Übersichtsarbeiten - OUP 10/2017

Die Endoprothetik des Handgelenks – ein positiver Ausblick

Für alle angeführten Fallserien sollte allerdings immer ein gewisser Bias in der Interpretation berücksichtigt werden. So wurde doch gerade bei jungen und aktiven Patienten (jünger als 65 Jahre) die Arthrodese als Verfahren bevorzugt und überwiegend ältere, postentzündliche Verläufe wurden mit einer TEP versorgt. Ebenfalls neuere Daten für die Universal 2 lieferte Badge [3]. Er versorgte 95 RA-Patienten arthroplastisch und erzielte eine kumulative Revisionsfreiheit von 91 % (95%-KI, 84–91 %) innerhalb von 7,8 Jahren. Von 2 Wundinfektionen und einer Luxation sowie immerhin noch 9 Patienten mit Schmerzen wurde berichtet.

Für die ebenfalls biaxial-anatomisch konzipierte ReMotion-Prothese hat Herzberg [16] die ersten Ergebnisse in einer Reihe von 20 Handgelenken bei 19 Patienten (durchschnittlich 56 Jahre alt) für mehr als ein Jahr (durchschnittlich 2,7 Jahre) veröffentlicht. 13 Handgelenke waren durch entzündliche Arthritis zerstört worden, 7 hatten degenerative Arthritis anderer Ätiologie. Die klinischen Ergebnisse waren recht gut, es wurden keine Revisionen durchgeführt, obwohl bei 2 Patienten eine Lockerung der proximalen oder distalen Komponente beschrieben wurde. Die RA-Patienten profitierten hinsichtlich einer Zunahme des Bewegungsumfangs deutlich (Steigerung auf 71°). Dagegen fand sich in der Gruppe der degenerativ erkrankten Handgelenke eine leichte Abnahme (49°). Auch die Griffstärke verbesserte sich von 7 auf 11 kg in der postentzündlich betroffenen Gruppe. Nicoloff [27] beschrieb bei seinen mittelfristigen 5-Jahres-Ergebnissen mit 3 Prothesenmodellen (41 % RA-Patienten) bei 162 Patienten dagegen eine leichte Verringerung des Bewegungsausmaßes bei den Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis, während es sich bei Patienten mit Vorliegen anderer Krankheitsbilder verbesserte. In beiden Patientengruppen fand sich eine deutliche Kraftsteigerung. Insgesamt zeigte sich eine Komplikationsrate bei einer Standzeit von durchschnittlich 5 Jahren von 3,7 %. Der Ausbau einer Handgelenkprothese und eine sekundäre Arthrodese waren in keinem Fall erforderlich. 86 % der Patienten erreichten gute und sehr gute Ergebnisse (Quick-Dash-Score, Clayton-Score). 4 % der Prothesenversorgungen wurden als schlecht bewertet. Bei der aktuellen Untersuchung waren 74 % der Patienten schmerzfrei, bzw. klagten 14 % über leichte Schmerzen, 4 % über mäßige und 8 % über deutliche Schmerzen. Im Zusammenhang mit der ReMotion-Handgelenkprothese berichteten Boeckstyns (Kopenhagen) und Herzberg (Lyon) [5] allerdings über eine hohe Rate periprothetischer Lysesäume > 2 mm (16 radial und 7 auf der karpalen Seite) nach 3 Jahren (n = 44), ohne dass sich zwangsläufig eine Komponentenlockerung ergab.

Sagerfors et al. [32] verglichen in Schweden in einer Single-center-Studie 4 verschiedene Prothesenmodelle. Von 2002–2012 wurden insgesamt 206 Patienten in die Studie eingeschlossen. Ausschließlich von einem Operateur implantiert wurden die aus kommerziellen Gründen nicht mehr produzierte Biax (DePuy) (n = 52), Remotion (n = 80), Universal 2 (n = 12) und Maestro) (n = 62). Das Durchschnittsalter betrug 60 Jahre und 181 Patienten waren weiblich. In 177 Fällen lag eine rheumatoide Arthritis und in 29 Fällen eine Osteoarthrose vor. Die Handgriffstärke nahm, außer für Universal 2, bei allen Typen signifikant zu. Die Patienten bewerteten die Zunahme der Leistungsfähigkeit und ihre Gesamtzufriedenheit mit der Maestro und Universal 2 etwas höher als mit Biax und Remotion. Die Beweglichkeit des Handgelenks (Flexion/Extension, Radial-/Ulnardeviation, Pronation/Supination) änderte sich für die Prothesen insgesamt statistisch nicht signifikant. Insgesamt verbesserten alle Endoprothesen den Schmerz und die Handgelenkfunktion signifikant (p < 0,001). Es zeigte sich eine leichte Tendenz zugunsten des Maestro-Implantats. Aber auch für dieses nach dem Ball-in-socket-Prinzip konstruierte Implantat wurden hauptsächlich im Bereich der radialen Verankerung Lysesäume beschrieben. In-vitro-Analysen [8] mit Finite-element-Modellen interpretieren diese als ein Stress-shielding-Phänomen. 2016 haben Hings et al. [17] die umfänglichen patientenspezifischen Dokumentationen von Operationen des orthopädischen Nachwuchses (American Board of Orthopedic Surgery/ABOS) für alle Arthrodesen und Endoprothesen des Handgelenks zwischen 2005–2014 analysiert. Das Verhältnis betrug 327 vs. 69 zugunsten der Fusion. Insgesamt waren die alloarthroplastisch versorgten Patienten signifikant älter (P = 0,005), überwiegend weiblichen Geschlechts (P < 0,001). Es überwog die Diagnose einer degenerativen Pankarpalarthrose (P = 0,003). Im Vergleich zur Arthrodese ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in der Komplikationsrate, einschließlich postoperativer Infektion, Nervenlähmung oder der Revisionsrate.

Der Wunsch des Patienten nach Funktionalität wird direkt ablesbar, wenn nach Arthrodese der einen Hand eine ebenfalls komplikationslose Endoprothesenimplantation der Gegenseite erfolgte. Diese Patienten favorisieren nahezu unisono die bewegliche Lösung. Trotzdem lässt sich mit einem radiokarpalen Ersatz, anders als beim Knie- oder Hüftgelenk, eher nicht das Funktionsausmaß eines gesunden Gelenks wiederherstellen. Sehr diffizile Untersuchungen mit einem flexiblen Elektrogoniometer wiesen eine Reduktion für den Extensions-/Flexionsbereich auf 72 % und 53 % für die Radial-/Ulnar-Deviation nach. TEP-implantierte Patienten benötigten im Schnitt die doppelte Zeit für mit dem Sollerman-Hand-Funktionstest ermittelte Verrichtungen. Die Griffstärken verringerten sich lediglich um 30 % und insgesamt ergaben sich gute bis sehr gute Bewertungen der einzelnen Scores (Michigan Hand Questionnaire (MHQ), Patient Evaluation Measure (PEM) [34]. Eine Abnahme des postoperativen Bewegungsumfangs stellt in der Gruppe der zuvor schmerzhaft- instabilen Handgelenke bei RA (Typ Simmen 3) auch nicht unbedingt ein Komfortdefizit dar. Profitieren diese Patienten doch umso deutlicher von einer Verbesserung der Sehnenvorspannung (Kraft) und Stabilität.

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