Übersichtsarbeiten - OUP 06/2015

Ergebnisse der arthroskopisch-kontrollierten Adaptierung femoraler vorderer Kreuzbandrupturen unter Berücksichtigung der Durchblutung

Zweifelsfrei muss hier berücksichtigt werden, dass am Anfang der Kreuzband-Adaptierung die Indikationsstellung bezüglich der Lokalisation und auch bezüglich der Prüfung der Durchblutung noch problematisch war, sodass am Anfang dieser Therapie von einer nicht ganz optimalen Voraussetzung auszugehen ist, sodass die festgestellten Instabilitäten vorwiegend in diese Zeit fallen. Insgesamt aber sind die meisten Patienten mit dem Operationsergebnis zufrieden im Hinblick auf Gehfähigkeit und Belastbarkeit. Schwellungsneigungen sind aber bei 21 % der Patienten erkennbar. Blockierungen bestehen in aller Regel nicht. Diese sind dann festzustellen, wenn aufgrund der verbliebenen Restinstabilität Meniskuszeichen resultieren. Dies trifft bei 3 % der Patienten im Sinne einer regelmäßig auftretenden Blockade zu.

Unseres Erachtens ist entscheidend, ob nach einer Kreuzbandnaht die Patienten ausreichend Stabilität im Knie verspüren. Da vor einer Kreuzbandersatzplastik häufig zur Diagnostik und auch zur Resektion der Kreuzband-stümpfe eine Arthroskopie vorgenommen wird, ist absolut nicht nachvollziehbar, warum mit diesem kleinen Eingriff nicht auch eine Adaptierung vorgenommen werden sollte, auch im Hinblick darauf, dass es bei etwa einem Viertel der Patienten zur nicht suffizienten Kreuzbandheilung kommt. Bei diesen Patienten ist dann die Kreuzbandersatzplastik angezeigt, denn die Indikation dazu besteht nicht im Erkennen einer Kreuzbandverletzung, sondern aus einer daraus resultierenden, den Patienten behindernden Instabilität (Tab. 2).

Abgesehen von den anatomischen Voraussetzungen wie Risshöhe und Durchblutung ist auch die Frage des OP-Zeitpunkts von Bedeutung. So zeigt sich, dass ein Rückgang der guten und sehr guten Ergebnisse ab Ablauf der ersten Woche nach dem Unfall zu verzeichnen ist. Bei einer OP innerhalb der ersten Woche ist mit einer stabilen Bandheilung von 74 % zu rechnen, in der zweiten Woche lediglich noch mit 55 %.

Vergleicht man die Ergebnisse der Adaptierung mit denen der Ersatzplastik, so wird erkennbar, dass sich gute und sehr gute Resultate bei der Adaptierung nur unwesentlich von den Ersatzplastiken unterscheiden [23, 24]. Die Kreuzbandersatzplastiken liefern im Mittel nur gering bessere Punktewerte auf der Lysholm-Skala, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass die Komplikationen bei den Ersatzplastiken mit Impingementproblematik, Bewegungseinschränkung, Arthrofibrose u.a. ungleich höher zu bewerten sind, als bei einer Kreuzbandadaptierung. Hier kann lediglich eine Instabilität resultieren, die es übrigens auch bei den Ersatzplastiken gibt.

Für das Versagen einer Kreuzbandersatzplastik werden den Ursachen 3 Gruppen zugeteilt:

das OP-Trauma,

technische Fehler,

und eine gestörte Einheilung des Transplantats [25].

Die Komplikationen beziehen sich auf den Hebedefekt durch die Transplantatentnahme, die Arthrofibrose, das Zyklops-Syndrom, ein Roof-Impingement oder auch eine postoperative Bewegungseinschränkung [26, 27, 28]. Gerade bei den Ersatzplastiken mittels Patellarsehne ist das Auftreten des vorderen Knieschmerzes nicht zu vernachlässigen [29]. Schließlich ist die fehlerhafte Tunnelplatzierung oder eine falsche Transplantatfixierung häufig der Grund für das Versagen des Transplantats [30, 31]. Der Aufbrauch der Kreuzbandersatzplastik wird mit 6–17 % angegeben [32, 30]. Diese Probleme gibt es bei der Adaptierung nicht. Hier heilt das Kreuzband ein oder nicht. Dies ist abhängig von der Lokalisation der Rupturstelle beziehungsweise der Prüfung der Ruptur-Eignung zur Adaptierung und von der Durchblutung, die aber arthroskopisch relativ zuverlässig geprüft werden kann. Dass die konservative Therapie weitgehend verlassen wurde, ist darauf zurückzuführen, dass die Instabilitätsquoten doch recht hoch zu bewerten sind, andererseits aber durch eine geeignete muskuläre Kompensation auch in den Hintergrund gedrängt werden können.

