Übersichtsarbeiten - OUP 10/2016

Die Wirkung von intraartikulärer Hyaluronsäure nach einer arthroskopischen Meniskusoperation*
Ergebnisse aus einer randomisierten, kontrollierten BlindstudieResults of a randomized, controlled, blinded clinical trial

Johan Arjen Christiaan de Heus1, Kristien Hendrik Vuylsteke1, Geert Alfons Declercq1

Zusammenfassung: Zur Auswertung der Wirkung einer einzelnen intraartikulären Hyaluronsäureinstillation (HA-Instillation) unmittelbar nach einer arthroskopischen Meniskusoperation auf Nebenwirkungen nach dem Eingriff wurde eine randomisierte, kontrollierte Blindstudie mit 64 Patienten durchgeführt, die 2 Gruppen zugeteilt wurden: ausschließlich Arthroskopie (Kontrollgruppe, C-Gruppe) bzw. Arthroskopie mit einer zusätzlichen Verabreichung einer einzelnen HA-Lösungsinstillation (10 ml 0,5-prozentiger HA; HA-Gruppe). 58 Patienten schlossen die Studie ab. Die Daten liefern einen Nachweis für den Nutzen von zusätzlichen Schmerzmitteln nach der HA-Behandlung. Die gesundheitliche Lebensqualität in beiden Gruppen unterschied sich nicht signifikant. Nach 2 Wochen traten in der HA-Gruppe signifikant weniger Gelenkergüsse auf. Die Defizite in der Beweglichkeit des Knies gingen in der HA-Gruppe stärker zurück; die höchste beobachtete Überlegenheit bestand 2 Wochen nach der Operation. Außerdem konnten die Patienten der HA-Gruppe 6 Tage früher an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und nahmen sportliche Aktivitäten 8 Tage früher als die Patienten der C-Gruppe wieder auf.

Schlüsselwörter: Hyaluronsäure, arthroskopische Meniskusoperation, randomisiert, kontrolliert, doppelblind, Behandlungsstudie

Zitierweise
de Heus JAC:, Vuylsteke KH, Declercq GA: Die Wirkung von intraartikulärer Hyaluronsäure nach einer arthroskopischen Meniskusoperation. Ergebnisse aus einer randomisierten, kontrollierten Blindstudie. OUP 2016; 10: 582–591 DOI 10.3238/oup.2016.0582–0591

Summary: To evaluate the effect of a single intraarticular hyaluronan (HA) instillation after arthroscopic meniscus surgery on post-interventional side effects, a randomized, controlled, blinded clinical trial was performed in 64 patients assigned to arthroscopy alone (control, C-group) or arthroscopy with additional administration of a single injection of HA solution (10 ml of 0.5 % HA; HA-group). 58 patients completed the study. The data provide evidence for additional pain relief following HA treatment. Health related quality of life did not show a significant difference between both groups. Joint effusion was significantly less after 2 weeks in the HA-group. Deficits in knee motion resolved to a greater extent in the HA-group with highest observed superiority 2 weeks post-surgery. Further, patients of the HA-group returned to work 6 days earlier and resumed sporting activities 8 days earlier as compared to patients of the C-group.

Keywords: hyaluronic acid, arthroscopic meniscus surgery,
randomized, controlled, double-blinded, therapeutic trial

Citation
de Heus JAC:, Vuylsteke KH, Declercq GA: The effect of intraarticular hyaluronic acid after arthroscopic meniscus surgery. Results of a randomized, controlled, blinded clinical trial
OUP 2016; 10: 582–591 DOI 10.3238/oup.2016.0582–0591

