Übersichtsarbeiten - OUP 02/2017

Einsatz von Kollagen-Hydrolysat als Nahrungsergänzungsmittel zur Behandlung von Patienten mit Arthrose

Klaus Flechsenhar1

Zusammenfassung

Hintergrund: Arthrose ist eine degenerative Erkrankung der Gelenke im Bewegungsapparat. Seit Jahren wird an der Entwicklung von Medikamenten gearbeitet, die eine strukturmodifizierende und symptombessernde Wirkung
haben, sogenannte DMOADS (disease modifying osteoarthritis drugs). Bis dato ist allerdings noch kein DMOAD
zugelassen worden. Ein Nahrungsergänzungsmittel, das auf die Behandlung von Arthrosepatienten abzielt, ist Kollagen-Hydrolysat (KH). Erhobene Daten zu KH lassen ein Wirkprinzip im Sinne eines DMOADS vermuten.

Methoden: In die Übersichtsarbeit einbezogen wurden
publizierte In-vitro-, In-vivo- und klinische Daten zu KH der Jahre 1979 bis jetzt.

Ergebnisse: In-vitro-Experimente an Chondrozyten konnten darlegen, dass KH zu einer Neusynthese von Kollagen Typ II und Proteoglykanen führt. In In-vivo-Experimenten mit
STR/ort-Mäusen konnte gezeigt werden, dass KH das Fortschreiten der Arthrose verlangsamen kann. Eine Reihe von klinischen Studien konnte im Hinblick auf die Symptomatik
belegen, dass die tägliche Einnahme von KH bei Arthrosepatienten zu einer Verminderung der Gelenkschmerzen und zu einer Verbesserung der Gelenkfunktion führt. Eine mit Kernspintomografie durchgeführte Studie an Patienten mit Kniegelenkarthrose legte sogar einen struktur-modifizierenden
Effekt der KH nahe.

Schlussfolgerung: Die Wirkung von KH wurde kontinuierlich dokumentiert, sodass dieses Nahrungsergänzungsmittel eine therapeutische Option für Patienten mit Arthrose darstellt.

Schlüsselwörter: Arthrose, Nahrungsergänzungsmittel,
Symptommodifizierung, Strukturmodifizierung, Biomarker

Zitierweise
Flechsenhar K: Einsatz von Kollagen-Hydrolysat als Nahrungsergänzungsmittel zur Behandlung von Patienten mit Arthrose.
OUP 2017; 2: 092–097 DOI 10.3238/oup.2017.0092–0097

Summary:

Introduction: Osteoarthritis is a degenerative disease in the musculo-skeletal system. For many years researchers have been working on drugs that entail structure modification and improvement in symptoms, so-called DMOADs (disease modifying osteoarthritis drugs). Up to now, no DMOAD has been approved. There is a nutritional supplement the objective of which is to treat patients with osteoarthritis. It consists of collagen peptides, equivalent to collagen hydrolysate (CH). Data that have been generated for CH suggest a mode of action, comparable to that of a DMOAD.

Methods: In-vitro-, in-vivo- and clinical data that have been published from 1979 up to now have been included in this review article.

Results: Experiments with chondrocytes demonstrated that CH entails a new synthesis of type-II-collagen and proteoglycans. Experiments with STR/ort mice revealed that CH slows the progression of osteoarthritis. Clinical studies
focusing on symptoms of osteoarthritis showed that the daily ingestion of CH results in a reduction of pain and in an
improvement of joint functioning in patients with osteoarthritis. A clinical trial with magnetic resonance imaging suggested that CH may have a structure-modifying effect in
patients diagnosed with osteoarthritis.

Conclusion: CH can be considered as a therapeutical option for patients with osteoarthritis.

Keywords: osteoarthritis, nutritional supplement, symptom modification, structure modification, biomarkers

Citation
Flechsenhar K: Use of collagen hydrolysate as nutritional supplement for the treatment of patients with osteoarthritis.
OUP 2017; 2: 092–097 DOI 10.3238/oup.2017.0092–0097

