Originalarbeiten - OUP 11/2013

Effekte einer pneumatischen Blutsperre im Rahmen einer Knietotalendoprothesen- Implantation
Eine Fall-Kontroll-StudieA case control study

S. Endres1, D. Stratmann2, A. Wilke2

Zusammenfassung: In der aktuellen Literatur gibt es unterschiedliche Angaben wann, wie lange, zu welchem Zeitpunkt eine Blutsperre verwendet werden soll. Zudem gibt es unterschiedliche Methoden, wie eine Blutsperre bei einer Operation angewendet werden kann. Welche Gründe sprechen also für oder gegen die Verwendung einer Blutsperre während der Implantation einer Knieendoprothese?

Unter Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien wurden 87 Patienten (Fallgruppe: n = 59; Kontrollgruppe: n = 28) in die Studie eingeschlossen und ausgewertet.
Primäres Studienziel der vorliegenden Arbeit ist es, die postoperative Beugefähigkeit einer Knie-TEP in Abhängigkeit von der Anwendung einer Blutsperre zu untersuchen. Sekundäre Studienziele sind der Vergleich der ermittelten Daten für den perioperativen Blutverlust, den Transfusionsbedarf, den initialen Schmerzmittelbedarf und das Auftreten einer tiefen Beinvenenthrombose bzw. Embolie mit der aktuellen Literatur.

Im Einklang mit der aktuellen Literatur zeigte sich, dass der Transfusionsbedarf, das Auftreten von Komplikationen wie tiefe Beinvenenthrombose/Embolie, Nervenschaden, Gefäßverletzungen, lokale Weichteilschäden oder auch Wundheilungsstörungen/Infekte unabhängig von der Verwendung einer pneumatischen Blutsperre sind. Auch hinsichtlich der postoperativen Beugefähigkeit zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied. Lediglich beim subjektiven Schmerzempfinden und dem Schmerzmittelverbrauch innerhalb der frühen postoperativen Phase (1.–4. Stunde) zeigte sich ein signifikanter Vorteil zugunsten der Kontrollgruppe (ohne Tourniquet).

Zusammenfassend zeigte sich, dass der routinemäßige Einsatz der pneumatischen Blutsperre beim endoprothetischen Ersatz des Kniegelenks vermutlich zu einem verringerten intraoperativen Blutverlust mit besserer Darstellung der anatomischen Strukturen und einer optimalen Voraussetzung zur Zementierung der Komponenten führt. Ob allein die Reduktion des Schmerzmittelbedarfs in der frühen postoperativen Phase ein ausreichender Grund ist, auf die Blutsperre zu verzichten ist aufgrund der eigenen Ergebnisse und der aktuellen Literatur kritisch zu hinterfragen.

Schlüsselwörter: Tourniquet, Knie-TEP, klinisches Ergebnis, Komplikationen

 

Zitierweise

Endres S, Stratmann D, Wilke A: Effekte einer pneumatischen Blutsperre im Rahmen einer Knietotalendoprothesen-Implantation. OUP 2013; 11: 510–516 DOI 10.3238/oup.2013.0510–0516

Abstract: In current literature, there are different opinions when, how long, at what time a tourniquet should be used. In addition, there are different methods as a tourniquet can be used. So what are the reasons for or against the use of a tourniquet during the implantation of a total knee arthroplasty?

With regard to strict inclusion and exclusion criteria,
finally, 87 patients (case group: n = 59, control group:
n = 28) were enrolled and evaluated.

Primary objective of this study is to investigate the postoperative range of motion of a total knee arthroplasty depending on the application of a tourniquet. Secondary study objectives are the comparison between the data for perioperative blood loss, transfusion requirements, the initial need for analgesics and the occurrence of deep vein thrombosis or embolism with the current literature.

The results demonstrated that the need for transfusion, the incidence of complications such as deep vein thrombosis/embolism, nerve damage, vascular injury, local soft tissue injury or wound complications e.g. infections are independent of the use of a pneumatic tourniquet. Also in terms of postoperative range of motion, there was no statistically significant difference. Only in the subjective perception of pain and analgesic consumption within the early postoperative period (1.–4. hour), a significant advantage in favor of the control group (no tourniquet) was evident.

In summary, it was found that the routine use of the pneumatic tourniquet for total knee arthroplasty presumably leads to a reduced intraoperative blood loss with better representation of the anatomical structures, and an optimum condition for the cementation of the components. Whether the reduction of pain medication requirement in the early postoperative period is a sufficient reason to abandon the tourniquet should be considered critically because of the presented results and the data of the current literature.

Keywords: tourniquet, total knee arthroplasty, outcome, complications

 

Citation

Endres S, Stratmann D, Wilke A: Effects of tourniquet in total knee
arthroplasty with regard to functional outcome and complications. OUP 2013; 11: 510–516 DOI 10.3238/oup.2013.0510–0516

Hintergrund und
Fragestellung

Die Implantation eines künstlichen Kniegelenks gehört heute, nach dem Ersatz des Hüftgelenks, zu der am häufigsten durchgeführten Gelenkersatzoperation. Jährlich werden bundesweit etwa 160.000 Kniegelenkprothesen primär implantiert. Das postoperative Ergebnis bestimmt zum großen Teil den zusätzlichen Kostenaufwand für die Klinik als auch für den Versicherer als Kostenträger. So erfordert ein höherer intra- und postoperativer Blutverlust die Gabe von Erythrozytenkonzentraten, eine schlechte Beweglichkeit erfordert einen vermehrten krankengymnastischen Übungsaufwand, und eine tiefe Beinvenenthrombose verursacht zusätzliche Therapiekosten.

In der aktuellen Literatur gibt es unterschiedliche Angaben wann, wie lange, zu welchem Zeitpunkt eine Blutsperre verwendet werden soll. Zudem gibt es unterschiedliche Methoden wie eine Blutsperre bei einer Operation angewendet werden kann. Die Blutsperre kann von Anfang bis zum Ende der Operation erfolgen [1], sie kann nach Zementieren der Komponenten eröffnet werden [2] oder sie kann nur zum Zementieren der Komponenten erfolgen. Als möglicher Vorteil einer Blutsperre wird ein signifikant verminderter intraoperativer Blutverlust und eine bessere Übersicht und Trockenheit des Operationsgebiets angegeben, der eine optimale Fixierung der Komponenten mit Knochenzement ermöglicht [3].

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