Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2016

Arthroskopische Hüftreposition zur Behandlung der Hüftluxation im Säuglings- und Kleinkindalter

Das Lig. teres lässt sich vom Hüftkopf zum Pfannengrund in seiner kompletten Ausdehnung verfolgen. Häufig ist es derart hypertrophiert, dass fast die gesamte Pfanne mit dem Ligament ausgefüllt ist (Abb. 3). Außerdem befindet sich in der Pfanne nahezu immer mehr oder weniger Fettgewebe, das sogenannte Pulvinar.

Der knorpelige Pfannenrand ist meist kräftig ausgebildet und darf nicht mit dem Labrum selbst verwechselt werden. Dies ist nur ein schmaler Saum am Rand des knorpeligen Erkers. Insbesondere in der Altersgruppe 14–41 Monate konnten wir sekundäre Veränderungen des knorpeligen Pfannenerkers sehen, welche am ehesten durch den Druck des Hüftkopfs entstehen. Dabei kann der knorpelig präformierte Erker eingedrückt werden oder es sogar zu einer konkaven Mulde in diesem Erker kommen (Abb. 4). Ein invertiertes Labrum allein konnte von uns nicht verifiziert werden [7].

Technik der arthroskopischen Reposition

Es erfolgt zunächst die Anlage eines anterolateralen Portals unter Sicht. Die Inzision des anterolateralen Portals liegt wie beschrieben ca. 1–2 cm distal der Spina iliaca ant. sup. und 1 cm lateral der Verbindungslinie zwischen Spina iliaca ant. sup. und der Patellamitte. Über die Stichinzision wird eine Nadel eingeführt. Diese penetriert die Hüftkapsel zwischen Hüftkopf und Pfannenrand. Nach Einbringen eines Trokars kann eine Führungshülse eingebracht werden. Über diese werden mit dem Shaver das Lig. teres und das Pulvinar reseziert (Abb. 5). Wie bei der offenen Reposition wird das Ligament in die Tiefe der Pfanne verfolgt und vollständig entfernt. Das Fettgewebe in der Pfanne wird ebenfalls mit dem Shaver entfernt, bis der Pfannengrund sichtbar wird (Abb. 6). Gelingt nach Resektion des Lig. teres und des Pulvinars keine Reposition, wird im anterolateralen Kapselbereich ein Release durchgeführt. Anschließend erfolgen die Reposition mit Flexion und Abduktion und die Anlage eines Beckengipses in Fettweisposition.

Patientengut und Ergebnisse

Zwischen 01.01.2009 und 31.12.2013 wurden bei 21 Kindern mit 25 Hüftluxationen Hüftarthroskopien mit arthroskopischer Reposition durchgeführt.

Es handelte sich um Hüftluxationen, welche im Rahmen eines Hüftscrennings diagnostiziert wurden und eine geschlossene Reposition nicht möglich war, und um Hüftluxationen bei Kindern, bei welchen kein Hüftscreening erfolgt war und die Hüftluxation verspätet diagnostiziert wurde. Bei 3 Kindern mit 6 Luxationen handelte es sich um teratologische Hüftluxationen. Alle Kinder hatten einen oder mehrere Versuche einer geschlossenen Reposition. Die Einteilung der Hüftluxation erfolgte mit der Ultraschallklassifikation von Graf und der radiologischen Einteilung von Tönnis [3, 8].

Die Hüftarthroskopie wurde bei allen Kindern in der dargestellten standardisierten Weise durchgeführt. In allen Fällen erfolgte eine arthroskopische Reposition in der beschriebenen Technik. Bei 9 Kindern mit verspäteter Diagnose kam zusätzlich eine Azetabuloplastik hinzu. Zur postoperativen Retention wurde ein Gips in der Fettweisposition angelegt. Im Anschluss wurde in allen Fällen eine Kernspintomografie zur Überprüfung der Zentrierung des Hüftgelenks angefertigt. Die Patientendaten wurden prospektiv erfasst. Prä- und postoperativ wurde der AC-Winkel gemessen. Zur Bestimmung der Hüftkopfnekroserate wurden die Klassifikationen von Salter und von Tönnis verwendet [3, 9].

Resultate

Zwischen 01.01.2009 und 31.12.2013 wurden 21 Kinder mit 25 Hüftluxationen mit einer arthroskopischen Reposition behandelt [7]. Bei 16 Hüftgelenken wurde ausschließlich eine arthroskopische Reposition durchgeführt. Bei 9 Kindern mit verspäteter Diagnose einer einseitigen Hüftluxation erfolgte zusätzlich eine Azetabuloplastik. Es handelte sich um 16 Mädchen und 5 Jungen. Das Alter bei Operation lag zwischen 3 und 41 Monaten (Ø 12,5 Monate). Alle Kinder hatten einen oder mehrere Versuche einer geschlossenen Reposition mit Pavlik-Bandagen- oder Gipsanlage mit oder ohne vorausgegangener Overheadextension. 7 Kinder waren in einer oder mehreren Kliniken vorbehandelt und hatten 1–3 Repositionsversuche hinter sich. Im Rahmen unserer arthroskopischen Repositionen traten keine intraoperativen oder postoperativen Komplikationen wie Infektionen, Blutungen, Hämatome oder Nervenläsionen auf.

Die Ergebnisse werden im Folgenden in 3 Gruppen dargestellt:

  • 1. Hüftluxationen im Sinne einer developmental dysplasia of the hip (DDH) bei erfolgtem Screening und ausschließlich arthroskopischer Reposition (n = 10) [7]
  • 2. Hüftluxationen im Sinne einer developmental dysplasia of the hip (DDH) bei verspäteter Diagnose und arthroskopischer Reposition mit Azetabuloplastik (n = 9) [6]
  • 3. Teratologische Hüftluxationen mit ausschließlich arthroskopischer Reposition (n = 6) [7]

1. Hüftluxationen im Sinne einer DDH bei erfolgtem Screening und arthroskopischer Reposition (n = 10 Hüften, Altersgruppe 3–10 Monate)

Es handelte sich um 8 Kinder mit 10 Hüftluxationen, 7 Mädchen und ein Knabe. Nach der Graf-Klassifikation waren es 10 Hüften mit einem Typ IV; nach der radiologischen Einteilung von Tönnis 6 Typ-4-, 3 Typ-3-Hüften und eine Typ-2-Hüfte. Zum Operationszeitpunkt war auf den Röntgendokumentationen bei allen luxierten Hüftgelenken noch kein Hüftkopfkern sichtbar. Das Alter bei
arthroskopischer Reposition lag zwischen 3 und 9 Monaten (Ø 5,9 Monate). Alle Hüftluxationen konnten arthroskopisch reponiert werden. Hauptrepositionshindernis war in allen Fällen eine Kapselkonstriktion. In einem Fall (rechtes Hüftgelenk) war kein Lig. teres vorhanden. Ein invertiertes Labrum gab es in keinem der Fälle. Alle postoperativen MRT-Kontrollen zeigten eine tiefe Zentrierung der Hüftgelenke. Bei keinem der Fälle kam es zu einer Reluxation. Der präoperative AC-Winkel betrug im Durchschnitt 36,5° (32–42°). Der AC-Winkel bei einem Nachuntersuchungszeitraum von im Mittel 15,2 Monaten (5–27 Monate) betrug im Durchschnitt 25,3° (17–32°). Unter Verwendung der Salter-Klassifikation zur Bestimmung einer avaskulären Nekrose zeigte sich eine Hüftkopfnekrose mit einem fragmentierten Hüftkopfkern (Abb. 7 a, b). In einem Fall wurde eine Coxa magna festgestellt [7].

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