Übersichtsarbeiten - OUP 12/2015

Evaluierung der Arbeitsfähigkeit und der Freizeitaktivitäten nach Wirbelsäulenoperationen

Andreas Bosse1, Marcel Dittrich1, Rainer Wölfel1

Zusammenfassung: In der vorliegenden Studie wurden die Arbeitsfähigkeit sowie das Sport- und Freizeitverhalten von Patienten nach einer erstmaligen Operation an der Lendenwirbelsäule mit anschließender stationärer Anschlussheilbehandlung (AHB) untersucht. Die Arbeitsunfähigkeitstage reduzierten sich im Vergleich zu präoperativ höchst signifikant, die subjektive Arbeits- und Sportfähigkeit blieb annähernd unverändert. Die häufigsten Einschränkungen in Bezug auf Arbeit, Sport und Freizeit waren eine eingeschränkte Beweglichkeit, Schmerzen und die Angst vor erneuten Beschwerden.

Der körperliche Gesundheitszustand war bis 12 Monate nach der AHB höchst signifikant verbessert. Zwischen den verschiedenen Operationsarten waren nur geringe Unterschiede zu erkennen.

Schlüsselwörter: Wirbelsäulenoperation, Anschlussheilbehandlung, Arbeitsfähigkeit, Sport und Freizeit, Gesundheitszustand

Zitierweise
Bosse A, Dittrich M, Wölfel R. Evaluierung der Arbeitsfähigkeit und der Freizeitaktivitäten nach Wirbelsäulenoperationen.
OUP 2015; 12: 614–619 DOI 10.3238/oup.2015.0614–0619

Summary: The present study examined the ability to work as well as the sports and leisure time behavior of patients after an initial surgery on the lumbar spine with subsequent inpatient rehabilitation treatment. Compared to preoperative the number of sick days decreased significantly, the subjective ability to work and carry out sports remained nearly unchanged. The most frequent restrictions regarding work, sports and leisure time were limited mobility, pain and the fear of new complications.

The physical health significantly improved up to 12 months after the rehabilitation. Between the different types of surgery only minor differences were observed.

Keywords: Spine surgery, rehabilitation therapy, ability to work, sports and leisure time, health

Citation
Bosse A, Dittrich M, Wölfel R. Evaluierung der Arbeitsfähigkeit und der Freizeitaktivitäten nach Wirbelsäulenoperationen.
OUP 2015; 12: 614–619 DOI 10.3238/oup.2015.0614–0619

Einleitung

Chronische Rückenschmerzen zählen zu den häufigsten Beschwerdebildern. In Deutschland liegt die Jahresprävalenz für Rückenschmerzen bei 60 %, die 7-Tages-Prävalenz immer noch bei 30–40 % [1]. Neben den körperlichen Beschwerden besteht auch ein Einfluss auf die Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit. Bei Arbeitnehmern über 50 Jahren stellen Beschwerden am Muskel-Skelett-System, vor allem Rückenschmerzen, mit Abstand die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit dar und sind der häufigste Frühberentungsgrund bei Männern [2]. Im Jahr 2003 nahmen die durch Rückenbeschwerden entstandenen Arbeitsunfähigkeitskosten mit 65 Mrd. Euro 21,4 % des Gesundheitshaushalts ein [3]. Wenn man die Tragweite dieses gesundheitlichen und ökonomischen Problems betrachtet, ist es nicht verwunderlich, dass auch die Operationen an der Wirbelsäule in Deutschland von Jahr zu Jahr mehr werden [3].

Sport und Fitness haben in der heutigen Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert und somit steigen auch die Ansprüche an eine Wirbelsäulenoperation. Vor allem jüngere Patienten wollen möglichst uneingeschränkt wieder Sport treiben und ihren früheren Hobbys nachgehen [4]. Die Entwicklung des Gesundheitszustands nach einem operativen Eingriff ist von vielen Faktoren abhängig (Ursache und Dauer der Beschwerden, OP-Methode, Nachbehandlung usw.). Ca. 30 % der Patienten klagen nach einer lumbalen Nukleotomie über anhaltende Schmerzen und Funktionseinschränkungen und 20–50 % entwickeln ein Post-Diskektomie-Syndrom [5].

Im Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit sowie das Sport- und Freizeitverhalten nach erstmaliger Operation an der Lendenwirbelsäule wurden im Orthopädie-Zentrum Bad Füssing (OZBF) und in 4 weiteren orthopädischen Rehabilitationskliniken stationäre Patienten bis 12 Monate nach einer stationären Anschlussheilbehandlung (AHB) nachbefragt.

Studiendesign

Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine postalische Befragung mit 3 Messzeitpunkten (t1: Ende der AHB; t2: 6 Monate nach der AHB; t3: 12 Monate nach der AHB). Neben dem Orthopädie-Zentrum Bad Füssing nahmen 4 weitere orthopädische Reha-Kliniken als Kooperationspartner an der Studie teil: Klinik Niederbayern (Bad Füssing), Asklepios Klinik (Bad Abbach), Klinik Rosenhof (Bad Birnbach), Reha-Zentrum Passauer Wolf (Bad Griesbach).

Für die 1. Befragung (t1) konnten 124 Teilnehmer (52 Frauen, 72 Männer) rekrutiert werden. Im weiteren Verlauf mussten 2 Probanden wegen einer weiteren Operation (1x Knie-OP, 1x Re-OP an der WS) aus der Studie ausgeschlossen werden. Weitere 38 Personen beendeten aus nicht genannten Gründen ihre Teilnahme bzw. schickten die Fragebögen der Messzeitpunkte t2 und/oder t3 nicht zurück. Somit ergab sich insgesamt eine Dropout-Quote von 32,3 %.

Für die 84 vollständig ausgewerteten Probanden ergab sich ein Durchschnittsalter von 48,2 (± 8,4) Jahren. Die 39 Frauen waren im Schnitt 48,7 (± 7,5) und die 45 Männer 47,6 (± 9,2) Jahre alt.

Alle Patienten wurden zu einer Gesamtstichprobe zusammengefasst. Ein Vergleich der Kliniken untereinander fand nicht statt. Ein prä-/postoperativer Vergleich war in diesem Studiendesign nicht vorgesehen.

Eingesetzte Assessments: Work Ability Index, Subjektive Prognose der Erwerbstätigkeit (SPE-Skala), SF-12, Oswestry Disability Index, Fragebogen zum Sport- und Freizeitverhalten.

Eingeschlossene OP-Verfahren: Nukleotomie, Interlaminäre Fensterung, Bandscheiben-Prothese, Spondylodese.

Fragestellungen

Hauptfragestellungen

  • 1. Verändert sich die bisher durchgeführte berufliche Tätigkeit?
  • 2. Verändern sich die bisher durchgeführten sportlichen Aktivitäten?
  • 3. Verändern sich die bisher durchgeführten Hobbys/Freizeitaktivitäten?

Nebenfragestellungen

  • 1. Wie entwickelt sich der allgemeine Gesundheitszustand?
  • 2. Bestehen Einschränkungen in Bezug auf die Aktivitäten des täglichen Lebens?
  • 3. Stehen die Behandlungsergebnisse in einem Zusammenhang mit den unterschiedlichen Operationsmethoden?

Ergebnisse

Arbeit

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