Übersichtsarbeiten - OUP 11/2012

Behandlungsalgorithmen der chronischen Osteomyelitis

e33. Fraimow HS: Systemic antimicrobial therapy in osteomyelitis. Semin Plast Surg 2009; 23: 90–9. CrossRef MEDLINE PubMed Central

e34. Lazzarini L, Mader JT, Calhoun JH: Osteomyelitis in long bones. J Bone Joint Surg Am 2004; 86: 2305–18. MEDLINE

e35. Costerton JW, Lewandowski Z, Caldwell DE, et al.: Microbial biofilms. Annu Rev Microbio. 1995; 49: 711–45. MEDLINE

Risikofaktoren der Wund- und Knochenheilung (nach [e34])

Systemische Risikofaktoren

Malnutrition

Nieren- oder Leberinsuffizienz

Diabetes mellitus

Respiratorische Insuffizienz

Immunstörung (z.B. Aids, Granulozytendefekt, Komplementdefekt)

Malignom

Neugeborene oder Hochbetagte

Nikotinabusus

Immunsuppression (z.B. Chemotherapie, Transplantation)

Lokale Risikofaktoren

Chronisches Lymphödem

Chronisch-venöse Insuffizienz

Makroangiopathie

Ausgedehnte Narbenbildung

Strahlenfibrose

Vaskulitits der kleinen Gefäße

Neuropathie

 

Kernaussagen

Bei der chronischen Osteomyelitis (COM) werden eine endogen-hämatogene und eine durch direkten Kontakt erworbene Form unterschieden; letere verursacht etwa 80% der COM in den Industrieländern.

Die Entstehung der COM ist multifaktoriell, die Behandlung ist deshalb nur interdisziplinär erfolgreich.

Das Krankheitsbild ist bisher nicht eindeutig definiert, daher fehlen evidenzbasierte Studien zum therapeutischen Vorgehen.

Unter Berücksichtigung der Komorbidität muss zwischen einem kurativen und einem palliativen Therapieansatz entschieden werden; Behandlungsziele sind eine anhaltende Infektberuhigung, Schmerzreduktion und Wiederherstellung der Funktion.

Die chirurgische Sanierung ist ausschlaggebend für den Therapieerfolg der posttraumatisch/postinterventionell bedingten Osteitis; in spezialisierten Zentren gelingt eine Infektberuhigung in 70–95%.

 

Glossar

Biofilm: Zitat: Eine Ansammlung in Verbindung stehender, von extrazellulärer Substanz umgebener Bakterien, die gegen die meisten Antibiotika und die Wirtsabwehr unempfindlicher sind als in der planktonischen Phase [e8].

BMP: Bone mophogenetic protein, Signalmoloeküle, Zytokine des Transforming Growth Factor beta-Signalweges. BMP-2 und BMP-7 werden industriell hergestellt, stimulieren u.a. Osteoblasten, sind zur Knochenwachstumsförderung bei bestimmten Indikationen zugelassen. Kostenintensiv.

Halbschalenresektion: Semizirkuläre Knochenentfernung, meist unter Erhalt einer Teststabilität möglich, so dass Defektauffüllung durch Spongiosaplastik zur Konsolidierung ausreicht. Additive Osteosynthese nur im Ausnahmefall erforderlich.

Involucrum: (lateinisch: Hülle) Reaktive Knochen-Neubildung um Infektherd/Sequester, Infekthöhle.

Phase, planktonisch: Frei flottierende Bakterien, virulent, reproduktiv, Wirtsreaktionen auslösend, antibiotikasensibel, kulturell anzüchtbar. Macht 0,1% der Bakterienmasse aus [e35].

Phase (sessile): In einer Schleimschicht lebende Bakterienpopulation, über Signalmoleküle kommunizierend. Metabolisch wenig aktiv, gedrosselte Reproduktion, schwer nachweisbar, tolerant gegen Antiobiotika und Immunabwehr [e35].

PMMA: Polymethylmethacrylat , Knochenzement zur Verankerung von Endoprothesen. Als PMMA-Kugeln mit Gentamycin in verschiedener Dosierung imprägniert, z.B. 30 Kugeln à 7 mm Durchmesser und 7,5 mg Gentamycinsulfat. Zur lokalen Antibiotikatherapie und Knochendefektverfüllung. Industriell gefertigt.

Quorum sensing: Kommunikationssysteme von Bakterien, die Art-intern und Art-übergreifend wirken. In Abhängigkeit von der Populationsdichte werden über Signalmoleküle Stoffwechselprozesse gesteuert. Ermöglicht Reaktion auf sich ändernde Umweltbedingungen, somit wichtiger Selektionsvorteil [e4].

Segmentresektion: Zirkuläre, vollständige Knochenentfernung. Hinterlässt einen instabilen Defekt, der nur durch Verkürzung/Interponat plus Osteosynthese oder Segmenttransport zu behandeln ist.

Sequester: Avitales Knochenfragment, potenzieller Bakterien- und Biofilm-Träger.

Fussnoten

Abdruck mit freundlicher Genehmigung aus dem Dtsch Arztebl Int 2012; 109(14): 257–64.

BG Unfallklinik Frankfurt

DOI 10.3238/arztebl.2012.0257

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