Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2016

Arthroskopische Hüftreposition zur Behandlung der Hüftluxation im Säuglings- und Kleinkindalter

Oliver Eberhardt1, Francisco F. Fernandez1, Thomas Wirth1

Zusammenfassung: In dieser Arbeit berichten wir über unsere Erfahrungen mit der arthroskopischen Hüftreposition im Säuglings- und Kleinkindalter. Dieses Verfahren wurde als Alternative zur offenen Reposition entwickelt und im Jahre 2009 erstmalig angewandt. Seitdem wurde bei mehr als 30 Hüftgelenken eine arthroskopische Reposition durchgeführt. Die Daten in dieser Arbeit basieren auf den Ergebnissen der bisherigen Publikationen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit der von uns dargestellten standardisierten Operationstechnik
eine arthroskopische Reposition sicher durchführbar ist. In der Gruppe der Hüftluxationen im Sinne einer DDH können bei nicht möglicher geschlossener Reposition mit dieser
Methode gute Resultate erzielt werden. Für teratologische Luxationen würden wir nach den derzeitigen Erkenntnissen ein offenes Verfahren mit Verkürzungsosteotomie zu einem späteren Zeitpunkt empfehlen. Weitere mittelfristige Ergebnisse sind vor allem auch zur Beurteilung leichterer Hüftkopfveränderungen bzw. Hüftkopfnekrosen notwendig, die erst später sichtbar werden.

Schlüsselwörter: Hüftarthroskopie, DDH, Hüftluxation, Hüftreposition, arthroskopische Reposition

Zitierweise
Eberhardt O, Fernandez FF, Wirth T: Arthroskopische Hüftreposition zur Behandlung der Hüftluxation im Säuglings- und Kleinkindalter. OUP 2016; 7/8: 420–425 DOI 10.3238/oup.2016.0420–0425

Summary: In this paper we report about our experience with arthroscopic reduction for the treatment of dislocated hips in infants and young children. A standardized technique with safe portal placement was developed using a cannulated mini-hip arthroscopy device.

In conclusion, arthroscopic reduction with the presented standardized technique is a safe surgical procedure. In the developmental dislocations of the hip promising results could be expected. For teratogenic dislocations we could not recommend arthroscopic reduction. For this group with high dislocations, open reduction with femoral shortening is still the treatment of choice. Longer follow-up periods are necessary to evaluate the functional results.

Keywords: hip arthroscopy, DDH, dislocated hip, hip reduction, arthroscopic reduction

Citation
Eberhardt O, Fernandez FF, Wirth T: Arthroscopic reduction for the treatment of dislocated hips in infants and young children.
OUP 2016; 7/8: 420–425 DOI 10.3238/oup.2016.0420–0425

Einleitung

Die Hüftluxation im Säuglingsalter gehört zu den klassischen Erkrankungen der Kinderorthopädie. Die geschlossene Reposition mit Retention in einem Beckengips steht bei Durchführung eines konsequenten Hüftscreenings in der Therapie an erster Stelle und ist sehr erfolgreich [1].

Bei einer geringen Anzahl von angeborenen Hüftluxationen gelingt jedoch keine geschlossene Reposition. Eine konservative Therapie ist damit nicht möglich. Für diese Fälle ist die offene chirurgische Reposition des Hüftgelenks über einen medialen oder inguinalen Zugang derzeit weiterhin das Standardverfahren [2]. Dabei werden sowohl der Operationszeitpunkt als auch der Operationszugang kontrovers diskutiert [3, 4].

Wir berichteten 2012 erstmalig über ein standardisiertes arthroskopisches Verfahren zur Reposition luxierter Hüftgelenke im Säuglingsalter [5]. Die beschriebene Technik wurde seither von uns sowohl im Säuglings- als auch im Kleinkindalter angewandt. In dieser Arbeit werden unsere Erfahrungen seit 2009 beschrieben. Die arthroskopische Anatomie luxierter Hüftgelenke, die Operationstechnik und die Ergebnisse aus 3 Publikationen werden zusammengefasst [5, 6, 7].

