Übersichtsarbeiten - OUP 10/2017

Die Endoprothetik des Handgelenks – ein positiver Ausblick

Im Zusammenhang mit einer kritischen Beurteilung der Handgelenkendoprothetik wird noch häufig die Veröffentlichung von Cavaliere und Chung [6] angeführt. Sie verglichen die Komplikationsraten von Arthroplastik (30 %) mit denen nach einer Arthrodese. Aber bereits Murphy [6] fand in seinem Vergleichskollektiv vor über 10 Jahren, dass aufgrund erheblicher funktioneller Vorteile (körperliche Hygiene) die meisten Patienten eine bewegliche Lösung favorisierten.

Mit einem Ersatz des rheumatisch zerstörten Handgelenks lässt sich immerhin eine Reduktion der im Vergleich zum Gesunden um den Faktor 10 erhöhten Belastungsspitzen auf das 4- bis 5-Fache im Finite-element-Modell nachweisen. Dabei verschiebt sich die Spannungsverteilung von ulnar nach radial und in Richtung Trapezium [4].

Wesentliche Erkenntnisse biomechanischer Prinzipien reflektieren das Design der angeführten „neuen“ Prothesen. Eine verlässliche Rekonstruktion des Rotationszentrums ist eine uneingeschränkte Voraussetzung für das Funktionieren und die Stabilität des Implantats. Die früheren Probleme der Instabilität und Dislokation lassen sich durch Einhaltung dieses Prinzips relevant verringern. Ein Blick in die Zukunft bleibt dem Leser allerdings verwehrt, sodass keine Entscheidung für oder gegen ein konkav-konvexes, mehr ellipsoides Artikulationskonzept oder aber dem eines Kugellager derzeit getroffen werden kann. Eine möglichst modulare Komponentenauswahl erleichtert dem Operateur das Balancieren der Weichteile.

Auch das Ausmaß der für die Implantation erforderlichen Knochenresektion ist erheblich reduziert worden, indem z.B. bei der ReMotion die radiale Komponente lediglich einen Gelenkflächenersatz darstellt und keine Ulnakopfresektion erforderlich ist. Eine sparsame Knochenresektion unter Schonung der Bänder mit entsprechendem Erhalt der Propriozeption erhöht die intrinsische Stabilität und schafft eine im Revisionsfall bessere Ausgangslage für eine evtl. notwendige sekundäre Arthrodese. Dieser Umstand sollte immer mit bei der Indikationsstellung zur Handgelenkendoprothese bedacht sein, da eine Revision zur sekundären Arthrodese unter Rekonstruktion der karpalen Höhe kaum ohne Knocheninterponat auskommen wird. Der autologe Ersatz von Spongiosa aus dem Beckenkamm ist natürlich begrenzt und bei multiartikulär betroffenen RA-Patienten meistens bei vorangegangenen operativen Interventionen bereits verwendet worden. Im Hinblick auf die Lockerungsproblematik hat sich, ähnlich wie bei der Arthroplastik des oberen Sprunggelenks, die zementfreie Technik durchgesetzt.

Aufgrund der geringen Größe der Knochen am Handgelenk und der begrenzten Menge ortsständiger Spongiosa bei zu erwartenden, erheblich einwirkenden Kräfte, scheiterte die Zementimplantation, insbesondere im Bereich der Handwurzel. Als technisch schwierig erwies sich in der Vergangenheit die Implantation der karpalen Prothesenkomponente der Biax-Prothese, die eingeschlagen wird ohne Fixierung durch Schrauben, was zur Lockerung der karpalen Komponente führte. Eine suffiziente interkarpale Fusion nach den Vorstellungen eines „Solid-blocks“-Prinzips erhöht die Primärstabilität zusammen mit einer „porous coated“ Basisplatte und winkelstabiler Schraubenfixation. Zudem sollte das Metacarpale 2 nur an der Basis erreicht werden, um lange Hebelarme zu vermeiden. Das sehr mobile Carpometacarpal-4-Gelenk sollte nicht in die Fixationsstrecke einbezogen werden (Abb 3a–c).

Weiterhin schwierig ist ein Vergleich der Ergebnisse und Komplikationen der unterschiedlichen Prothesen wegen der geringen Fallzahl, unterschiedlichen Nachuntersuchungskriterien und häufig nur kurzen NU-Zeiträumen. Auch wurden bei der häufig im Rahmen der RA mit durchgeführten Ulnaköpfchenresektion ganz verschieden Stabilisierungstechniken angewandt. Es fehlen weiterhin längerfristige Nachuntersuchungen mit höheren Fallzahlen. Auch ein Blick in die Register hilft nicht immer weiter. So umfasst das Norwegische Endoprothesenregister nur unzureichend die 3 in den USA bevorzugten und FDA-zugelassenen Systeme Universal 2 (KMI, San Diego, CA), ReMotion (SBI, Morrisville, PA) und Maestro (Zimmer Biomet, Warsaw, IN). In Norwegen korrelierte einzig das weibliche Geschlecht negativ mit der Prothesenstandzeit. Es fand sich diesbezüglich eine 3-fach höhere Revisionsrate [20]. Keinen Unterschied im Hinblick für Revisionen ergab der Vergleich zwischen RA und anderen Ätiologien.

Insgesamt stellen sich die aktuellen Ergebnisse der Handgelenkendoprothetik, verglichen mit der Vergangenheit, deutlich komplikationsärmer dar. So ist ersichtlich, welche eminenten Verbesserungen die neueren Modelle der Handgelenkprothesen mit sich gebracht haben.

Kürzlich veröffentlichte van Winterswijk [36] seine ausschließlich RA-Patienten adressierende Erfahrungen mit der Universal 2 nach einem Follow-up von durchschnittlich 46 Monaten bei 15 Patienten (17 Handgelenke, 8 Universal 1 und 9 Universal 2). Die klinischen Ergebnisse waren gut, die Schmerzen und die DASH-Punktzahl wurden reduziert und ein Anstieg des ROM (von 68° auf 91°) wurde beobachtet. Es fanden sich 2 Komplikationen, eine frühe Dislokation (stabil nach geschlossener Reposition) und eine distale Lockerung.

Eine retrospektive Fallserie aus diesem Jahr über einen 9-Jahres-Zeitraum von 2002–2014 (69 Patienten, davon RA n = 29, JIA n = 1 und PsA n = 1) derselben, zementfrei implantierten TEP von Weiss et al. [13] detektierte eine nicht revidierte Implantat-Lockerung bei 3 (7,7 %) Patienten ohne weitere Komplikationen. Die geschätzte Kaplan-Meier-Überlebensanalyse für die kumulative Wahrscheinlichkeit einer Revisionsfreiheit wurde mit 78 % (95%-KI, 62–91 %) nach 15 Jahren angegeben. Der ROM betrug präoperativ 34° und postoperativ 38°. Der Schmerz wurde hochsignifikant reduziert. Ebenfalls ausschließlich RA bezogene retrospektive Fallzahlen nach Universal 2 Implantation lieferten Pfanner [29] für 22 Patienten (NU von 2003–2014). In 6 Fällen (26 %) war immerhin eine Revision erforderlich, wobei 2-mal mit einem Austausch der karpalen Komponente auszukommen war. Mehrere Veröffentlichungen beschäftigen sich mit Fällen von radiologischer Lockerung ohne Symptome [10, 35].

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