Übersichtsarbeiten - OUP 04/2013

Das schwerste Kapitel: Kodieren von Komplikationsdiagnosen in Orthopädie und Traumatologie
Prinzipien der Kodierung Principle of coding

Der Rückgriff auf das FAQ des DIMDI – wenn bei Exclusiva beides voneinander abgrenzbar zutrifft, ist auch beides zu kodieren (hier T84.8 + T81.3) – ist hier unnötig, da die Ortsangabe der S71.0 die offene Wunde mit enthält.

Beispiel C: Postoperative infizierte Cox-Arthritis bei Hüft-TEP-Infektion mit Staphylokokkus aureus T84.5 + M00.05 + B95.6

Begründung: Hier liegen ähnliche Verhältnisse wie bei „A“ vor, nur dass der Ausgangspunkt der Infektion nicht die Implantat-Knochengrenze, sondern die Gelenk-Hüftkopf-/Pfannengrenze ist. Auch ein Kunstgelenk ist ein Gelenk und der Kode M00 Eitrige-Arthritis besagt nicht, dass es sich per definitionem um ein natürliches Gelenk handeln muss. Somit bedeutet die Rückübersetzung der T84.5 eine infizierte Endoprothese, sagt aber nicht aus, wo sich die Infektion befindet. Die M00.0ff beschreibt eine Staphylokokkeninfektion, beschreibt dabei aber nicht den spezifischen Erreger Staphylokokkus aureus B95.6. Somit ist zur genauen Ortsbestimmung der Kode M00.05 (Staphylokokkeninfektion Hüfte) unverzichtbar, denn der Kode B96.5 allein – auch nicht zusammen mit der T84.5 – beinhaltet wieder keine Ortsangabe. Somit sind korrekterweise alle drei Kodes anzugeben.

Beispiel D: Blutung bei Implantation einer Hüft-TEP und nachfolgender postoperativer Blutungsanämie T84.8 + D62.

Begründung: Die T84.8 ergibt sich aus dem Exclusivum bei T81, denn der eigentliche Blutungskode wäre die T81.0. Wenn eine OP mit Endoprothesen, Implantaten oder Transplantaten stattfindet, wandeln sich die T81er-Kodes in die entsprechenden T84er Kodes um.

Da nicht jede Blutung (z.B. nach DKR D005) eine Blutungsanämie als Folge hat, ist die Doppelkodierung gerechtfertigt, denn die D62 allein sagt nicht aus, dass die Anämie eine Folge einer Operation mit einer Endoprothese ist. Auch wird, wie beschrieben, der T8er Kode zur Differenzierung, um welche Art der Blutungsanämie es sich handelt, benötigt. Somit ist – was das DIMDI inzwischen durch die allgemeine Paarung D62 + T81.0 bestätigt hat – aufgrund der Exclusiva bei T81 das Kodepaar T84.8 + D62 korrekt.

Beispiel E: Muskelinfekt M. glutäus maximus nach Hüftweichteil-OP Staphylokokkus aureus T81.4 + M60.05 + B95.6

Begründung: Diese postoperative Komplikation fand ohne Implantate statt, daher wird die Infektion mit dem Kode T81.4 ausgedrückt. Der Infektionsherd ist der M. glutäus maximus, also eine infektiöse Myositis mit Staphylokokken an der Hüfte M60.05. Der Kode allein sagt nicht aus, dass es sich um eine Komplikation handelt, daher ist die T81.4 unverzichtbar. Das Gleiche gilt für die B95.6, denn die M60.05 gibt den spezifischen Erreger Staphylokokkus aureus nicht an, während die B95.6 nicht den Ort bezeichnet. Somit sind alle drei Kodes zur Beschreibung des Sachverhaltes notwendig.

Beispiel F: Kreislaufschock während Aushärten von Knochenzement bei Implantation einer Hüft-TEP T84.8 + T81.1

Die T84.8 beschreibt wieder die sonstige näher bezeichnete Komplikation im Zusammenhang mit Endoprothesen, Implantaten oder Transplantaten. Die nähere Bezeichnung ist dann die T81.1, denn sie beschreibt den intraoperativen Kreislaufschock wortwörtlich am besten. Hier greift das FAQ des DIMDI, welches angibt, wenn trotz Exclusivum beides zutrifft, T84.8 für die Komplikation durch aushärtenden Zement und T81.1 für den Schock als Folge (nach DKR D005). Es muss aber genau dokumentiert sein, dass ein Zusammenhang mit der Zementeinbringung besteht, denn der intraoperative Kreislaufschock allein als Anästhesiefolge ist die T88.2, die in der Rückübersetzung schon so präzise ist, dass der Kode allein stehen könnte.

Beispiel G: Radialisparese als Druckschädigung im Gipsverband nach Reposition einer Radiusschaftfraktur S52.30 + T88.8 + S54.2.

Begründung und Diskussion: Bei diesem Beispiel kommt es auf eine exakte Dokumentation der Kausalitäten an. Das Kodierbeispiel gilt nur, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die Radialisparese vom Gipsverband nach der Reposition herrührt und die Akutbehandlung der Fraktur noch nicht beendet ist. Jede Abweichung davon muss anders verschlüsselt werden. Die T88.8 bezeichnet eine Komplikation einer konservativ behandelten Radiusschaftfraktur – hier nach Reposition und Gipsanlage -, die sich noch in Akutbehandlung S52.30 befindet. Die Folge der Komplikation ist die Nervus Radialis Parese S54.2, die andererseits allein nicht darstellt, dass es sich um eine Komplikation nach der Reposition einer Fraktur im Gipsverband handelt. Insofern sind alle drei Kodes zur abschließenden Beschreibung des Sachverhaltes notwendig.

Mit diesem Bericht wurde zur Bandbreite der Komplikationskodierung Stellung bezogen. Für die Richtigkeit der Kodiervorschläge kann der Autor genauso wenig eine Garantie und Verantwortung übernehmen wie z.B. das DIMDI.

Der Bericht hat sich in einen Bereich vorgewagt, in dem nicht nur durch ein Beispiel – zu dem später jeder behaupten kann, es gelte nur für den einen speziellen Fall – spezielle Kodierfragen beantwortet werden sollen. Es wird vielmehr versucht, durch verschiedene Beispiele zu zeigen, dass ein Kode im Allgemeinen nicht ausreicht, die einzelnen Komplikationen so spezifisch wie möglich unterscheidbar zu machen und in eine Systematik einzufügen, die es auch dem InEK erlaubt, Behandlungsfälle besser kalkulieren zu können.

In den Beispielen wurden die therapeutischen Konsequenzen und die Diskussionen um die Hauptdiagnose genauso wie Abrechnungsfragen absichtlich weggelassen. Denn die Kodierung hat unabhängig vom Group-Ergebnis zu erfolgen. Es wird aber davon ausgegangen, dass die aufgezeigten Komplikationen in irgendeiner Weise therapeutischen, diagnostischen Aufwand oder pflegerischen Mehraufwand bedeuteten, um kodierpflichtig zu sein.

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