Portalanatomie,
arthroskopische Anatomie und Operationstechnik

Portalanatomie

Die Operation erfolgt in einer Zwei-Portal-Technik. Verwendet wird ein 2,7 mm kanüliertes Mini-Hüftarthroskopieinstrumentarium der Firma Wolf. Als Portale dienen ein anterolaterales und ein mediales Subadduktor-Portal.

Subadduktor-Portal: Das mediale Subadduktor-Portal entspricht dem Zugang einer kaudalen Arthrografie und befindet sich jeweils 1 cm lateral und anterior des Tuber ischiadicum in einer tastbaren Lücke zwischen ischiokruraler Muskulatur und den Adduktoren. Über das Subadduktor-Portal wird das Arthroskop eingeführt.

Anterolaterales Portal: Das anterolaterale Portal liegt 1–2 cm distal der Spina iliaca ant. sup. und 1 cm lateral einer Linie zwischen der Spina iliaca ant. sup. und der Patellamitte. Dieses Portal dient als Arbeitsportal.

Diagnostische Arthroskopie

Die Operation erfolgt in Rückenlage. Das Becken wird unterlagert. Die Abdeckung erfolgt mit einem U-Tuch. Optional können auch beide Hüften abgedeckt werden. Der Beckenkamm sollte im OP-Gebiet frei sein. Der Assistent hält das Bein in einer 90°-Flexions- und 50–60°-Abduktionsstellung.

Zunächst wird über einen kaudalen Zugang (späteres Subadduktor-Portal) eine Arthrografie durchgeführt. Dabei sollte die Nadelspitze auf den lateralen Azetabulumrand zielen. Anschließend wird über die eingebrachte Nadel ein flexibler Draht in das Hüftgelenk eingeführt. Dieser dient als Führungsdraht für den kanülierten Trokar (Abb. 1).

Die Arthroskopie mit einer 70°-Optik beginnt mit einem diagnostischen Rundweg. Die Kamera wird zunächst nach lateral gedreht. Der Blick nach lateral zeigt den hinteren Pfannenrand, das Lig. teres mit seinem Ansatz am Hüftkopf und den Hüftkopf, welcher zumeist nach dorsokranial luxiert ist. Die Kamera wird dann nach medial gedreht. Dem Lig. teres folgend wird die Pfanne sichtbar.

Arthroskopische Anatomie

Bei der Hüftarthroskopie der luxierten Hüfte ist die klassische arthroskopische Anatomie aufgehoben. Es existiert kein zentrales und kein peripheres Kompartiment im eigentlichen Sinne, da der Hüftkopf ins periphere Kompartiment luxiert ist. Zudem kann eine Kapselkonstriktion zwischen dem Hüftkopf und dem Pfanneneingang die arthroskopische Anatomie verändern. Der Hüftkopf ist dann nur über eine kleine Kapselöffnung hinter dem dorsalen Pfannenrand zu identifizieren. In der Regel zeigt sich der komplett knorpelige Hüftkopf nach dorsokranial luxiert und weist am Übergang zum Schenkelhals einen synovialen, vaskularisierten Ring auf (Abb. 2) [7, 10].

Das Lig. teres lässt sich vom Hüftkopf zum Pfannengrund in seiner kompletten Ausdehnung verfolgen. Häufig ist es derart hypertrophiert, dass fast die gesamte Pfanne mit dem Ligament ausgefüllt ist (Abb. 3). Außerdem befindet sich in der Pfanne nahezu immer mehr oder weniger Fettgewebe, das sogenannte Pulvinar.

Der knorpelige Pfannenrand ist meist kräftig ausgebildet und darf nicht mit dem Labrum selbst verwechselt werden. Dies ist nur ein schmaler Saum am Rand des knorpeligen Erkers. Insbesondere in der Altersgruppe 14–41 Monate konnten wir sekundäre Veränderungen des knorpeligen Pfannenerkers sehen, welche am ehesten durch den Druck des Hüftkopfs entstehen. Dabei kann der knorpelig präformierte Erker eingedrückt werden oder es sogar zu einer konkaven Mulde in diesem Erker kommen (Abb. 4). Ein invertiertes Labrum allein konnte von uns nicht verifiziert werden [7].