Einleitung

Arthrose ist eine degenerative Erkrankung der Gelenke. Sie fängt mit dem Verlust von Knorpelgewebe an [11, 10] und schreitet mit der Ausbildung von Osteophyten und dem Abbau der periartikulären Muskulatur weiter voran. Im Verlauf kann es mit Gelenkergüssen und Synovitiden zu entzündlichen Schüben kommen. Aus klinischer Sicht führt die Arthrose zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Im Endstadium kommt es zu einer kompletten Zerstörung des Gelenks, wodurch ein Gelenkersatz indiziert ist. Die Arthrose ist durch eine biomechanische Überlastung oder durch Knorpelverletzungen [8] begründet. Sie ist die häufigste aller Gelenkerkrankungen mit einer Prävalenz von 15 %, 12 % und 6 % jeweils in der Hand, in der Hüfte und im Knie [22]. In den westlichen Industrieländern steigt die Prävalenz der Arthrose exponenziell an: bei Männern, die älter als 50, und bei Frauen, die älter als 40 Jahre sind. Trotz der beachtlichen sozio-ökonomischen Bedeutung dieses Krankheitsbilds ist bisher noch kein Medikament entwickelt und zugelassen worden, welches sowohl den Knorpel regeneriert als auch die Symptome verbessert, also den Kriterien eines DMOADs (disease modifying osteoarthritis drug) entspricht. In den letzten Jahren fielen Nahrungsergänzungsmittel für die Behandlung der Arthrose auf, die zur Gruppe des Kollagen-Hydrolysats (KH) gehören, welche sowohl symptomverbessernde als auch strukturmodifizierende Eigenschaften aufweisen. KH ist ein Proteingemisch, welches industriell auf der Basis von tierischem Kollagen hergestellt wird (Abb. 1). Diese Kollagenpeptide werden von verschiedenen Herstellern (Gelita, Juncà, Nippi, Rousellot) mit unterschiedlichen Produktnamen (CH-Alpha, Colnatur, Fortigel, Gelastin, Peptane, Protesol D) in den Verkehr gebracht, wobei manche Hersteller auf das durchschnittliche Molekulargewicht ihres KH hinweisen, wodurch sowohl eine Auslobung des eigenen Produkts als auch eine Abgrenzung zu Produkten anderer Hersteller stattfinden soll. In dieser Übersichtsarbeit werden die präklinischen sowie klinischen Befunde zu KH beschrieben.

Methoden

In der vorliegenden Übersichtsarbeit wurden Originalarbeiten aus den Jahren 1979 bis jetzt berücksichtigt.

Ergebnisse

Um zu erklären, wie KH verstoffwechselt wird, führten die Autoren Oesser et al. einige Experimente durch. Sie konnten mithilfe einer Blindsackmethode an der Maus zeigen, dass ungefähr ein Zehntel des im Darmlumen befindlichen KH in intakter Form durch die Mukosa transportiert wird [18]. Eine Verfütterung von mit 14C-markiertem KH an C57/BL-Mäuse zeigte, dass sich 12 Stunden nach Gabe 95 % des zugeführten KH im Blutkreislauf befanden und sich danach präferentiell im Knorpel anreicherten. In einem In-vitro-Experiment konnten
Oesser et al. mit Hilfe von isolierten bovinen Chondrozyten darlegen, dass eine Inkubation dieser Zellen mit KH zu einer dosis-abhängigen Stimulation der Typ-II-Kollagen- und Proteoglykansynthese führt [21].

Diese Befunde konnten in-vivo bestätigt werden. Die männlichen Tiere des STR/ort-Mäusestamms werden mit einer Hüftdysplasie geboren, was zur Folge hat, daß 85 % der Mäuse im Alter von 35 Wochen eine Arthrose im medial-tibialen Plateau ausbilden. In einer Studie wurden 48 männliche Mäuse, die 6 Monate alt waren, in 2 Gruppen unterteilt [20]. Eine Gruppe erhielt 3 Monate lang 0,15 mg KH pro Gramm Körpergewicht, eine Kontrollgruppe erhielt über denselben Zeitraum täglich ein Rinderserumalbumin. Die Mäuse wurden nach Ablauf von 3 Monaten getötet. Eine Untersuchung des Knorpels der Kniegelenke der Mäuse zeigte bei der semi-quantitativen histopathologischen Untersuchung bei den mit Albumin gefütterten Tieren einen Arthrosegrad, der dem bekannten Verlauf bei diesem Mäusestamm entspricht. Der Arthrosegrad war bei den mit KH gefütterten Tieren statistisch signifikant geringer. Eine Studie mit einem 2 Monate alten STR/ort-Mäusestamm zeigte ähnliche Ergebnisse [19]. Beide Studien legten eine Wirksamkeit des KH im Sinne eines potenziell struktur-modifizierenden Agens nahe. Der erste Versuchsansatz entspricht dem der Sekundärprävention [20] und der zweite [19] dem der Primärprävention.

