund der Pfannendysplasie wurde eine zusätzliche Azetabuloplastik durchgeführt. Auch in diesen Fällen war erst nach einem Kapselrelease, nach Resektion des Pulvinars und des Lig. teres eine Reposition mit tiefer Einstellung des Hüftgelenks möglich. In einem Fall zeigte sich eine Einsenkung im knorpelig präformierten Pfannendach bei nicht invertiertem Labrum. Diese Einsenkung ist als beginnende Entwicklung einer Sekundärpfanne zu deuten. Alle postoperativen MRT-Kontrollen zeigten eine tiefe Zentrierung der Hüftgelenke. Bei keinem der Fälle kam es zu einer Reluxation. Der präoperative AC-Winkel betrug im Durchschnitt 40° (34–47°). Der AC-Winkel bei einem Nachuntersuchungszeitraum von 6–29 Monaten (Ø 15,4 Monate) betrug im Durchschnitt 18,7° (11–27°). Unter Verwendung der Salter-Klassifikation zur Bestimmung einer avaskulären Nekrose zeigten sich bei keiner der Hüften Anzeichen für eine Hüftkopfnekrose; unter Verwendung der Tönnis-Klassifikation 2 Typ-2-Nekrosen [6].

3. Teratologische Hüftluxationen mit arthroskopischer Reposition (n = 6, Altersgruppe 3–10 Monate)

Es handelte sich um 6 Hüftluxationen; ein Kind hatte zusätzlich eine beidseitige Knieluxation, ein anderes Kind außerdem eine beidseitige Klumpfußdeformität. Nach der Graf-Klassifikation waren alle 6 Hüften vom Typ IV. Die radiologische Einteilung von Tönnis ergab bei allen Hüften Typ-4-Hüften (hohe Luxationen). Das Alter bei arthroskopischer Reposition lag zwischen 6 und 10 Monaten (Ø 8 Monate). Alle Hüftluxationen konnten arthroskopisch reponiert werden. Auch in diesen Fällen war erst nach einem Kapselrelease, nach Resektion des Pulvinars und des Lig. teres eine Reposition mit tiefer Einstellung des Hüftgelenks möglich. Alle postoperativen MRT-Kontrollen zeigten eine tiefe Zentrierung der Hüftgelenke. Bei keinem der Fälle kam es zu einer Reluxation. Der präoperative AC-Winkel betrug im Durchschnitt 34,5° (28–40°). Der AC-Winkel bei einem Nachuntersuchungszeitraum von im Durchschnitt 15 Monaten betrug im Mittel 24° (21–26°). Unter Verwendung der Salter-Klassifikation zur Bestimmung einer avaskulären Nekrose zeigten 6 Hüften eine Hüftkopfnekrose. Alle 6 Hüften zeigten eine metaphysäre Verbreiterung [7].

Diskussion

Die meisten Hüftluxationen können im Säuglingsalter geschlossen reponiert und in einem Fettweisgips oder in einer Retentionsschiene ausbehandelt werden. Dennoch verbleiben einige Hüftgelenke, bei welchen eine geschlossene Reposition nicht gelingt. Unterschieden werden müssen Hüftgelenke, welche aufgrund einer noch nicht ausgereiften Pfanne und einer Instabilität luxieren (angloamerik.: DDH = developmental dysplasia of the hip), und Hüftgelenke, welche bereits während der fetalen Phase luxiert sind, sogenannte teratogene Hüftluxationen. Ist bei beiden Arten der Hüftluxation ein Repositionshindernis vorhanden, gelingt eine geschlossene Reposition nicht. Typische Repositionshindernisse sind ein hypertrophes Lig. teres, ein Fettinterponat, die Psoassehne und eine sanduhrförmige Einengung der Gelenkkapsel. Die Standardtherapie bei nicht möglicher geschlossener Reposition ist die offene chirurgische Einstellung mit Beseitigung der Repositionshindernisse über einen inguinalen oder medialen Zugang [2]. Bei Kindern nach dem 2. Lebensjahr erfolgt die offene Hüfteinstellung zusammen mit einer Azetabuloplastik, da eine natürliche Pfannenreifung nicht mehr möglich ist.

Obwohl die Hüftarthroskopie auch in der Kinderorthopädie zunehmend an Bedeutung gewinnt, existierten nur wenige Fallberichte zu arthroskopischen Repositionen von Hüftluxationen im Säuglings- und Kleinkindalter [10, 11, 12, 13, 14].

Erste Berichte über die arthroskopische Anatomie von luxierten Hüftgelenken stammen von Gross aus dem Jahre 1977 [10]. Bulut et al. beschrieben 2005 eine arthroskopisch assistierte Technik [11]. Dabei wurde ein anterolateraler Zugang zur Exposition der Kapsel verwendet, um zunächst eine Psoastenotomie durchzuführen, bevor die Operation arthroskopisch über ein anterolaterales und ein anteromediales Portal fortgesetzt wurde. McCarthy und MacEwen berichteten 2007 über 3 Hüften, welche arthroskopisch über ein anterolaterales und ein posterolaterales Portal behandelt wurden [13]. Wir führten alle arthroskopischen Repositionen über ein mediales Subadduktor-Portal und ein anterolaterales Portal durch. Mit dem von uns verwendeten kanülierten 2,7 mm Arthroskopieinstrumentarium ist die Anlage eines Subadduktor-Portals – wie eine kaudale Arthrografie – einfach durchzuführen. Über das Subadduktor-Portal konnten alle Strukturen des Hüftgelenks dargestellt werden. Alle chirurgischen Maßnahmen konnten über das anterolaterale Portal durchgeführt werden. Im Gegensatz zur Technik von Bulut et al., welche zur Resektion des Lig. teres die Portale wechseln mussten, ist in der von uns beschriebenen Technik ein Wechsel der Portale nicht notwendig. Die Resektion des Lig. teres und des Pulvinars erfolgt ebenso wie das Kapselrelease über das anterolaterale Portal, über welches sowohl der Shaver als auch ein Vaporisator eingeführt werden können. Dieses operative Vorgehen konnte in standardisierter Weise in allen Fällen reproduziert werden. In allen Fällen gelang eine arthroskopische Reposition.

Typische Repositionshindernisse bei Hüftluxationen sind ein hypertrophes Lig. teres, ein Fettinterponat, die Psoassehne und eine sanduhrförmige Einengung der Gelenkkapsel. Dabei können alle Repositionshindernisse in Kombination vorhanden sein.

Ein invertiertes Labrum wird von einigen Autoren beschrieben [15, 16]. Ponseti konnte 1978 ein invertiertes Labrum bei Hüftluxationen bei totgeborenen Kindern nachweisen; eine klinische Relevanz bezüglich des Erfolgs einer Reposition wurde von ihm nicht hergestellt [16]. De Pellegrin et al. sahen 2007 bei 20 Typ-IV-Hüften nach der Graf-Einteilung kein invertiertes Labrum [17]. Auch Graf spricht nie von einem invertierten Labrum. Der Begriff des Limbus wird von ihm ebenfalls vermieden, da keine klare Begriffsdefinition des Limbus vorhanden ist. Vielmehr sollte in der Nomenklatur zwischen dem Labrum acetabulare, dem hyalinknorpelig präformierten Pfannendach und der knöcherne Pfanne unterschieden werden.

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