Technik der arthroskopischen Reposition

Es erfolgt zunächst die Anlage eines anterolateralen Portals unter Sicht. Die Inzision des anterolateralen Portals liegt wie beschrieben ca. 1–2 cm distal der Spina iliaca ant. sup. und 1 cm lateral der Verbindungslinie zwischen Spina iliaca ant. sup. und der Patellamitte. Über die Stichinzision wird eine Nadel eingeführt. Diese penetriert die Hüftkapsel zwischen Hüftkopf und Pfannenrand. Nach Einbringen eines Trokars kann eine Führungshülse eingebracht werden. Über diese werden mit dem Shaver das Lig. teres und das Pulvinar reseziert (Abb. 5). Wie bei der offenen Reposition wird das Ligament in die Tiefe der Pfanne verfolgt und vollständig entfernt. Das Fettgewebe in der Pfanne wird ebenfalls mit dem Shaver entfernt, bis der Pfannengrund sichtbar wird (Abb. 6). Gelingt nach Resektion des Lig. teres und des Pulvinars keine Reposition, wird im anterolateralen Kapselbereich ein Release durchgeführt. Anschließend erfolgen die Reposition mit Flexion und Abduktion und die Anlage eines Beckengipses in Fettweisposition.

Patientengut und Ergebnisse

Zwischen 01.01.2009 und 31.12.2013 wurden bei 21 Kindern mit 25 Hüftluxationen Hüftarthroskopien mit arthroskopischer Reposition durchgeführt.

Es handelte sich um Hüftluxationen, welche im Rahmen eines Hüftscrennings diagnostiziert wurden und eine geschlossene Reposition nicht möglich war, und um Hüftluxationen bei Kindern, bei welchen kein Hüftscreening erfolgt war und die Hüftluxation verspätet diagnostiziert wurde. Bei 3 Kindern mit 6 Luxationen handelte es sich um teratologische Hüftluxationen. Alle Kinder hatten einen oder mehrere Versuche einer geschlossenen Reposition. Die Einteilung der Hüftluxation erfolgte mit der Ultraschallklassifikation von Graf und der radiologischen Einteilung von Tönnis [3, 8].

Die Hüftarthroskopie wurde bei allen Kindern in der dargestellten standardisierten Weise durchgeführt. In allen Fällen erfolgte eine arthroskopische Reposition in der beschriebenen Technik. Bei 9 Kindern mit verspäteter Diagnose kam zusätzlich eine Azetabuloplastik hinzu. Zur postoperativen Retention wurde ein Gips in der Fettweisposition angelegt. Im Anschluss wurde in allen Fällen eine Kernspintomografie zur Überprüfung der Zentrierung des Hüftgelenks angefertigt. Die Patientendaten wurden prospektiv erfasst. Prä- und postoperativ wurde der AC-Winkel gemessen. Zur Bestimmung der Hüftkopfnekroserate wurden die Klassifikationen von Salter und von Tönnis verwendet [3, 9].

Resultate

Zwischen 01.01.2009 und 31.12.2013 wurden 21 Kinder mit 25 Hüftluxationen mit einer arthroskopischen Reposition behandelt [7]. Bei 16 Hüftgelenken wurde ausschließlich eine arthroskopische Reposition durchgeführt. Bei 9 Kindern mit verspäteter Diagnose einer einseitigen Hüftluxation erfolgte zusätzlich eine Azetabuloplastik. Es handelte sich um 16 Mädchen und 5 Jungen. Das Alter bei Operation lag zwischen 3 und 41 Monaten (Ø 12,5 Monate). Alle Kinder hatten einen oder mehrere Versuche einer geschlossenen Reposition mit Pavlik-Bandagen- oder Gipsanlage mit oder ohne vorausgegangener Overheadextension. 7 Kinder waren in einer oder mehreren Kliniken vorbehandelt und hatten 1–3 Repositionsversuche hinter sich. Im Rahmen unserer arthroskopischen Repositionen traten keine intraoperativen oder postoperativen Komplikationen wie Infektionen, Blutungen, Hämatome oder Nervenläsionen auf.

