Übersichtsarbeiten - OUP 02/2016

Der Diskus am Handgelenk

Klasse I B, ossär,

Klasse I B a, superfiziale und profunde Schicht,

Klasse I B b, superfiziale Schicht,

Klasse I B c, profunde, foveale Schicht.

Zentrale Defekte findet man als kongenital, degenerativ (25,7 % [19], 53 % [88]) und traumatisch [59]. Traumatische Risse sind parallel am oder nahe dem Radius, degenerative Defekte sind mehr zentral und nehmen entsprechend dem Alter zu [73, 115], häufig mit Ulna-Plus-Varianten und degenerativen Veränderungen an den Kontaktgelenkflächen und am LT-Band. Kongenitale Defekte sind isolierter Art bei normaler Anatomie, auch bei Ulna-Minus-Varianten. Traumatische Diskusabrisse können auch als knöcherne Ausrisse am Radius und der Ulna vorkommen [62, 88]. Bezogen auf die Lokalisation des Schadens klassifiziert Blair [12] in Typen (I–IV) ohne Abgrenzung der traumatischen von den verschleißbedingten Schäden: Type I (defect in the radial half of the TFC), Type II (defect in the radial to central portion of the TFC [central perforation]), Type III (defect in the ulnar half of the TFC [ulnar lesion]), Type IV (lesion in the ulnar half of the TFC [ulnar lesion without communication with the distal radio-ulnar joint]).

Palmer [88] nennt eine Zwei-Klassen-Einteilung, Klasse 1 soll traumatische, unfallbedingte Schäden darstellen, Klasse 2 die verschleißbedingten Schäden im Sinne eines Abutment-Syndroms (Abb. 5). In der Klasse 1 ist eigentlich definitionsgemäß, so wie dies dann Böhringer [14] auch ausführt, die Diskusverletzung zu nennen. Diskusverletzungen sind selten [88]. Die Einteilung der Diskusschäden in „traumatisch“ versus „degenerativ“ als „Abutment-Syndrom“ kann so nicht aufrechterhalten werden, da in der Originalarbeit von Palmer [88] selbst der Typ „Class 1 A“ als „tear or perforation“ definiert ist und die Perforation wohl nicht als Riss bei einer Verletzung zu werten ist.

Es bedarf einer Unterteilung der Klasse-I-B-Läsion ohne Fraktur nach Palmer [88], da die Ansatz-Faszikel des Diskus isoliert und kombiniert geschädigt sein können [78] mit Benennung von 5 unterschiedlichen Schäden [6].

Geht man vom zentralen Diskusdefekt als anatomische Normvariante aus, so entstehen Diskuslappenrisse, korbhenkelartige Risse bzw. Lösungen, die mit den Kniegelenkmenisken vergleichbar sind [47].

Da der Diskus im Nativröntgenbild nicht erkannt werden kann, kommt der Beurteilung der Frakturform des Proc. styloideus ulnae eine besondere Bedeutung zu (Abb. 6). Während der isolierte Spitzenabriss des Proc. styloideus ulnae kein Hinweis für eine Instabilität im distalen Radioulnargelenk ist, bedeutet der Basisabriss des Proc. styloideus ulnae eine Beteiligung des TFCC-Komplexes und damit eine Instabilität im distalen Radioulnargelenk (TYP I und TYP II [40]). Es resultiert eine radiale Translationsinstabilität des Karpus (Abb. 6). Gleichzeitig liegt dann eine Ruptur des Lig. collaterale ulnare vor, die die Instabilität verstärkt [32], und der Diskus in der Fovea ulnaris ist mit betroffen. Die Diskusverletzung ist in aller Regel eine Komplexverletzung [72]. Die isolierte Diskusverletzung ist selten [88].

Jede Klassifikation orientiert sich an der Ätiologie und der daraus resultierenden Behandlungsmöglichkeit, so auch beim distalen Radioulnargelenk. Die Anforderungen an ein funktionierendes distales Radioulnargelenk sind zum einen intakte Gelenkflächen zwischen Ulna-Ellenkopf und Sigmoid-Notch des Radius, zum anderen ein intaktes ligamentäres System und schließlich ein geeignetes Längenverhältnis zwischen distaler Elle und distalem Radius. Aufbauend auf den Klassifikationen von Vesely [114], Palmer [89], Bowers [17] und Milch [75] schlägt Nathan [84] eine Einteilung der Schäden des distalen Radioulnargelenks in 4 Kategorien vor:

Instabilität,

Impingement,

fehlende Kongruenz und

isolierte Schäden des Discus articularis.

Zur Instabilität gehören die isolierten traumatischen Rupturen des TFCC-Komplexes unter Mitbeteiligung der randständigen Diskusrisse sowie der Verletzungen des fibroossären Bodens der Extensor-carpi-ulnaris-Sehne und der ulnokarpalen Bänder.

Entscheidend, insbesondere für die Begutachtung, ist auch die Unterscheidung traumatisch versus nicht traumatisch. Traumatisch bedingte Diskusrisse sind entweder isoliert oder sie kommen im Verbund mit anderen Verletzungen vor (Komplex), zum Beispiel in Verbindung mit der distalen Radiusfraktur. Des Weiteren sind traumatische Diskusrisse als frisch traumatisch zu bezeichnen (innerhalb der ersten 2 Wochen) bzw. als veraltete Rupturen. Diese Unterscheidung ist für die Therapie von Bedeutung. Frische traumatische Rupturen können im gefäßversorgten Bereich, also randständig, genäht werden, veraltete Rupturen zeigen das gleiche Problem, wie es sich auch bei der veralteten Kniemeniskusruptur findet.

Nicht traumatische Diskusschäden können ebenfalls isolierter Natur sein oder auch komplexer Art, so wie sich dies bei Kompressionssyndromen findet. Schließlich bedarf es des Hinweises, dass bei der Diskusruptur oder auch bei nicht traumatisch bedingten Schäden eine exakte Lokalisation notwendig ist; liegen randständige Abrisse oder zentral lokalisierte Rupturen vor, sind diese radial- oder ulnarseitig zu finden oder auch palmar- oder dorsalseitig.

Diagnostik

Die verschiedenen diagnostischen Verfahren zur Klärung einer Handgelenkproblematik sollten im Sinne einer synergetischen Gelenkdiagnostik [45] eingesetzt werden, um einen Algorithmus anzustreben [107].

Die klinische Untersuchung bei ulnarem Kompressionsschmerz, aber auch bei Zeichen der Instabilität im distalen Radioulnargelenk gibt lediglich Hinweise. Im Vordergrund steht der ulnokarpale Stresstest.

Im Nativröntgenbild finden sich lediglich Hinweise auf knöcherne Verletzungen, die durch eine genauere Unterscheidung der Typenklasse 1B und 1D unterschieden werden, da ja diese TFCC-Läsionen mit oder ohne knöcherne Verletzung bestehen. Des Weiteren erlaubt die Nativröntgenaufnahme eine Bestimmung der Längenverhältnisse zwischen den beiden Unterarmknochen im Sinne der radioulnaren Differenz, die gemäß den Angaben von Hultén [53] als Ulna-Plus-, Ulna-Null- und Ulna-Minus-Variante bestimmt wird. In Abhängigkeit dieser Varianten finden sich Diskusschäden, bei der Hultén-Minusvariante mit 23 %, bei der Hultén-Nullvariante mit 35 % und bei der Hultén-Plusvariante mit 68 %. Die Hultén-Verteilung ändert sich auch in Abhängigkeit vom Lebensalter, gemäß den Angaben von Kim [63] gibt es Hultén-Plusvarianten beim Embryo nicht.

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