In den 1970-er und 1980-er Jahren wurde eine Fülle von einarmigen und nicht-kontrollierten Studien veröffentlicht [7, 5, 17, 25], die bei Patienten mit diagnostizierter Arthrose mit einer Dosierung von 7 Gramm KH über 1–6 Monate hinweg eine Schmerzreduktion sowie eine Beweglichkeitsverbesserung zeigten.

Die erste nach den Regeln von Good Clinical Practice durchgeführte Studie zum KH erfolgte in den Jahren 1996 bis 1998. Moskowitz führte eine prospektive, randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit 389 Patienten mit Kniegelenkarthrose Kellgren-Lawrence II/III durch, wobei die Studienteilnehmer in 2 Gruppen randomisiert wurden, Einnahme von 10 g KH pro Tag versus Placebo [14]. Die Patienten wurden in 20 Zentren in den USA, Großbritannien und Deutschland rekrutiert. Die Einnahmedauer betrug 24 Wochen. Die klinischen Endpunkte wurden definiert durch die Veränderung von Schmerz und Funktion gemessen durch den WOMAC (Western Ontario MacMaster Score). Bei den an den deutschen Zentren rekrutierten Patienten (n = 112) lag eine statistisch signifikante Überlegenheit des KHs gegenüber Placebo vor mit p = 0,004 für WOMAC Schmerz und p = 0,002 für WOMAC Funktion. An den US-amerikanischen (n = 173) (p = 0,351 für WOMAC Schmerz und p = 0,489 für WOMAC Funktion) und den britischen Zentren (n = 29) (p = 0,954 für WOMAC Schmerz und p = 0,815 für WOMAC Funktion) war die Studie negativ. Dies war am ehesten dadurch begründet, daß die Drop-out-Rate an den deutschen Zentren mit 7 % niedrig und an den amerikanischen und britischen Studienzentren mit je 42 % und 37 % hoch war.

In einer weiteren Studie stellte Rippe [30] bewusst die Gelenkfunktion in den Mittelpunkt. Die Endpunkte der betreffenden Studie waren isometrische und isokinetische Parameter wie Drehmomente, Kraftübertragung und Leistung, die mit dem Apparat Biodex System B2000 (Abb. 2) gemessen wurden. An 250 Patienten mit leichter Kniegelenkarthrose, bei einer Randomisierung 10 g KH versus Placebo, zeigte sich bei Drehmoment bei Streckung, Drehmoment bei Beugung und Kraftübertragung bei Streckung mit p-Werten von je 0,015, 0,022 und 0,031 für das KH eine statistische Überlegenheit.

Das Ziel der bisher aufgeführten Humanstudien war, eine Wirkung des KH bei Arthrosepatienten auf Schmerz und Funktion zu belegen. Bis dato gibt es nur eine Humanstudie zum KH, in der ein strukturrelevanter Parameter als primärer Endpunkt festgelegt wurde. Da das KH eine Wirkung auf die extrazelluläre Knorpelmatrix hat, erschien es sinnvoll, für den Nachweis einer strukturmodifizierenden Wirkung einen Parameter zu wählen, mit dem sich Veränderungen der Knorpelmorphologie messen lassen. Zur Zulassung von DMOADs sehen die European Medicines Agency (EMA) und die Food and Drug Administration (FDA) [4] vor, dass eine Veränderung des Gelenkspalts durch eine posterior-anteriore Röntgenaufnahme des Kniegelenks im Sinne von vorher-nachher nachgewiesen werden muss.

Der Hintergrund dieser Richtlinie liegt darin begründet, dass angenommen wird, dass die Größe des auf dem Röntgenbild gemessenen Gelenkspalts mit der Knorpeldicke im Kniegelenk korreliert. Um Röntgenaufnahmen von Patienten weltweit vergleichbar zu machen, gibt es strikte Vorgaben. Durch Einführung der Kernspintomografie als bildgebendes Verfahren konnte allerdings gezeigt werden, dass der Kniegelenkspalt mehr von der Anatomie und Lage des Meniskus als von der Knorpeldicke abhängt [1]. Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Osteoarthritis-Initiative (eine epidemiologische Studie in den USA, bei der in 4 Studienzentren 4796 Patienten mit Kniearthrose oder Risikofaktoren für Kniearthrose rekrutiert wurden, und die jährlich über 8 Jahre hinweg klinisch und auch mit Röntgen und Kernspintomografie nachuntersucht werden) wurden die Röntgenbilder von 967 Knien mit den dazugehörigen Kernspintomografien über einen Zeitraum von 1 bzw. 2 Jahren verglichen [28].