Die Ergebnisse werden im Folgenden in 3 Gruppen dargestellt:

  • 1. Hüftluxationen im Sinne einer developmental dysplasia of the hip (DDH) bei erfolgtem Screening und ausschließlich arthroskopischer Reposition (n = 10) [7]
  • 2. Hüftluxationen im Sinne einer developmental dysplasia of the hip (DDH) bei verspäteter Diagnose und arthroskopischer Reposition mit Azetabuloplastik (n = 9) [6]
  • 3. Teratologische Hüftluxationen mit ausschließlich arthroskopischer Reposition (n = 6) [7]

1. Hüftluxationen im Sinne einer DDH bei erfolgtem Screening und arthroskopischer Reposition (n = 10 Hüften, Altersgruppe 3–10 Monate)

Es handelte sich um 8 Kinder mit 10 Hüftluxationen, 7 Mädchen und ein Knabe. Nach der Graf-Klassifikation waren es 10 Hüften mit einem Typ IV; nach der radiologischen Einteilung von Tönnis 6 Typ-4-, 3 Typ-3-Hüften und eine Typ-2-Hüfte. Zum Operationszeitpunkt war auf den Röntgendokumentationen bei allen luxierten Hüftgelenken noch kein Hüftkopfkern sichtbar. Das Alter bei
arthroskopischer Reposition lag zwischen 3 und 9 Monaten (Ø 5,9 Monate). Alle Hüftluxationen konnten arthroskopisch reponiert werden. Hauptrepositionshindernis war in allen Fällen eine Kapselkonstriktion. In einem Fall (rechtes Hüftgelenk) war kein Lig. teres vorhanden. Ein invertiertes Labrum gab es in keinem der Fälle. Alle postoperativen MRT-Kontrollen zeigten eine tiefe Zentrierung der Hüftgelenke. Bei keinem der Fälle kam es zu einer Reluxation. Der präoperative AC-Winkel betrug im Durchschnitt 36,5° (32–42°). Der AC-Winkel bei einem Nachuntersuchungszeitraum von im Mittel 15,2 Monaten (5–27 Monate) betrug im Durchschnitt 25,3° (17–32°). Unter Verwendung der Salter-Klassifikation zur Bestimmung einer avaskulären Nekrose zeigte sich eine Hüftkopfnekrose mit einem fragmentierten Hüftkopfkern (Abb. 7 a, b). In einem Fall wurde eine Coxa magna festgestellt [7].

2. Hüftluxationen im Sinne einer DDH, arthroskopische Reposition mit Azetabuloplastik (n = 9,
Altersgruppe 14–41 Monate)

Es handelte sich um 9 Kinder mit 9 Hüftluxationen. Nach der radiologischen Einteilung von Tönnis zeigten sich eine Typ-4- und 4 Typ-3-Hüften sowie 4 Typ-2-Hüften. Das Alter bei arthroskopischer Reposition lag zwischen 14 und 41 Monaten (Ø 21,4 Monate). Alle Hüftluxationen konnten arthroskopisch reponiert werden. Aufgrund der Pfannendysplasie wurde eine zusätzliche Azetabuloplastik durchgeführt. Auch in diesen Fällen war erst nach einem Kapselrelease, nach Resektion des Pulvinars und des Lig. teres eine Reposition mit tiefer Einstellung des Hüftgelenks möglich. In einem Fall zeigte sich eine Einsenkung im knorpelig präformierten Pfannendach bei nicht invertiertem Labrum. Diese Einsenkung ist als beginnende Entwicklung einer Sekundärpfanne zu deuten. Alle postoperativen MRT-Kontrollen zeigten eine tiefe Zentrierung der Hüftgelenke. Bei keinem der Fälle kam es zu einer Reluxation. Der präoperative AC-Winkel betrug im Durchschnitt 40° (34–47°). Der AC-Winkel bei einem Nachuntersuchungszeitraum von 6–29 Monaten (Ø 15,4 Monate) betrug im Durchschnitt 18,7° (11–27°). Unter Verwendung der Salter-Klassifikation zur Bestimmung einer avaskulären Nekrose zeigten sich bei keiner der Hüften Anzeichen für eine Hüftkopfnekrose; unter Verwendung der Tönnis-Klassifikation 2 Typ-2-Nekrosen [6].

