Übersichtsarbeiten - OUP 05/2018

Chronische komplexe laterale Bandinstabilität am oberen Sprunggelenk

Als nächster Schritt wird nun von der Außenknöchelspitze ein etwa 4,5 mm dicker Bohrkanal in der Fibula nach cranial gebohrt. Ein zweiter Bohrkanal zieht vom Ursprungspunkt des Lig. talofibulare anterius etwa 1 cm oberhalb der Außenknöchelspitze annähernd horizontal nach dorsal und trifft auf den Bohrkanal, der von der Außenknöchelspitze nach oben gebohrt wurde. Diese beiden Knochenkanäle werden miteinander verbunden und die Kante im Inneren entweder mit einem kleinen Raspatorium oder auch einem Overholt soweit geglättet, dass ein Durchziehen des Transplantat s möglich ist.

Gewinnen des Transplantats

Eine Transplantatlänge von etwa 10 cm oder mehr ist günstig, da damit eine sehr gute und suffiziente Wiederherstellung möglich ist. Zur Gewinnung des Transplantats selbst muss allerdings nicht die gesamte Außenknöchelseite in diesem Bereich eröffnet werden. Es genügt, wenn man mit einer leicht gebogenen, stumpfen Klemme in der Sehnenscheide des Peroneus brevis diese nach proximal vorschiebt und etwa 10–12 cm oberhalb der Außenknöchelspitze eine etwa 1,5 cm lange Längsinzision durchführt. Nach Eröffnen der Peroneus-Sehnenscheide wird die Peroneus-brevis-Sehne identifiziert und mit einer Overholt-Klemme umfahren. Anschließend wird die Sehne in diesem Bereich auf etwa 1 cm längs inzidiert und durch den sich dadurch entstehenden Spalt ein Vicrylfaden der Stärke 2,0 oder 0 gezogen. Es ist genau darauf zu achten, dass der eine Schenkel des Vicrylfadens nach dorsal gehalten wird und der andere Schenkel nach ventral. Die Fäden dürfen sich auf keinen Fall überkreuzen (Abb. 6). Anschließend wird durch die Sehnenscheide des Peroneus brevis von der distalen Höhe der Außenknöchelspitze eine leicht gebogene Fuchsig-Klemme vorgeschoben und dann der nach ventral ziehende abführende Schenkel gefasst und über die Sehnenscheide nach distal gebracht, distal wieder nach ventral ausgeleitet. Dasselbe geschieht auch mit dem anderen Schenkel des Vicrylfadens. Dieser wird ebenfalls mit der Klemme gefasst, welche über die Sehnenscheide nach proximal geschoben wird, nach distal herausgezogen und dann nach dorsal geführt. Es ist exakt darauf zu achten, dass sich der Vicrylfaden in der Sehnenscheide nicht überkreuzt. Wenn dies nicht der Fall ist, kann man den Vicrylfaden im Sinn einer Giglisäge verwenden und durch sägende Bewegungen die Peroneussehne der Länge nach halbieren. Sobald der Vicrylfaden unterhalb der Außenknöchelspitze angekommen ist, werden Reste der Sehnenscheide entfernt, die mitgezogen wurden, und anschließend der vordere Anteil der Peroneus-brevis-Sehne proximal im Bereich der kurzen Inzision abgetrennt und dann nach distal herausgezogen (Abb. 7).

Die Peroneussehne selbst wird dann soweit nach distal gespalten, dass eine spannungsfreie Fixation der Peroneus-brevis-Sehnenhälfte am Fersenbein möglich ist.

Die gewonnene Peroneus-brevis-Sehnenhälfte wird anschließend mit einer Baseballstitch-Naht armiert, dann so geführt, dass sie die verbleibende Peroneus-brevis-Sehne unterkreuzt und anschließend durch den vorgebohrten Kanal im Bereich des Außenknöchels durchgezogen.

Nachdem die Sehne durch den Außenknöchel gezogen wurde, wird der Fuß in maximaler Plantarflexion-Supination gehalten und anschließend in dieser Position mit den vorgelegten Fäden vom Fersenbein durchstochen und über die geknüpften Fäden an das Fersenbein fixiert.

Nach suffizienter Naht an das Fersenbein wird das Sprunggelenk in Neutralstellung und Pronationsstellung gebracht und anschließend das vorgelegte Sehnentransplantat gespannt, in gespanntem Zustand mit den vorgelegten Nähten vom Talushals durchstochen und diese geknüpft.

Der Fuß wird weiter in Pronation und Neutralstellung gehalten und der verbliebene Sehnenanteil anschließend extraartikulär, im Sinn des transversalen Ligaments auf den Außenknöchel und nach distal kaudal schwenkend periostal fixiert (Abb. 8).

Nach gründlicher Wundspülung schichtweiser Wundverschluss, Hautnähte und Anlegen eines Unterschenkelgipsverbands bzw. einer vergleichbaren fixierenden Orthese, Fixation in Neutralstellung des Sprunggelenks. Eine Drainage wird nicht gelegt.

Nachbehandlung

Bei blandem Heilungsverlauf kann weinige Tage nach der Operation ein geschlossener Unterschenkelgips in Neutralstellung mit einer Fensterung über der Zugangsgegend angelegt werden. Die Verwendung eines Unterschenkelwalkers ist ebenfalls möglich, es muss allerdings sichergestellt sein, dass das Sprunggelenk vom Patienten nicht aus der Orthese heraus bewegt und mobilisiert wird. Eine Belastung des Beins ist kurzfristig bis zur Schmerzgrenze erlaubt, bei schmerzfreier Vollbelastung (meist nach 2–4 Tagen) kann die Verwendung der Stützkrücken beendet werden. Eine Thromboseprophylaxe ist für die Zeitdauer der Immobilisation notwendig.

Für die Fixation im Walker oder Gipsverband sind üblicherweise 4 Wochen ausreichend, anschließend ist das Tragen fester Schuhe und eventuell das Anlegen eines Tape-Verbands zu empfehlen. Im Bewegungsausmaß 10–0–20 wird der Bandapparat im Bereich des Außenknöchels physiologischerweise kaum belastet, sodass das gesicherte Gehen in einem festen Schuh ab Ende der 4. Woche möglich ist. Supinationsbelastungen sollen natürlich tunlichst vermieden werden. Vorsichtige propriozeptive Übungen bzw. Balanceübungen können zu diesem Zeitpunkt beginnen, MFT-Brett oder forciertere Mobilisationen für die Dorsal- oder Plantarflexion über 10–0–20 sollen allerdings erst 6 Wochen nach der Operation beginnen. Leichte sportliche Belastungen sind nach etwa 8–10 Wochen möglich, Sprunggelenk-bandbelastende Sportarten sollten allerdings frühestens nach 3–4 Monaten beginnen.

Mögliche Komplikationen

Neben den üblichen chirurgischen Komplikationen wie Wundheilungsproblemen und Infektionen sind beide Verfahren komplikationsarm. Besonders beachtet werden muss allerdings der Verlauf des Ramus superficialis des Nervus peroneus, dieser muss sorgfältig geschont werden.

Bei der talaren Insertion muss diese so gelegt werden, dass das Transplantat nicht am Talus reibt, da dies zu unangenehmen Reizzuständen führen kann.

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