Übersichtsarbeiten - OUP 12/2015

Evaluierung der Arbeitsfähigkeit und der Freizeitaktivitäten nach Wirbelsäulenoperationen

Der Oswestry Disability Index zeigte zwischen t2 und t3 eine geringfügige Abnahme der Werte. Der prozentuale Behinderungsgrad reduzierte sich von 43,0 % auf 41,5 %, was in beiden Fällen einer „starken Behinderung“ entspricht [7].

Einfluss der durchgeführten Operation

Die Einteilung der verschiedenen Operationsarten erfolgte in rein dekomprimierende (Nukleotomie n = 31, Interlaminäre Fensterung n = 21, Bandscheiben-Prothese n = 9) und dekomprimierende und stabilisierende Verfahren (Spondylodese, Fusion, Cage: n = 23).

Im Hinblick auf die Anzahl der AU-Tage war 6 und 12 Monate post AHB in beiden Gruppen die häufigste Aussage, „überhaupt keinen Tag“ arbeitsunfähig gewesen zu sein. In Gruppe 1 war der Rückgang der AU-Tage zwischen t1 und t2 (p = 0,001) sowie zwischen t1 und t3 (p = 0,003) hoch bis höchst signifikant. Die subjektive Veränderung der Arbeitsfähigkeit im Vergleich zu präoperativ wurde in beiden Gruppen mit „unverändert“ beantwortet. In Gruppe 1 war zu t2 (28,4 %) und t3 (32,4 %) die „mangelnde Beweglichkeit“ die häufigste Einschränkung bei der Berufsausübung, in Gruppe 2 waren „Schmerzen“ die meist genannte Ursache für eine reduzierte Arbeitsfähigkeit (t2: 37,5 %; t3: 33,3 %).

Der wöchentliche Sportumfang blieb in Gruppe 1 unverändert („ bis 2 Stunden“), in Gruppe 2 reduzierte sich dieser zwischen t1 und t2 signifikant von durchschnittlich „1 bis 2 Stunden“ auf „0 bis 1 Stunde“ (p = 0,007). Der häufigste Grund für eine eingeschränkte Sportfähigkeit war in beiden Gruppen zu beiden Zeitpunkten eine „mangelnde Beweglichkeit“ (t2: Gruppe 1: 32,5 %, Gruppe 2: 35,0 %; t3: Gruppe 1: 40,4 %, Gruppe 2: 32,4 %).

Die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung im Vergleich zu präoperativ waren in beiden OP-Gruppen ebenfalls „unverändert“. Die „mangelnde Beweglichkeit“ war dabei zu t2 (Gruppe 1: 31,4 %; Gruppe 2: 29,1 %) und t3 (Gruppe 1: 39,5 %; Gruppe 2: 28,3 %) die häufigste Einschränkung.

Der allgemeine Gesundheitszustand (SF 12) zeigte in beiden Gruppen eine höchst signifikante Verbesserung der körperlichen Summenskala zwischen t1 und t2 sowie t1 und t3 (p = 0,000). Im psychischen Bereich war im Verlauf zwischen t1 und t3 in beiden Gruppen eine leichte, nicht signifikante Reduzierung der Werte zu erkennen.

Der Oswestry Disability Index zeigte keine statistisch relevanten Veränderungen. In Gruppe 1 lagen die Werte im Bereich einer „starken Behinderung“ (t2: 43,8 %, t3: 42,6 %), in Gruppe 2 kam es zu einer Verschiebung von einer „starken“ (40,9 %) zu einer „mäßigen Behinderung“ (38,6 %) [7].

Diskussion

Die Ergebnisse nach Wirbelsäulenoperationen bei chronifizierten nicht spezifischen Rückenschmerzen hängen maßgeblich von den gewählten Beurteilungskriterien (Schmerzlinderung, Rückkehr zur Arbeit, Alltagsfunktionen) ab. Neben dem Return to work oder der Wiedererlangung bzw. dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit stehen auch die Alltagsfunktionen und hier auch die Sport- und Freizeitaktivitäten im Fokus.

Bei erwerbstätigen Frauen und Männern ist entscheidend, ob, wann und in welchem Umfang nach der Operation eine Rückkehr ins Berufsleben möglich ist. Können die körperlichen und psychischen Arbeitsbelastungen in gleichem Maße bewältigt werden wie vorher? Sind eventuell Maßnahmen notwendig, um die körperlichen und psychischen Anforderungen zu reduzieren (innerbetriebliche Umsetzung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben)?

In der Studie von Dolan (2000, In: [5]) kehrten 70 % der Patienten spätestens nach einem Jahr wieder an ihren Arbeitsplatz zurück. Bei Carragee-Han et al. (1999, In: [5]) waren 40 % nach einer Woche und weitere 40 % nach 2 Wochen ohne Zunahme von Komplikationen wieder berufstätig. In einer Untersuchung von Baum (2009) nahmen 58 % der 48 Patienten durchschnittlich 9,8 Monate nach der Operation ihre Arbeit wieder auf [2]. In der vorliegenden Studie waren vor der Operation 86,7 % der Probanden erwerbstätig. Zu t2 waren noch 78,5 % und zu t3 81,0 % ganztags, halbtags oder stundenweise erwerbstätig. Von diesen waren in der Zeit nach der AHB 66,7 % (t2) bzw. 60,7 % (t3) „überhaupt keinen Tag“ auf Grund von Rückenbeschwerden arbeitsunfähig. Die aufgeführten Studien zeigen, dass die postoperativen Ausfallzeiten äußerst unterschiedlich sind. Die Selektion der Patienten, das Operationsverfahren, die Möglichkeiten der Nachbehandlung und die individuellen Faktoren (Vorerkrankungen, Dauer der Beschwerden, Alter, körperliche Fitness...) beeinflussen das Operationsergebnis maßgeblich.

Nach einer Wirbelsäulenoperation muss die berufliche Situation oftmals angepasst werden, wenn die frühere Tätigkeit nicht mehr ausgeführt werden kann. Bei knapp 30 % der Teilnehmer war eine Anpassung der beruflichen Gegebenheiten notwendig und die innerbetriebliche Umsetzung war mit 50,0 % (t2) bzw. 56,5 % (t3) die häufigste Veränderung.

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