3. Teratologische Hüftluxationen mit arthroskopischer Reposition (n = 6, Altersgruppe 3–10 Monate)

Es handelte sich um 6 Hüftluxationen; ein Kind hatte zusätzlich eine beidseitige Knieluxation, ein anderes Kind außerdem eine beidseitige Klumpfußdeformität. Nach der Graf-Klassifikation waren alle 6 Hüften vom Typ IV. Die radiologische Einteilung von Tönnis ergab bei allen Hüften Typ-4-Hüften (hohe Luxationen). Das Alter bei arthroskopischer Reposition lag zwischen 6 und 10 Monaten (Ø 8 Monate). Alle Hüftluxationen konnten arthroskopisch reponiert werden. Auch in diesen Fällen war erst nach einem Kapselrelease, nach Resektion des Pulvinars und des Lig. teres eine Reposition mit tiefer Einstellung des Hüftgelenks möglich. Alle postoperativen MRT-Kontrollen zeigten eine tiefe Zentrierung der Hüftgelenke. Bei keinem der Fälle kam es zu einer Reluxation. Der präoperative AC-Winkel betrug im Durchschnitt 34,5° (28–40°). Der AC-Winkel bei einem Nachuntersuchungszeitraum von im Durchschnitt 15 Monaten betrug im Mittel 24° (21–26°). Unter Verwendung der Salter-Klassifikation zur Bestimmung einer avaskulären Nekrose zeigten 6 Hüften eine Hüftkopfnekrose. Alle 6 Hüften zeigten eine metaphysäre Verbreiterung [7].

Diskussion

Die meisten Hüftluxationen können im Säuglingsalter geschlossen reponiert und in einem Fettweisgips oder in einer Retentionsschiene ausbehandelt werden. Dennoch verbleiben einige Hüftgelenke, bei welchen eine geschlossene Reposition nicht gelingt. Unterschieden werden müssen Hüftgelenke, welche aufgrund einer noch nicht ausgereiften Pfanne und einer Instabilität luxieren (angloamerik.: DDH = developmental dysplasia of the hip), und Hüftgelenke, welche bereits während der fetalen Phase luxiert sind, sogenannte teratogene Hüftluxationen. Ist bei beiden Arten der Hüftluxation ein Repositionshindernis vorhanden, gelingt eine geschlossene Reposition nicht. Typische Repositionshindernisse sind ein hypertrophes Lig. teres, ein Fettinterponat, die Psoassehne und eine sanduhrförmige Einengung der Gelenkkapsel. Die Standardtherapie bei nicht möglicher geschlossener Reposition ist die offene chirurgische Einstellung mit Beseitigung der Repositionshindernisse über einen inguinalen oder medialen Zugang [2]. Bei Kindern nach dem 2. Lebensjahr erfolgt die offene Hüfteinstellung zusammen mit einer Azetabuloplastik, da eine natürliche Pfannenreifung nicht mehr möglich ist.

Obwohl die Hüftarthroskopie auch in der Kinderorthopädie zunehmend an Bedeutung gewinnt, existierten nur wenige Fallberichte zu arthroskopischen Repositionen von Hüftluxationen im Säuglings- und Kleinkindalter [10, 11, 12, 13, 14].