Einleitung

Meniskusrisse zählen zu den häufigsten Knieverletzungen. Bestehen die Symptome nach einer konservativen Behandlung fort, kann eine arthroskopische Meniskusoperation indiziert sein, um eine Vergrößerung des Risses durch Bewegung und eine Beschädigung des empfindlichen Knorpels durch Meniskusfragmente zu verhindern. Hinsichtlich der langfristigen Vorteile einer arthroskopischen Operation bei verschiedenen Gelenkstörungen besteht kein Zweifel. Zwar ist der Krankenhausaufenthalt meist sehr kurz und Folgeschäden sind selten, doch während der Zeit von bis zu 6 Wochen nach der Operation treten häufig Beeinträchtigungen wie Schmerzen, Gelenkergüsse, Funktionsstörungen und weitere Komplikationen auf [1, 2]. Die Nachwirkungen können die Rehabilitation und die Rückkehr zur normalen Aktivität bis zu 2 Wochen lang behindern; die vollständige Gelenkfunktion ist teils erst wieder 2–3 Monate nach der Intervention gegeben [3, 4]. Darüber hinaus kann es aufgrund von schmerzvermeidenden Haltungen zu Gelenkimmobilität kommen, die das Risiko für ernste Komplikationen wie Arthrofibrose erhöht und laut manchen Quellen die Synthese der endogenen HA im Knorpel und der Synovialhaut herabsetzt [5–7]. Nicht zuletzt hängt die Zufriedenheit und Lebensqualität der Betroffenen direkt mit der Symptomfreiheit, einem vergrößerten Handlungsspielraum und einer Verringerung der benötigten Analgetika zusammen. Eine wirksame Behandlung der Schmerzen und Gelenkschwellung ist daher für eine frühe Rehabilitation und eine kostengünstige Patientenversorgung von höchster Wichtigkeit. Es gibt eine Reihe verschiedener Schmerzstillungsschemata zur Behandlung nach der Arthroskopie, doch die Risiken und Nutzen werden kontrovers diskutiert [2–4,8–10].

Die Beschwerden nach der Arthroskopie lassen sich teils der mechanischen Reizung des Gelenkgewebes während der Operation und dem unvermeidlichen Entzündungsprozess nach dem Eingriff zuschreiben. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Entfernung der Synovialflüssigkeit während der Gelenkspülung, die zum so genannten „trockenen Gelenk“ führt. Im gesunden Gelenk hat die Synovialflüssigkeit mit ihren viskoelastischen Eigenschaften durch den hohen Hyaluronsäuregehalt die Aufgabe, das Gelenk zu schmieren, Stöße zu absorbieren sowie die Gelenkhomöostase und dadurch eine reibungs- und schmerzlose Bewegung zu garantieren [11]. Hyaluronsäure (HA) wird fortwährend durch die Zellen der Synovialschicht synthetisiert, sodass die Oberfläche von Knorpel und Synovialmembran stets mit einer schützenden HA-Schicht bedeckt sind [12, 13]. Aufgrund der verflochtenen makromolekularen Struktur dient die HA wohl als halbdurchlässige Barriere, die Entzündungszellen und -moleküle aufhält, den Stoffwechsel zwischen Synovia und dem nicht vaskularisierten Knorpel jedoch zulässt [14, 15].

Während der Arthroskopie wird durch die Gelenkspülung die das Gelenkgewebe und die Schmerzrezeptoren umgebende Synovialflüssigkeit entfernt. Diese Strukturen sind dann Entzündungsfaktoren und mechanischen Schäden schutzlos ausgesetzt, was die Schmerzen verstärkt. Obwohl die Spülflüssigkeit größtenteils nach dem Eingriff aus dem Gelenk entfernt wird, können Reste den Stoffwechsel und die Struktur des Gelenkknorpels schädigen [16–18]. Da die endogene Wiederherstellung der Synovialflüssigkeit nur langsam vonstatten geht, lässt sich festhalten, dass die intraartikuläre Substitution der Synovialflüssigkeit auf HA-Basis unmittelbar nach der letzten Gelenkspülung dabei helfen kann, die Gelenkreizung einzudämmen und das Abnehmen der Schmerzen und die Rückkehr zur normalen Aktivität zu beschleunigen. Mittels der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob eine einzelne Instillation einer solchen Synovialersatzflüssigkeit auf HA-Basis in den Gelenkraum nach einer arthroskopischen Meniskusoperation das Auftreten und den Grad der oben aufgeführten Beschwerden nach dem Eingriff senken und zu einer schnelleren Wiederherstellung der Gelenkfunktion führen kann.

Methoden

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