Schlussfolgerung dieser Untersuchung war, dass man mithilfe der Kernspintomografie detaillierter Veränderungen der Knorpelstruktur nachweisen kann als mit dem Röntgen. Eine räumliche Zuordnung der Veränderungen in der Knorpelmatrix war mit den Röntgenaufnahmen in der untersuchten Patientenkohorte nicht möglich. Das Röntgen hat sich somit für die Knorpelmorphologie als ein eher ungeeignetes Verfahren erwiesen. Die Kernspintomografie mit Gabe des Kontrastmittels Gadolinium-diethylen-triamin-penta-acetat (Gadolinium-DTPA) erschien das sensitivere Verfahren, um für das KH eine strukturmodifizierende Wirkung nachzuweisen.

Bei der Durchführung dieser Kernspintomografie spritzt man dem Patienten eine definierte Dosis des Gadolinium-DTPA intravenös. Das Prinzip dieses bildgebenden Verfahrens beruht darauf, daß das im Kreislauf befindliche Gadolinium-DTPA das Bestreben hat, sich im Knorpel anzureichern. Das Gadolinium-DTPA ist negativ geladen, genauso wie die Knorpelmatrix aufgrund der Proteoglykane. Bei der Arthrose gehen Proteoglykane verloren, sodass sich das Gadolium-DTPA im Knorpel anreichern kann, während es von dem gesunden Knorpel abgestoßen wird. Ein Maß für die Menge des Gadoliniums in der Knorpelmatrix ist die T1-Relaxationszeit. Es besteht eine umgekehrte Proportionalität zwischen dem Gadolinium und der Masse der Proteoglykane, sodass abfallende T1-Relaxationszeiten einen höheren Arthrosegrad bedeuten [2]. Diese besondere Technik der Kernspintomografie des Knorpels mit Hilfe des Gadoliniums wird mit dem Begriff dGEMRIC (englisch: delayed gadolinium enhanced magnetic resonance imaging of cartilage) abgekürzt. Die T1-Relaxationszeit ist synonym mit dem dGEMRIC-Score. Mit dieser Methode kann man Individuen voneinander unterscheiden, je nachdem, ob sie keinen, moderaten oder profimäßigen Sport treiben [27]. Die Methode ist auch geeignet, um bei denselben Individuen eine Veränderung der Knorpelmatrix innerhalb von 4 Monaten nachzuweisen, wie Roos und Dahlberg an meniskusresezierten Patienten zeigen konnten, je nachdem ob sie Sport trieben (n = 16) oder nicht (n = 14) (15 msec versus –15 msec, p = 0,036) [23].

Bei der von McAlindon et al. durchgeführten, prospektiven Studie zur Strukturmodifizierung (IND-Nummer 74249, NCT00536302) wurden 30 Patienten mit Kniegelenkarthrose Kellgren-Lawrence I/II [26] in Placebo und 10 g KH im Verhältnis 1:1 randomisiert [13]. Der primäre Endpunkt der Studie war die Veränderung des dGEMRIC-Scores nach 24 Wochen. Die Studiendauer betrug 48 Wochen. Die Bestimmung der Probandenzahl basierte auf den Arbeiten von Tiderius [27] und Roos und Dahlberg [23], sodass mit 15 Probanden pro Gruppe bei einem 2-seitigen Test für ein Signifikanzniveau von 0,05 eine Teststärke (Power) von 84 % gegeben war, um eine Veränderung der Knorpelmorphologie mit dem dGEMRIC-Verfahren festzustellen. Sekundäre Endpunkte der Studie waren die Veränderung des dGEMRIC-Scores nach 48 Wochen sowie Veränderungen in den klinischen Parametern wie Schmerz und Funktion nach dem WOMAC sowie der Analgetikaverbrauch. Die Patienten stellten sich zu Beginn der Studie und dann alle 6 Wochen bis zum Abschluss nach 48 Wochen vor. Die Kernspintomografien wurden am Anfang der Studie, nach 24 und nach 48 Wochen durchgeführt. Es erfolgten Blutabnahmen zwecks späterer Bestimmung von Biomarkern.