Erste Berichte über die arthroskopische Anatomie von luxierten Hüftgelenken stammen von Gross aus dem Jahre 1977 [10]. Bulut et al. beschrieben 2005 eine arthroskopisch assistierte Technik [11]. Dabei wurde ein anterolateraler Zugang zur Exposition der Kapsel verwendet, um zunächst eine Psoastenotomie durchzuführen, bevor die Operation arthroskopisch über ein anterolaterales und ein anteromediales Portal fortgesetzt wurde. McCarthy und MacEwen berichteten 2007 über 3 Hüften, welche arthroskopisch über ein anterolaterales und ein posterolaterales Portal behandelt wurden [13]. Wir führten alle arthroskopischen Repositionen über ein mediales Subadduktor-Portal und ein anterolaterales Portal durch. Mit dem von uns verwendeten kanülierten 2,7 mm Arthroskopieinstrumentarium ist die Anlage eines Subadduktor-Portals – wie eine kaudale Arthrografie – einfach durchzuführen. Über das Subadduktor-Portal konnten alle Strukturen des Hüftgelenks dargestellt werden. Alle chirurgischen Maßnahmen konnten über das anterolaterale Portal durchgeführt werden. Im Gegensatz zur Technik von Bulut et al., welche zur Resektion des Lig. teres die Portale wechseln mussten, ist in der von uns beschriebenen Technik ein Wechsel der Portale nicht notwendig. Die Resektion des Lig. teres und des Pulvinars erfolgt ebenso wie das Kapselrelease über das anterolaterale Portal, über welches sowohl der Shaver als auch ein Vaporisator eingeführt werden können. Dieses operative Vorgehen konnte in standardisierter Weise in allen Fällen reproduziert werden. In allen Fällen gelang eine arthroskopische Reposition.

Typische Repositionshindernisse bei Hüftluxationen sind ein hypertrophes Lig. teres, ein Fettinterponat, die Psoassehne und eine sanduhrförmige Einengung der Gelenkkapsel. Dabei können alle Repositionshindernisse in Kombination vorhanden sein.

Ein invertiertes Labrum wird von einigen Autoren beschrieben [15, 16]. Ponseti konnte 1978 ein invertiertes Labrum bei Hüftluxationen bei totgeborenen Kindern nachweisen; eine klinische Relevanz bezüglich des Erfolgs einer Reposition wurde von ihm nicht hergestellt [16]. De Pellegrin et al. sahen 2007 bei 20 Typ-IV-Hüften nach der Graf-Einteilung kein invertiertes Labrum [17]. Auch Graf spricht nie von einem invertierten Labrum. Der Begriff des Limbus wird von ihm ebenfalls vermieden, da keine klare Begriffsdefinition des Limbus vorhanden ist. Vielmehr sollte in der Nomenklatur zwischen dem Labrum acetabulare, dem hyalinknorpelig präformierten Pfannendach und der knöcherne Pfanne unterschieden werden.

In den bisherigen arthroskopischen Verfahren zur Hüftreposition wurde nur von McCarthy und MacEwen ein invertierter Limbus beschrieben [13]. Bulut und Mitarbeiter identifizierten einen Limbus, eine genauere arthroskopische Beschreibung erfolgte jedoch nicht [11]. Bei beiden Autoren ist bei der Begriffsbezeichnung „Limbus“ davon auszugehen, dass das Labrum acetabulare gemeint ist.

