Originalarbeiten - OUP 11/2013

Effekte einer pneumatischen Blutsperre im Rahmen einer Knietotalendoprothesen- Implantation
Eine Fall-Kontroll-StudieA case control study

Der Chi-Quadrat-Test wurde für die Berechnung der Signifikanz bei den Narkoseverfahren und bei der Geschlechtsverteilung verwendet.

Bei der Auswertung der postoperativ aufgetretenen Komplikationen wurde der Fischer-Exact-Test benutzt.

Ethikkommission

Für die vorliegende Arbeit liegt eine Genehmigung durch die Ethik-Kommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vor (AZ 2011–022-f-S).

Ergebnisse

Prä- und postoperative
Beugefähigkeit

Präoperativ lag die durchschnittliche Beugefähigkeit in der Fallgruppe bei 76° ± 8 (Range 60°–90°) und in der Kontrollgruppe bei 79° ± 9 (Range 60°–100°). Postoperativ kam es zu einer Verbesserung der Beugefähigkeit (Präop. Versus postop: Fallgruppe p = 0,0001; Kontrollgruppe p = 0,0001), die am Tag der Entlassung in der Fallgruppe bei 94° ± 6 (Range 80°–110°) und in der Kontrollgruppe bei 92° ± 4 (Range 80°–100°) lag (Tab. 2). Der Unterschied zwischen beiden Gruppen war nicht signifikant (p = 0,17, nicht signifikant). Die Subgruppenanalyse der Beugefähigkeit zeigte bei Auswertung der Daten am 4., 6., 8. als auch am Entlassungstag keine statistischen Unterschiede zwischen der Fall- und der Kontrollgruppe.

Postoperativer Blutverlust

Der kalkulierte Blutverlust nach Gross zeigte einen signifikanten Unterschied (p = 0,05) zugunsten der Fallgruppe (mit Tourniquet) mit 1890 ml ± 590 (Range 660–3780 ml) versus 2180 ml ± 460 (Range 1270–3210 ml). Einen sehr signifikanten Unterschied (p = 0,002) zugunsten der Fallgruppe (mit Tourniquet) zeigte sich auch beim Blutverlust über die Drainagen (730 ml ± 328; Range 170–1650 ml versus 911 ml ± 361; Range 320–1700 ml). Bei der Auswertung des Transfusionsbedarfs zeigte sich allerdings, dass trotz der statistisch signifikanten Unterschiede beim kalkulierten Blutverlust nach Gross und dem Drainageverlust kein Unterschied (p = 0,26) in der Transfusionshäufigkeit nachweisbar war (8 EK´s versus 4 EK´s)(Tab. 3).

Schmerzmittelbedarf in den
ersten 12 Stunden postoperativ

In der Fall- und der Kontrollgruppe war der durchschnittliche Gesamtbedarf
in den ersten 12 Stunden mit 2,2 mg/h ± 0,74 (Range 1–3,95) und 2,1 mg/h ± 0,43 (Range 1–3,32) annähernd gleich. Ein statistisch signifikanter Unterschied war nicht nachweisbar (p = 0,32). Bei einer genaueren Analyse der Untergruppen zeigte sich, dass der Verbrauch in den ersten 4 Stunden in der Kontrollgruppe hochsignifikant geringer war (p = 0,0013). Im mittleren Zeitraum (5–8 h) ist der Schmerzmittelbedarf in beiden Gruppen annähernd gleich (p = 0,18) und in den letzten 4 Stunden (9–12 h) nahezu identisch (p = 0,88).

Operationszeit und Verweildauer

Die Operationszeit war in beiden Gruppen vergleichbar und zeigte keine signifikanten Unterschiede (p = 0,74). Die durchschnittliche Operationszeit in der Fallgruppe beträgt 77,8 min ± 14,8 (Range: 53–128 min) und in der Kontrollgruppe 78,8 min ± 8,1 (Range: 64–94 min). Der Krankenhausverweildauer lag in der Fallgruppe durchschnittlich bei 11,1 Tagen ± 2,66 (Range: 8–25 Tage) und in der Kontrollgruppe bei 10,64 Tagen ± 1,59 (Range: 8–14 Tage) (p = 0,42, nicht signifikant).

Postoperativ aufgetretene
Komplikationen

Komplikationen wie lokale Hauterosionen, tiefe Beinvenenthrombose, Wundheilungsstörungen, postoperative Kniegelenkteilsteifen, Nervenschäden, Gefäßverletzungen oder Nachblutungen sind der Tabelle 5 zu entnehmen. Ein signifikanter Unterschied zwischen Fall- und Kontrollgruppe konnte nicht festgestellt werden.

Diskussion

Die Verwendung einer pneumatischen Blutsperre beim endoprothetischen Ersatz des Kniegelenks wird in der aktuellen Literatur unverändert kontrovers diskutiert.

Eine Meta-Analyse von 893 Knie-TEPs hat gezeigt, dass der Gesamt-Blutverlust, der Transfusionsbedarf als auch die Operationszeit signifikant größer sind, wenn die Blutsperre vor dem Wundverschluss geöffnet wird. Eine plausible Erklärung ist die nach Öffnen der Blutsperre eintretende Hyperämie der operierten Extremität [5, 6].

Warum in der vorliegenden Arbeit der kalkulierte Blutverlust nach Gross [4] in der Fallgruppe mit durchschnittlich 1890 ml signifikant geringer war als in der Kontrollgruppe mit durchschnittlich 2140 ml (p = 0,05), kann abschließend nicht sicher geklärt werden. Eine mögliche Erklärung ist, dass ohne Blutsperre Blutungen zwar besser gesehen und gestillt werden können, aber auch mit einem vermehrten Blutverlust einhergehen. Die Anlage des elastischen Verbands vor Öffnen der Blutsperre und der dadurch bedingten Kompression ist womöglich eine Erklärung für den verminderten Blutverlust in der Fallgruppe. Eine Meta-Analyse von 1040 Knie-TEPs weist eine ähnliche Beobachtung auf. Smith und Hing kommen zu der Schlussfolgerung, dass ohne Blutsperre zwar der intraoperative Blutverlust größer ist, der Gesamt-Blutverlust als auch der Transfusionsbedarf allerdings unbeeinflusst bleiben [7]. Dies spiegelt sich letztlich im Transfusionsbedarf wieder, da ein signifikanter Unterschied zwischen Fall- und Kontrollgruppe nicht nachweisbar war (p = 0,26). Allerdings ist die Fallzahl der vorliegenden Studie zu klein, somit müssen die Schlussfolgerungen kritisch betrachtet werden.

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