Nach 24 Wochen war der dGEMRIC- Score in der Verumgruppe im Vergleich zur Placebogruppe erhöht, wobei im Bereich der medialen Tibia mit einem p = 0,03 und in der lateralen Tibia mit einem p = 0,02 eine statistische Signifikanz gegeben war. Nach 48 Wochen war die Verumgruppe der Placebogruppe immer noch überlegen, wobei die statistische Signifikanz allerdings mit p = 0,08 und 0,07 verschwand. In den WOMAC-Scores verbesserten sich beide Gruppen ohne signifikanten Unterschied, wobei es keinerlei Unterschiede im Analgetikaverbrauch bei beiden Behandlungsgruppen gab, was aufgrund der niedrigen Probandenzahl zu erwarten war.

Da die Studie mit der Gadolinium-Kernspintomografie einen positiven Effekt auf die Knorpelmorphologie zeigen konnte (Abb. 3), wurden Blutproben untersucht, die bei den Studienteilnehmern zu den Zeitpunkten der Kernspintomografie abgenommen worden waren. Im Serum wurden 2 Biomarker bestimmt, PIIANP, ein Prokollagen Propeptid, welches bei der Synthese von Typ-II-Kollagen abgespalten wird, und somit als anaboler Marker anzusehen ist [15], und CS846, das Aggrecan Chondroitin Sulphat 846 Epitop, welches beim Abbau der Proteoglykane entsteht, und damit ein kataboler Marker ist [9]. Die PIIANP-Konzentration erhöhte sich in der Verumgruppe in der Woche 24 und blieb in der Woche 48 stabil. Die Veränderung der PIIANP Konzentration von Beginn der Studie bis zur Woche 24 war zwischen Verum- und Placebogruppe signifikant (p = 0,001). Die Signifikanz verschwand aber wieder zwischen Beginn und Woche 48 (p = 0,7). Die CS846-Konzentration stieg in der Placebo-Gruppe zur Woche 24 und 48 an. Es bestand sogar ein statistisch signifikanter Unterschied (p = 0,045) in der CS846 Konzentration zwischen den Behandlungsgruppen in der Woche 24 [12]. Die Veränderungen des dGEMRIC-Scores (Abb. 4) und der PIIANP Serumkonzentration (Abb. 5) zeigen ein fast identisches Muster, auch im Hinblick auf die statistische Signifikanz in der Woche 24, die in der Woche 48 wieder verschwand.

Die Erhöhung des dGEMRIC-Score und der PIIANP-Serumkonzentration in der Placebogruppe zwischen Woche 24 und 48 lassen einen therapeutischen Effekt vermuten, was durch die hohe Compliance und die Gleichbehandlung von Verum und Placebopatienten durch das Studienpersonal zu erklären ist. Der ausgeprägte Placeboeffekt bei der Behandlung von Arthrosepatienten ist bekannt und wurde von Zhang in einem Übersichtsartikel beschrieben [29].

Diskussion

Die In-vitro-, In-vivo- und die klinischen Humandaten zeigen für das KH im Hinblick auf Pharmakokinetik und Pharmakodynamik ein geschlossenes Bild. Zum KH wurden jedoch schon Negativdaten publiziert. So konnte Ng in einer 3-dimensional angelegten Chondrozytenkultur eine Stimulierung von Typ-II-Kollagen nach Inkubation mit KH nicht nachweisen [16]. Ebenso konnte die Gruppe um Steinmeyer an Humanknorpelexplantaten, welche bei Kniegelenkersatzoperationen entnommen worden waren, nach Inkubation mit KH verschiedener Hersteller keinerlei Stimulierung der Synthese von Typ-II-Kollagen oder Proteoglykanen nachweisen [24].

KH besteht aus Hunderten von verschiedenen Peptiden. Welche Peptide in dem Gemisch nun bioaktiv sind und welche nicht, ist bisher noch ungelöst. Es bleibt zu klären, ob die unveränderten Kollagenpeptide, die über die Mukosa resorbiert werden [18] und die sich im Knorpel ansammeln, die Chondrozyten stimulieren oder ob nicht auch bioaktive Peptide durch enzymatische Spaltung im Darm oder durch den First-Pass-Effekt in der Leber entstehen und dann auch den Weg in den Knorpel finden.

