Übersichtsarbeiten - OUP 02/2016

Der Diskus am Handgelenk

Einfacher ist die Beurteilung eines Diskusschadens, wenn Begleitverletzungen vorliegen. Begleitverletzungen sind in der Instabilität im distalen Radioulnargelenk zu sehen mit oder ohne knöcherne Verletzung im Sinne eines Abrisses des Proc. styloideus ulnae oder auch eines knöchernen Diskusausrisses aus dem Radius, meist in Verbindung mit einer Radiusfraktur. Liegt eine Instabilität im distalen Radioulnargelenk traumabedingt vor, so ist grundsätzlich von einer Beteiligung des Diskus auszugehen.

Entsteht eine Diskusruptur aufgrund einer Verletzung des distalen Radioulnargelenks (oberflächliche und tiefe Schicht des peripheren Diskus), so entsteht eine Änderung der Ulnavarianz in Richtung Ulna-Plus-Variante (Ulnavorschub). Die Zunahme der radioulnaren Differenz (Ulna-Plus-Zunahme) bis 0,7 mm ist ein Hinweis auf eine Ruptur der oberflächlichen Schicht und bis 1,6 mm auf eine Ruptur der tiefen Schicht im Seitenvergleich zur nicht verletzten Hand [100].

Für die Stabilität im DRUG ist auch die Membrana interossea (IOM) mit verantwortlich [121]. Die gesamte IOM stabilisiert den Radius an die Ulna nach dorsal in Pronation, die distalen Anteile der IOM zusätzlich nach volar und auch in Supination. Somit führt auch eine Zerreißung der Membrana interossea zur Verletzung des Discus articularis.

Die häufigste Form der Verletzung am körperfernen Speichenende ist die Fraktur, die gemäß AO-Klassifikation beim Typ B und C häufiger zu einer Diskusbeteiligung führt als bei Typ-A-Verletzungen. Des Weiteren sind extraartikuläre Frakturen seltener geeignet, den Diskus zu schädigen, als die intraartikulären Frakturen. Liegt eine Radiusfraktur vor und es wird gleichzeitig eine Diskusverletzung festgestellt, so ist der traumatische Charakter des Diskusschadens wahrscheinlich.

Die Beurteilung des Unfallmechanismus sieht eine Einteilung in geeignete und nicht geeignete Mechanismen vor. Im Ausnahmefall kann ein sogenannter erleichterter Mechanismus anerkannt werden, wenn eine altersentsprechende Veränderung besteht, die auch mit geringerem Kraftaufwand geschädigt werden kann. Geeignete Mechanismen sind: der Sturz auf eine pronierte, extendierte Hand, der extreme Extensions-/Pronationsmechanismus, der ellenseitige Zug im Sinne einer Traktionsverletzung, ein extremes Extensions-/Supinationstrauma, auch ein isoliertes extremes Extensionstrauma sowie alle Mechanismen, die zu Begleitverletzungen führen, mit denen Diskusverletzungen einhergehen. Nicht geeignete Mechanismen dagegen sind das Verhebetrauma, Flexionstraumen, Kontusionstraumen, die axiale Stauchung und Drehbewegungen ohne Gegenkraft.

Die Kernspintomografie ist die Methode zur Feststellung von Diskusverletzungen bzw. Diskusschäden mit der höchsten Aussagekraft ohne Verwendung invasiver Verfahren. Nachdem Diskusschäden mit Knorpelschäden einhergehen (Abutment), muss auf das Knorpelproblem bei der Kernspintomografie hingewiesen werden. Traumatische Knorpelschäden gehen immer mit einer Bone-bruise-Veränderung im geschädigten Bereich einher, diese Bone-bruise-Veränderungen heilen aber in einem Zeitraum zwischen 6 und 12 Monaten folgenlos aus. Bleiben Bone-bruise-Veränderungen längere Zeit bestehen, so sind diese ein Hinweis auf einen länger, schon vor dem Unfall bestehenden Knorpelschaden, da bone-bruise-artige Veränderungen mit der Arthrose einhergehen [15, 16, 48]. Die Kernspintomografie ist auch geeignet, begleitende Bandverletzungen und auch Ergussbildungen zu erfassen. Die ellennahen Kontinuitätsunterbrechungen am Proc. styloideus ulnae müssen kritisch vom Recessus styloideus ulnae abgegrenzt werden [105].

Für eine Diskusruptur geeignete Mechanismen führen zu Begleitverletzungen, entweder zu Rupturen der radioulnaren Bänder oder zu Knochenmarködemen (Stauchung) im Ulnokarpalgelenk. Beide Verletzungszeichen sollten magnetresonanztomografisch feststellbar sein. Eine tatsächlich isolierte Diskusverletzung ist ebenso wie eine isolierte Meniskus- oder Bandscheibenverletzung unwahrscheinlich. „Es gibt zwar einen isolierten Meniskusschaden, aber keine isolierte ‚Meniskusverletzung‘“ [71]. „Den isolierten Meniskusriss durch indirekte Verletzung gibt es ebenso wenig wie den isolierten Bandscheibenriss an der Wirbelsäule“ [122].

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Harald Hempfling

Büro Murnau

Gabriele-Münter-Platz 2, 82418 Murnau

hempfling@online.de

Literatur

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2. Adams BD. Partial excision of the triangular fibrocartilage complex articular disk: A biomechanical study. J Hand Surg 1993; 18A: 334–340

3. Adams BD, Holley KA. Strains in the articular disk of the triangular fibrocartilage complex: A biomechanical study. J Hand Surg 1993; 18A: 919–925

4. Ahmadi A, Pomsel T. Handgelenkarthroskopie bei unklaren posttraumatischen Beschwerden. Handchir Mikrochir Plast Chir 1990; 22: 71–73

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6. Atzei A, Rizzo A, Luchetti R, Fairplay T. Arthroscopic foveal repair of triangular fibrocartilage complex peripheral lesion with distal radioulnar joint instability. Techniques in Hand and Upper Extremity Surgery 2008; 12(4): 226–235

7. Baehser-Griffith, Bednar, Osterman. CULP: Arthroscopic Repairs of Triangular Fibrocartilage Complex Tears. AORN Journal 1997; 66(1)

8. Bednar MS, Arnoczky SP, Weiland AJ. The microvasculature of the triangular fibrocartilage complex: Its clinical significance. J Hand Surg 1991; 16A: 1101–1105

9. Bednar JM, Osterman AL. The role of arthroscopy in the treatment of traumatic triangular fibrocartilage injuries. Basic wrist arthroscopy and endoscopy 1994: 10(4)

10. Bednar JM. Repair of Peripheral Triangular Fibrocartilage Lesions. Therapeutic and Advanced Wrist Arthroscopy. Birmingham, Alabama: American Society for Surgery of Hand, 1994

11. Benjamin M, Evans EJ, Pemberton DJ. Histological studies on the triangular fibrocartilage complex of the wrist. J Anat 1990; 172: 59–67

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