Originalarbeiten - OUP 11/2013

Effekte einer pneumatischen Blutsperre im Rahmen einer Knietotalendoprothesen- Implantation
Eine Fall-Kontroll-StudieA case control study

Primäres Studienziel der vorliegenden Arbeit ist es, die postoperative Beugefähigkeit einer Knie-TEP in Abhängigkeit von der Anwendung einer Blutsperre zu untersuchen. Sekundäre Studienziele sind der Vergleich der ermittelten Daten für den perioperativen Blutverlust, den Transfusionsbedarf, den initialen Schmerzmittelbedarf und das Auftreten einer tiefen Beinvenenthrombose bzw. Embolie mit der aktuellen Literatur. Welche Gründe sprechen also für oder gegen die Verwendung einer Blutsperre während der Implantation einer Knieendoprothese?

Studiendesign und
Untersuchungsmethoden

Statistische Berechnung
der Studienpower

Bei einer Effektgröße von 0,8, einem ? von 0,05 und einer Gesamtfallzahl von n = 87 (Fallgruppe: n = 59; Kontrollgruppe: n = 28) errechnet sich eine Power von 0,93. [Software G-Power 3.1.5]

Einschlusskriterien

  • Auswertungszeitraum: Januar 2009 bis Dezember 2011,
  • Patienten/Operationen vom Autor (SE),
  • Alle Operationen wurden über einen vorderen Zugang nach Payr mit medialer Arthrotomie durchgeführt.
  • Alle Patienten wurden mit einem bikondylären Oberflächenersatz Typ Genesis II CR der Fa. Smith and Nephew, UK, versorgt.
  • Indikation zum bikondylären Oberflächenersatz war eine primäre Gonarthrose.

Ausschlusskriterien:

  • Präoperative Antikoagulanzientherapie,
  • Diabetes mellitus, bekanntes Malignom, rheumatoide Arthritis, anamnestisch bekannte tiefe Beinvenenthrombose oder Embolie,
  • Varus- oder Valgusdeformität von > 10°.

Demografische Daten

Für jeden Patienten wurden folgende Daten erfasst: Alter, Geschlecht, BMI (Body-Mass-Index), ASA-Klassifikation (American-Society-of-Anesthesiologists) und Narkoseverfahren.

Die Fallgruppe bilden Patienten, die unter Verwendung einer Blutsperre (380 mm Hg) operiert wurden, bei der Kontrollgruppe wurden die Patienten ohne Blutsperre operiert.

Die Entscheidung, ob eine Knieendoprothese mit oder ohne Blutsperre operiert wurde, erfolgte anhand einer Quasi-Randomisierung (abwechselnde Zuteilung) durch den Operateur. Unter Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien wurden schließlich 87 von insgesamt 158 Patienten (Fallgruppe: n = 59; Kontrollgruppe: n = 28) in die Studie eingeschlossen und ausgewertet. Die erhobenen Daten sind der Tabelle 1 zu entnehmen. Die Gruppen weisen keine statistisch signifikanten Unterschiede bezüglich BMI, Geschlecht, ASA-Klassifikation, Alter und Anästhesieverfahren auf.

Operation, Aufwachraum,
postoperative Nachbehandlung

Die Blutsperre wurde noch vor Desinfektion des Operationsgebiets angelegt, nachdem das Bein ausgewickelt wurde. Erst nach Wundverschluss,
Anlage eines sterilen Verbands und
Wickeln des Beins wurde die Blutsperre wieder geöffnet. Die Operation erfolgte über einen vorderen Zugang nach Payr mit medialer Arthrotomie. Generell wurde eine intraartikuläre Drainage gelegt. Eine postoperative Thromboseprophylaxe wurde mit Mono-Embolex 0,3 s.c. (Cetroparin-Natrium Fa. Novartis) durchgeführt. Nach der Operation verbrachten die Patienten die erste Nacht in einem Aufwachraum. Jeder Patient erhielt 100 mg Diclofenac als Suppositorium und als intravenöse Gabe einen Schmerzmittelperfusor mit 30 mg Dipidolor + 2,5 mg Novalgin auf 50 ml NaCl (30 mg Piritramid mit 2,5 mg Metamizol auf 50 ml NaCl). Der Schmerzmittelverbrauch wurde in ml/h dokumentiert. Die Dosierung wurde individuell mit Hilfe der Visuellen Analogskala (NRS Numeric-Rating-Scale: 0–10) dem Schmerzniveau des Patienten angepasst. Am ersten postoperativen Tag wurde der Patient auf die periphere Station verlegt und die kontinuierliche Schmerztherapie mittels Perfusorpumpe beendet. Die Drainage wurde am 2. postoperativen Tag entfernt. Die krankengymnastische Übungsbehandlung begann am 2. postoperativen Tag mit täglichen Behandlungseinheiten von 45 min Dauer nach folgendem Schema:

In der ersten Woche war eine schmerzadaptierte Vollbelastung an 2 Unterarmgehstützen im 4-Punkte-Gang und ab der 2. Woche der Übergang zur Volllast ohne Unterarmgehstützen möglich. Die krankengymnastische Übungsbehandlung wurde jeden Tag durch eine manuelle Lymphdrainage und die Mobilisation zusätzlich ab dem 2. Tag durch die Verwendung einer CPM-Schiene (Continuous Passive Motion, 1x täglich à 30 min) unterstützt. Ab dem achten Tag kam eine individuell angepasste medizinische Trainingstherapie (MTT) dazu.

Prä- und postoperative
Beugefähigkeit

Zur Vergleichbarkeit mit aktuellen Studien wurde die prä- und postoperative Beugefähigkeit anhand eines Goniometers innerhalb des stationären Aufenthalts erfasst. Die Dokumentation erfolgte durch den Arzt als auch durch den behandelnden Physiotherapeuten.

Blutverlust und Transfusionsbedarf

Der intraoperative Blutverlust, die postoperative Drainagemenge sowie die Notwendigkeit von Bluttransfusionen wurden dokumentiert. Der Gesamt-Blutverlust wurde kalkuliert nach Gross [4].

Die Berechnung erfolgt nach folgender Formel:

 

Korrekturfaktor: männlich –2,74, weiblich –2,37.

Kalkulierter Blutverlust postoperativ nach Gross:

 

Schmerzmittelbedarf

In den beiden Gruppen wurde der postoperative Schmerzmittelbedarf innerhalb der ersten 24 Stunden erfasst.

Komplikationen

Erfasst wurden klinisch relevante Komplikationen, die einer nachfolgenden Therapie bedurften. Hierzu gehörten lokale Hautschäden im Bereich der Blutsperre, tiefe Beinvenenthrombosen/Embolien, Wundheilungsstörungen bzw. Infekte oder Nachblutungen und zusätzlich der Transfusionsbedarf.

Operationszeit und
Krankenhausverweildauer

Die Operationszeit wurde anhand der Operations- und Narkoseprotokolle festgehalten und die Krankenhausverweildauer mit Hilfe der Krankenakten ausgewertet.

Statistik

Von den erfassten Daten wurden die Mittelwerte und Standardabweichungen berechnet. Mittels T-Test, Chi-Quadrat-Test und Fisher-Exact-Test mit einem Signifikanzniveau p < 0,05 erfolgte die statistische Auswertung der Daten.

Der T-Test wurde für die Berechnung der Signifikanz der erhobenen Daten (Alter, BMI und ASA) sowie zur Auswertung der Ergebnisse bezüglich des berechneten Blutverlusts, des mittleren gemessenen Blutverlusts, der OP-Dauer und des Krankenhausaufenthalts verwendet.

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