Wir konnten in allen Fällen das Labrum acetabulare identifizieren und untersuchen. In keinem der Fälle zeigte sich ein invertiertes Labrum. Das Labrum hatte bei allen Kindern eine rundliche Struktur mit Gefäßinjektionen. Es stellte in keinem der Fälle ein Repositionshindernis dar. Auffällig waren jedoch vor allem bei den älteren Kindern (Altersgruppe 14–41 Monate) Veränderungen des knorpelig präformierten Pfannendachs. Diese Veränderungen zeigten sich zum Teil als muldenförmige Läsion am knorpeligen Pfannendach, was aus unserer Sicht einem beginnenden Neoazetabulum entsprach. Auch fanden wir in diesen Fällen einen Neolimbus. Dieser wurde von Landa et al. 2008 als eine knorpelige Formation, eine Aufwerfung im Azetabulum nahe dem Labrum beschrieben [18]. In der Altersgruppe 3–10 Monate sahen wir diese Veränderungen nicht, sodass wir annehmen, dass die Veränderungen des knorpelig präformierten Pfannendachs als sekundäre Veränderungen bei persistierender Luxation zu werten sind.

Hauptrepositionshindernis war in unseren Fällen eine Kapselkonstriktion. Nach der Durchführung eines Kapselrelease konnten alle Hüftgelenke in unserer Serie reponiert werden. Die Resektion des Lig. teres und des Pulvinars ermöglichte jedes Mal eine tiefe Zentrierung der Hüftgelenke, was über eine Kernspintomografie kontrolliert wurde.

Auch bei offenen Hüfteinstellungen wird ein Kapselrelease durchgeführt. So ist einer der wesentlichen Operationsschritte bei einem medialen Zugang ein inferiores Release und eine Psoastenotomie. Die Verletzung der A. circumflexa ist dabei möglich. Bei einem anterioren Zugang erfolgt die Kapselinzision t-förmig längs dem Schenkelhals und quer nahe dem Azetabulum. Das von uns durchgeführte Release entspricht dem längs verlaufenden Schenkel des T einer offenen Kapselinzision. Damit kann aus unserer Sicht eine Verletzung der A. circumflexa vermieden werden.

Der Zeitpunkt einer offenen Reposition wird weiterhin kontrovers diskutiert. Wird von manchen Autoren ein späteres Vorgehen bei Vorhandensein eines Hüftkopfkerns empfohlen, sehen andere eine frühzeitigere Reposition als günstig an, um eine normale Hüftreifung zu gewährleisten. Bisher wurden arthroskopische Repositionen nur bei Patienten über dem 10. Lebensmonat durchgeführt. McCarthy und MacEwen berichteten über 3 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 14 Monaten [13]. Bulut et al. führten die arthroskopisch assistierte Reposition bei Patienten zwischen 11 und 14 Monaten durch [11]. In unserer Serie wurde bei 16 Hüften eine frühzeitige arthroskopische Reposition zwischen dem 3. und 10. Lebensmonat durchgeführt. Mit dem von uns verwendeten 2,7 mm kanülierten Hüftarthroskopieinstrumentarium ist somit eine arthroskopische Reposition auch in einer Altersgruppe möglich, in der noch ein besseres Nachreifungspotenzial der Pfanne vorhanden ist.

Ein neues Verfahren zur Repostion von Hüftluxationen muss sich jedoch zum einen an der Repositionsrate und zum anderen an der Hüftkopfnekroserate messen lassen. Da die Reluxation nach erfolgreicher Einstellung eines Hüftgelenks eine Hüftkopfnekrose begünstigt, muss es auch das Ziel sein, die Reluxationsrate zu senken [19]. Dabei muss eine Retentionsstellung nach erfolgreicher Reposition in der Fettweisposition angestrebt werden.

In unserer Serie kam es nach arthroskopischer Reposition und Retention in einem Fettweisgips in keinem der bisher publizierten Fälle zu einer Reluxation. In der Gruppe der Hüftluxationen im Sinne einer DDH zeigte sich eine schwerere Nekrose in einem Fall (10 %). Bei den Fällen mit Azetabuloplastik unter Verwendung der Tönnis-Klassifikation kam es nur zu leichteren Nekrosen (22 %). In der Gruppe der teratologischen Luxationen wiesen alle Hüften eine schwere Nekrose auf. Unter Berücksichtigung des Dislokationsgrads waren in der Gruppe der Hüftluxationen Tönnis 2 und 3 keine Hüftkopfnekrosen zu verzeichnen. Die Hüftkopfnekrosen traten ausschließlich bei Hüftluxationen Typ 4 nach Tönnis auf.

