Übersichtsarbeiten - OUP 04/2020

Dysphagie als Komplikation nach einer Operation an der Halswirbelsäule
Schnittstelle zwischen Logopädie und Orthopädie

Im Rahmen der Kooperation zwischen der SRH Hochschule für Gesundheit/Logopädie/ZWOT wird derzeit in einem weiteren prospektiven Studienzweig anhand radiologischer Auswertungen ausgewählter prä- und postoperativer sagittaler Profilparameter der Halswirbelsäule untersucht, ob es Korrelationen zwischen Veränderungen des sagittalen Profils der HWS und dem Auftreten von Schluckstörungen gibt.

Zusammenfassung und
Ausblick

Die Erkenntnisse aus der internationalen Forschungslandschaft sowie die Ergebnisse aus den Projekten der Kooperation am SRH Klinikum Karlsbad machen deutlich, dass Patienten nach Operationen an der HWS bislang hinsichtlich des Auftretens einer Dysphagie unterschätzt werden. Auch wenn die Mehrzahl der Patienten postoperativ leicht- bis mittelgradig beeinträchtigt ist, gibt es auch wenige schwer betroffene Patienten mit erheblichen Komplikationen.

Die Veränderungen der Schluckmechanismen sind vielfältig. Für manche Patienten mit ventralem Zugang steht eine postoperative Schwellung mit ihren mechanischen Komplikationen im Vordergrund, bei anderen Patienten dominieren möglicherweise Schädigungen von Nerven, welche zu den beschriebenen Auffälligkeiten führen. Der Einfluss des sagittalen Profils auf das Auftreten von postoperativer Dysphagie ist Inhalt weiterer Untersuchungen. Ziel sollte in jedem Fall sein, einerseits spezifische Merkmale der postoperativen Schluckphysiologie dieser Patienten herauszufiltern, andererseits Auffälligkeiten der Schluckphysiologie zu identifizieren, die möglicherweise bereits präoperativ, bspw. durch Schmerzen oder Haltungsveränderungen auftreten.

Es sind weitere Studien nötig, um zwischen den transienten und persistierenden Dysphagien unterscheiden zu können und zu detektieren, welche Kriterien für das Entwickeln einer schwerwiegenden und langfristigen Dysphagie verantwortlich sein können. Zudem sollte vor allem bei den Patienten mit langfristigen Dysphagien ein Augenmerk auf die Inzidenz von möglichen Komplikationen gelegt werden. Zusätzliche Aspekte wie Druckverhältnisse im Pharynx, auch der Einfluss von Narbengewebe auf die Schluckfunktion sollten ebenfalls genauer untersucht werden. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Erarbeitung von standardisierten und validierten klinischen Entscheidungskriterien, um relevante Schluckstörungen frühzeitig zu detektieren. Frühe Dysphagie-Screenings sind essentiell, um Sekundär-Komplikationen und verlängerte Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Für einige pharyngeale Beeinträchtigungen bleiben Fragen bestehen und hoch-qualitative Fall-Serien werden benötigt [16], um die Effektivität von Rehabilitations-Programmen zu bestätigen.

Das aktuelle Forschungsprojekt am SRH Klinikum Karlsbad versucht, diese Lücke zu schließen und einen klinischen Behandlungspfad für diese Patientengruppe zu entwickeln. Mit diesem umfassenden Wissen können geeignete therapeutische Maßnahmen für eine effiziente Rehabilitation generiert werden. Nach den bislang veröffentlichten Arbeiten und entsprechenden Schlussfolgerungen sollten Sprachtherapeuten stärker in das Behandlungsprozedere dieser Patientengruppe eingebunden werden [26]. Durch den Ausbau der Schnittstelle zwischen orthopädischem und logopädischem Behandlungsteam, sollten Risikopatienten schnell identifiziert und einer aussagekräftigen Diagnostik zugeführt werden, damit spezifische Beratung und ggf. eine Therapie erfolgen kann.

Interessenkonflikte:

Stefanie Duchac: keine angegeben

Christian Neuhäuser: keine angegeben

Tobias Pitzen: Honorare für Vorträge und Hospitantenbetreuung von BBraun, DePuy, Medtronic, Nuvasive

Das Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie auf: www.online-oup.de

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Stefanie Duchac

Studiengang Logopädie, B.Sc.

SRH Hochschule für Gesundheit

Campus Karlsruhe

Benzstraße 5

76185 Karlsruhe

stefanie.duchac@srh.de

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