Der Vergleich der Behandlungsergebnisse (Tab. 3) lässt erkennen, dass heute die Adaptierung und auch die Ersatzplastik zu diskutieren sind, wenn eine geeignete Indikation zur Operation besteht, besonders in der Kenntnis, dass konservative Behandlungsverfahren die Instabilität nicht ausreichend beeinflussen. Die operativen Ergebnisse sind aber leider auch abhängig vom Versicherungsstatus des Patienten [11]. So zeigte sich auch in dieser Studie, dass BG-versicherte Patienten nur in 28 % der Fälle sehr gute Ergebnisse angeben, wohingegen die nicht BG-versicherten Patienten hier 60 % aufweisen.

Zusammengefasst ergeben sich unter Berücksichtigung der Ersatzplastiken, der Kreuzbandadaptierung (früher Naht) und der konservativen Behandlung typische Untersuchungsergebnisse (Tab. 4).

Es resultieren Grundvoraussetzungen, die einer Adaptierung zu einem guten Ergebnis verhelfen:

  • 1. Bei der Diagnose der Ruptur des vorderen Kreuzbands muss zuerst die Lokalisation der Ruptur überprüft werden. Hierbei sollte eine Versorgung mit der Technik der Adaptierung nur bei femoralen oder femurnahen Verletzungen Anwendung finden. Nur auf diese Weise bleibt nämlich gewährleistet, dass die von weiter tibial ausgehende Blutversorgung intakt ist und somit die Bildung einer gerichteten Narbe erfolgen kann.
  • 2. Arthroskopisch muss die Blutversorgung des Kreuzbandstumpfs kontrolliert werden. Nur auf diese Weise ist eine blutige Einheilung zu erwarten. Kann hingegen eine ausreichende arterielle Versorgung des Bandanteils nicht nachgewiesen werden, ist die Durchführung einer Adaptierung nicht zu empfehlen.
  • 3. Bei isolierter Ruptur des vorderen Kreuzbands kommt es nach Adaptierung zu besseren postoperativen Resultaten. Nichtsdestotrotz kann die Adaptierung sowohl bei isolierter Ruptur als auch bei Komplextrauma des Kniegelenks unter Berücksichtigung der Begleitschäden zu guten Ergebnissen führen.
  • 4. Entscheidend ist der Operationszeitpunkt . Da die sehr guten und guten Ergebnisse bei einer Kreuzbandadaptierung im Zeitraum von 7 Tagen nach dem Unfall am häufigsten erzielt werden, wird zu einer frühen Operation geraten. Zu diesem Zeitpunkt hat noch keine Retraktion des Kreuzbands stattgefunden, wodurch dem Operateur ein um etwa 8 % längeres Kreuzband zur Verfügung steht. Erst dadurch wird eine Adaptierung ermöglicht.
  • 5. Die Adaptierung des vorderen Kreuzbands erfordert eine sparsame Verwendung von Nahtmaterial. Dies beugt zusätzlichen Einschränkungen der Blutversorgung vor („one-suture-technique“).
  • 6. Resorbierbares Nahtmaterial ist für den Erfolg der Adaptierung geeignet. Generelle Anforderungen für den optimalen Einsatz eines Nahtmaterials sind: Sterilität, hohe Reißfestigkeit, optimale Verträglichkeit und sicherer Knotensitz.
  • 7. Nach der Operation schließt sich im Rahmen der Weiterbehandlung eine frühfunktionelle Mobilisation mit Belastung an. So bleibt die Propriozeption des Kreuzbands aufrechterhalten und es kann eine gerichtete Narbenbildung am femoralen Ansatz erfolgen. Dies ist Voraussetzung für die Wiedererlangung der Funktionalität des Kniegelenks. Eine Knieorthese mit vorgegebenem Bewegungsumfang kontrolliert das Ausmaß der Mobilisation.
  • 8. Leider spielt auch der Versicherungsstatus für die subjektive Bewertung des postoperativen Ergebnisses eine nicht unbedeutende Rolle.

Fazit für die Praxis

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