Vergleiche von Hüftkopfnekroserate n in der Literatur sind schwierig, da die Kollektive sehr unterschiedlich sind. Nekroseraten werden zwischen 0 und 69 % beschrieben [19]. In unserem Kollektiv handelte es sich fast ausschließlich um vorbehandelte Kinder. Alle Kinder hatten mindestens einen fehlgeschlagenen geschlossenen Repositionsversuch, zum Teil waren mehrere Repositions- und Retentionsversuche erfolgt. Bei mehreren Hüftgelenken kam es in der auswärtigen Vorbehandlung zu einer Reluxation. Damit ist die Ursache der Hüftkopfnekroserate in unserem Kollektiv schwierig einem einzigen Grund zuzuordnen. Dennoch liegt die Nekroserate unserer Serie in einem Bereich vergleichbarer Kollektive offener Repositionen. Pospischill und Mitarbeiter fassten Kollektive der offenen Reposition zusammen (2012). Sie fanden dabei Nekrosenraten zwischen 6 und 54 %. In ihrem eigenen Kollektiv zeigte sich eine Nekroserate von 20 % bei alleiniger offener Reposition und von 88 % bei offener Reposition mit knöchernem Eingriff [19]. Im Vergleich zu unserer Serie war der Nachuntersuchungszeitraum in der Studie von Pospischill et al. jedoch länger. Der noch kurze Nachuntersuchungszeitraum ist momentan ein limitierender Faktor in den von uns publizierten Serien, da vor allem geringgradige Hüftkopfnekrosen erst mit zunehmendem Follow-up sichtbar werden [20].

Zusammenfassend kann jedoch festgestellt werden, dass eine arthroskopische Reposition mit der von uns dargestellten standardisierten Technik möglich ist und damit auch in der Gruppe nicht konservativ behandelbarer Hüftluxationen zum Teil gute Resultate zu erzielen sind. Übereinstimmend mit McCarthy und MacEwen darf auch aus unserer Sicht eine arthroskopische Reposition nur mit einem kanülierten Instrumentarium durchgeführt werden. Wie auch aus der Hüftarthroskopie im Erwachsenenbereich bekannt, können so die arthroskopischen Portale beim Wechsel von Instrumenten gesichert werden.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch nicht propagiert werden, dass die arthroskopische Reposition ein offenes Vorgehen in allen Fällen ersetzen könnte. Derzeitig sehen wir die arthroskopische Reposition als zusätzliches Verfahren in der Behandlung der Hüftluxation. Vor allem Hüftluxationen im Sinne einer DDH mit einem radiologischen Dislokationsgrad nach Tönnis Grad 2 und 3 können arthroskopisch reponiert werden. Bei hohen Hüftluxationen, radiologischer Typ 4 nach Tönnis, muss für die Zukunft unter Umständen eine arthroskopische Psoastenotomie in Betracht gezogen werden. Eventuell kann damit das Hüftkopfnekroserisiko weiter minimiert werden. Bei teratologischen Luxationen würden wir nach den derzeitig vorliegenden Erkenntnissen die offene Reposition mit Verkürzungsosteotomie weiterhin als Standardtherapie empfehlen, wenngleich auch bei offenen Verfahren in dieser Gruppe von Hüftluxationen hohe Nekroseraten zu verzeichnen sind. Weitere Nachuntersuchungen sind notwendig, um die funktionellen Ergebnisse und den Verlauf von Hüftkopfnekrosen nach arthroskopischer Reposition beurteilen zu können.

Interessenkonflikt: keine angegeben

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Oliver Eberhardt

Orthopädische Klinik

Klinikum Stuttgart Olgahospital

Kriegsbergstraße 62

70174 Stuttgart

o.eberhardt@klinikum-stuttgart.de

Literatur

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Fussnoten

1 Orthopädische Klinik, Klinikum Stuttgart Olgahospital

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