Die Frage ist nun, welche weiteren Schritte in der Forschung zu KH unternommen werden sollten. Es wäre durchaus sinnvoll, die bildgebende Studie mit dem dGEMRIC-Verfahren mit einer höheren Probandenzahl zu wiederholen. Bei einer höheren Probandenzahl (n = 200) wäre es auch wahrscheinlich, dass sich Verum- und Placebopatienten in den symptomatischen Endpunkten wie dem WOMAC-Score voneinander unterscheiden. Mit solch einer Studie ließen sich dann Ergebnisse der Bildgebung, der Symptomatik und von Biomarkerdaten wie die PIIANP- und die CS846-Serumspiegel miteinander besser korrelieren.

Die Osteoarthritis-Initiative beschäftigt sich im Rahmen der epidemiologischen Studie mit den Zusammenhängen von Bildgebung und Biomarkern aus dem Blut und der Synovialflüssigkeit [6]. Robuste Ergebnisse einer prospektiven, randomisierten, interventionellen Studie, welche alle 3 Aspekte, Bildgebung, Symptome und Biomarker, miteinander vereint, wären für die gesamte Arthroseforschung weltweit von unschätzbarem Wert.

Schlussfolgerung

Die In-vitro-, In-vivo- und klinischen Daten ergeben in der Gesamtheit für den Wirkmechanismus des KH ein schlüssiges Bild. Einer Expertengruppe aus Orthopäden und Rheumatologen erschienen die Daten zum KH so überzeugend, dass es im Januar 2013 in Mexiko als therapeutische Option in die Richtlinien zur Therapie von Arthrosepatienten aufgenommen wurde [3].

Zusammenfassung

Die Arthrose ist sozio-ökonomisch gesehen aufgrund des demografischen Wandels mit älter werdenden Patienten eine Erkrankung, mit der Ärzte immer stärker konfrontiert werden.

Trotz intensiver Forschungsanstrengungen ist bisher noch kein Medikament zugelassen worden, welches den Kriterien eines DMOADs (disease modifying osteoarthritis drug) entspricht.

KH ist ein Proteingemisch, das von Zulassungsbehörden als sicher eingestuft wurde und aufgrund pharmakokinetischer und pharmakodynamischer Untersuchungen Eigenschaften aufweist, die einem DMOAD nahe kommen.

Mehrere klinische Studien konnten zeigen, daß sich durch die Einnahme von KH bei Arthrosepatienten Symptome wie Schmerz und Gelenkfunktion verbessern.

Es liegt eine Studie vor, welche mit Hilfe eines bildgebenden Verfahrens, einer Kernspintomografie, durchgeführt wurde, mit der speziell Knorpelgewebe sichtbar gemacht wird. Im Rahmen dieser Studie konnte bei Patienten nach Einnahme von KH eine strukturmodifizierende Wirkung gezeigt werden, d.h. eine Veränderung der Knorpelmasse, im positiven Sinne. Während der Studie wurde bei den Probanden auch Blut abgenommen und asserviert. Im Serum der Patienten wurden Biomarker bestimmt, die Hinweise auf knorpelaufbauende und knorpelabbauende Prozesse geben. Die Bestimmung der Biomarker bestätigte die Daten, die durch das bildgebende Verfahren der Kernspintomografie erhoben wurden.

Interessenkonflikt: Der Autor ist Angestellter der Sanofi Aventis Deutschland GmbH und ist im Besitz von Aktien des Unternehmens. Nahrungsergänzungsmittel, welche Kollagen-Hydolysat enthalten, werden von Sanofi in den Verkehr gebracht und vertrieben.

Danksagung: Mein ganz besonderer Dank gilt Dr. Werner Badziong, der ursprünglich die Idee zu der in dieser Publikation beschriebenen Kernspintomografiestudie entwickelt hatte. Des Weiteren möchte ich Dr. Eckart Bartnik danken, der mir bei der Fertigstellung des Bildmaterials und der Graphiken sehr behilflich war.

Korrespondenzadresse

Dr. Klaus Flechsenhar

Sanofi Aventis Deutschland GmbH

Industriepark Hoechst

65926 Frankfurt am Main

Klaus.Flechsenhar@sanofi.com

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Fussnoten

1 TA Immunology Cytokine Modulation, Research and Development, Sanofi Aventis Deutschland GmbH

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