Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2016

Arthroskopische Hüftreposition zur Behandlung der Hüftluxation im Säuglings- und Kleinkindalter

In den bisherigen arthroskopischen Verfahren zur Hüftreposition wurde nur von McCarthy und MacEwen ein invertierter Limbus beschrieben [13]. Bulut und Mitarbeiter identifizierten einen Limbus, eine genauere arthroskopische Beschreibung erfolgte jedoch nicht [11]. Bei beiden Autoren ist bei der Begriffsbezeichnung „Limbus“ davon auszugehen, dass das Labrum acetabulare gemeint ist.

Wir konnten in allen Fällen das Labrum acetabulare identifizieren und untersuchen. In keinem der Fälle zeigte sich ein invertiertes Labrum. Das Labrum hatte bei allen Kindern eine rundliche Struktur mit Gefäßinjektionen. Es stellte in keinem der Fälle ein Repositionshindernis dar. Auffällig waren jedoch vor allem bei den älteren Kindern (Altersgruppe 14–41 Monate) Veränderungen des knorpelig präformierten Pfannendachs. Diese Veränderungen zeigten sich zum Teil als muldenförmige Läsion am knorpeligen Pfannendach, was aus unserer Sicht einem beginnenden Neoazetabulum entsprach. Auch fanden wir in diesen Fällen einen Neolimbus. Dieser wurde von Landa et al. 2008 als eine knorpelige Formation, eine Aufwerfung im Azetabulum nahe dem Labrum beschrieben [18]. In der Altersgruppe 3–10 Monate sahen wir diese Veränderungen nicht, sodass wir annehmen, dass die Veränderungen des knorpelig präformierten Pfannendachs als sekundäre Veränderungen bei persistierender Luxation zu werten sind.

Hauptrepositionshindernis war in unseren Fällen eine Kapselkonstriktion. Nach der Durchführung eines Kapselrelease konnten alle Hüftgelenke in unserer Serie reponiert werden. Die Resektion des Lig. teres und des Pulvinars ermöglichte jedes Mal eine tiefe Zentrierung der Hüftgelenke, was über eine Kernspintomografie kontrolliert wurde.

Auch bei offenen Hüfteinstellungen wird ein Kapselrelease durchgeführt. So ist einer der wesentlichen Operationsschritte bei einem medialen Zugang ein inferiores Release und eine Psoastenotomie. Die Verletzung der A. circumflexa ist dabei möglich. Bei einem anterioren Zugang erfolgt die Kapselinzision t-förmig längs dem Schenkelhals und quer nahe dem Azetabulum. Das von uns durchgeführte Release entspricht dem längs verlaufenden Schenkel des T einer offenen Kapselinzision. Damit kann aus unserer Sicht eine Verletzung der A. circumflexa vermieden werden.

Der Zeitpunkt einer offenen Reposition wird weiterhin kontrovers diskutiert. Wird von manchen Autoren ein späteres Vorgehen bei Vorhandensein eines Hüftkopfkerns empfohlen, sehen andere eine frühzeitigere Reposition als günstig an, um eine normale Hüftreifung zu gewährleisten. Bisher wurden arthroskopische Repositionen nur bei Patienten über dem 10. Lebensmonat durchgeführt. McCarthy und MacEwen berichteten über 3 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 14 Monaten [13]. Bulut et al. führten die arthroskopisch assistierte Reposition bei Patienten zwischen 11 und 14 Monaten durch [11]. In unserer Serie wurde bei 16 Hüften eine frühzeitige arthroskopische Reposition zwischen dem 3. und 10. Lebensmonat durchgeführt. Mit dem von uns verwendeten 2,7 mm kanülierten Hüftarthroskopieinstrumentarium ist somit eine arthroskopische Reposition auch in einer Altersgruppe möglich, in der noch ein besseres Nachreifungspotenzial der Pfanne vorhanden ist.

Ein neues Verfahren zur Repostion von Hüftluxationen muss sich jedoch zum einen an der Repositionsrate und zum anderen an der Hüftkopfnekroserate messen lassen. Da die Reluxation nach erfolgreicher Einstellung eines Hüftgelenks eine Hüftkopfnekrose begünstigt, muss es auch das Ziel sein, die Reluxationsrate zu senken [19]. Dabei muss eine Retentionsstellung nach erfolgreicher Reposition in der Fettweisposition angestrebt werden.

In unserer Serie kam es nach arthroskopischer Reposition und Retention in einem Fettweisgips in keinem der bisher publizierten Fälle zu einer Reluxation. In der Gruppe der Hüftluxationen im Sinne einer DDH zeigte sich eine schwerere Nekrose in einem Fall (10 %). Bei den Fällen mit Azetabuloplastik unter Verwendung der Tönnis-Klassifikation kam es nur zu leichteren Nekrosen (22 %). In der Gruppe der teratologischen Luxationen wiesen alle Hüften eine schwere Nekrose auf. Unter Berücksichtigung des Dislokationsgrads waren in der Gruppe der Hüftluxationen Tönnis 2 und 3 keine Hüftkopfnekrosen zu verzeichnen. Die Hüftkopfnekrosen traten ausschließlich bei Hüftluxationen Typ 4 nach Tönnis auf.

Vergleiche von Hüftkopfnekroserate n in der Literatur sind schwierig, da die Kollektive sehr unterschiedlich sind. Nekroseraten werden zwischen 0 und 69 % beschrieben [19]. In unserem Kollektiv handelte es sich fast ausschließlich um vorbehandelte Kinder. Alle Kinder hatten mindestens einen fehlgeschlagenen geschlossenen Repositionsversuch, zum Teil waren mehrere Repositions- und Retentionsversuche erfolgt. Bei mehreren Hüftgelenken kam es in der auswärtigen Vorbehandlung zu einer Reluxation. Damit ist die Ursache der Hüftkopfnekroserate in unserem Kollektiv schwierig einem einzigen Grund zuzuordnen. Dennoch liegt die Nekroserate unserer Serie in einem Bereich vergleichbarer Kollektive offener Repositionen. Pospischill und Mitarbeiter fassten Kollektive der offenen Reposition zusammen (2012). Sie fanden dabei Nekrosenraten zwischen 6 und 54 %. In ihrem eigenen Kollektiv zeigte sich eine Nekroserate von 20 % bei alleiniger offener Reposition und von 88 % bei offener Reposition mit knöchernem Eingriff [19]. Im Vergleich zu unserer Serie war der Nachuntersuchungszeitraum in der Studie von Pospischill et al. jedoch länger. Der noch kurze Nachuntersuchungszeitraum ist momentan ein limitierender Faktor in den von uns publizierten Serien, da vor allem geringgradige Hüftkopfnekrosen erst mit zunehmendem Follow-up sichtbar werden [20].

Zusammenfassend kann jedoch festgestellt werden, dass eine arthroskopische Reposition mit der von uns dargestellten standardisierten Technik möglich ist und damit auch in der Gruppe nicht konservativ behandelbarer Hüftluxationen zum Teil gute Resultate zu erzielen sind. Übereinstimmend mit McCarthy und MacEwen darf auch aus unserer Sicht eine arthroskopische Reposition nur mit einem kanülierten Instrumentarium durchgeführt werden. Wie auch aus der Hüftarthroskopie im Erwachsenenbereich bekannt, können so die arthroskopischen Portale beim Wechsel von Instrumenten gesichert werden.

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