Übersichtsarbeiten - OUP 07/2018

Gelenkersetzende Therapie bei Gonarthrose

Den vielen Vorteilen des Teilgelenkersatzes steht eine geringere Überlebensrate gegenüber. Während in vielen Kohortenstudien spezialisierter Zentren Überlebensraten berichtet werden, die denen von Totalprothesen entsprechen, zeigen die Registerdaten eine geringere Überlebensrate.

In Abhängigkeit vom Schädigungsmuster stehen verschiedene Arten des Teilgelenkersatzes zur Verfügung.

Diagnostik

Für die Differenzialindikation verschiedener Arten des Teilgelenkersatzes sollten stets die Anamnese, ggf. auch anhand eines standardisierten Fragebogens, z.B. Oxford Score, die klinische Untersuchung durch den Operateur und eine radiologische Untersuchung mit folgenden Untersuchungen durchgeführt werden: pa-Rosenberg-Aufnahme, Ganzbeinstand-Aufnahme, Kniegelenk seitlich (evtl. als gehaltene Aufnahme in vorderer Schublade), Patella tangential. Eine Kernspintomografie ist nicht zwingend notwendig, kann aber gegebenenfalls weitere Informationen liefern. Eine diagnostische Arthroskopie ist nur in wenigen Ausnahmen notwendig.

Medialer Schlitten

Anhand der relativ strikten Indikationskriterien von Kozinn und Scott aus dem Jahr 1989 verblieben nur relativ wenige Indikationen für die Implantation einer medialen Schlittenprothese. Durch umfängliche Studien konnte gezeigt werden, dass ein Teil dieser Kontraindikationen nicht notwendig ist. In einer Konsensus-Publikation aus dem Jahr 2015 sind die aktuellen Indikationen und Kontraindikationen für den medialen Schlitten wie folgt zusammengefasst [12]:

Indikationen:

  • 1. anteromediale Gonarthrose
  • (Abb. 1a)
  • 2. Osteonekrose (Morbus Ahlbäck)
  • (Abb. 1b)

Kontraindikationen:

  • 1. Kreuzbandinsuffizienz
  • 2. rheumatoide Arthritis
  • 3. überkorrigierte vorherige Umstellungsosteotomie
  • 4. Patellofemoralarthrose, laterale Facette

Relative Kontraindikationen:

  • 1. nicht vollständiger Knorpelverlust
  • 2. Beugekontraktur von > 10°
  • 3. Flexionseinschränkung von < 90°

Die folgenden Faktoren werden explizit nicht mehr als Kontraindikation betrachtet:

  • 1. Alter
  • 2. Übergewicht
  • 3. Chondrokalzinose
  • 4. Patellofemoralarthrose, mediale Facette

Eine vorherige Umstellungsosteotomie, die nur eine Unterkorrektur erzielt hat, kann auch mit einem medialen Schlitten versorgt werden. Ein nicht vollständiger Verlust des Knorpels in einer der belasteten Röntgenaufnahmen ist eine relative Kontraindikation, da die Zahl der Reoperationen in diesen Patienten erhöht ist [13, 14]. Mit den oben genannten Indikationskriterien kommen bis zu 30 % der Gonarthrosepatienten für einen Teilgelenkersatz infrage.

Prinzipiell wird bei den medialen Schlitten die Verwendung eines fixen (Abb. 2) oder mobilen Polyethylengleitlagers unterschieden. Die Ergebnisse sind in der Literatur als gleichwertig anzusehen [15]. Die 10-Jahres-Überlebensrate von medialen Schlittenprothesen wird in der Übersichtsliteratur mit 90 % angegeben und ist damit etwas niedriger als von Totalprothesen mit 94,7 % in der gleichen Arbeit [16]. Die Ergebnisse von spezialisierten Zentren mit hohen Fallzahlen für Schlittenprothesen zeigen Langzeitergebnisse, die denen von Totalprothesen entsprechen [17].

Lateraler Schlitten

Die Indikation für einen lateralen Schlitten sind die laterale Kompartmentarthrose, sei es primär, posttraumatisch, oder post Meniskektomie, ebenso die seltene Osteonekrose des lateralen Femurcondylus und ein Zustand nach varisierender Osteotomie (Abb. 3). Kontraindikationen sind eine Valgusfehlstellung von mehr als 20° und eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung, z.B. eine Beugekontraktur von > 10° oder eine Beugefähigkeit von < 90° [18, 19].

Die Indikationen für die Implantation einer lateralen Schlittenprothese sind sehr selten. Lediglich maximal 5–10 % aller Schlitten werden im lateralen Kompartment verwendet. Die Implantate wurden in der Regel für das mediale Kompartment entwickelt und auf der contralateralen Seite auch für das laterale Kompartment verwendet. Erst in den letzten Jahren wurden neue, speziell auf die Anatomie des lateralen Kompartments abgestimmte Implantate auf den Markt gebracht (z.B. Journey Uni der Fa. Smith & Nephew; Oxford der Fa. ZimmerBiomet). Anders als beim medialen Schlitten, wird beim lateralen Schlitten die Verwendung von Fixateur Polyethylen Gleitlager empfohlen, da die vermehrte a.p.-Translation im lateralen Kompartment ein erhöhtes Luxationsrisiko mobiler Gleitlager mit sich bringt (Abb. 4) [20].

In der Literatur finden sich nur wenige retrospektive Langzeitstudien mit geringen Fallzahlen, die allerdings eine der medialen Seite vergleichbare Haltbarkeit aufzeigen [18]. Mit einem modernen Implantat können Haltbarkeiten von 92 % nach 10 und 84 % nach 16 Jahren erzielt werden. [21]

Isolierter Ersatz des Patellofemoralgelenks

Die isolierte patellofemorale Arthrose (Abb. 5) tritt je nach Studie bei 14–24 % der Frauen und 11–15 % der Männer im Alter zwischen 55 und 60 Jahren auf. Eine andere Quelle beschreibt die Prävalenz als 9,2 % aller Patienten, die älter als 40 Jahre sind. Sie ist damit häufiger, als landläufig erwartet wird. In zahlreichen klinischen Studien und zusammenfassenden Übersichten konnten die folgenden Indikationen und Kontraindikationen herausgearbeitet werden [22, 23]:

Indikationen:

  • 1. isolierte, primäre Osteoarthrose des Patellofemoralgelenks
  • 2. posttraumatische Osteoarthrose des Patellofemoralgelenks
  • 3. sekundäre Osteoarthrose des Patellofemoralgelenks durch Dysplasie oder Malalignment, mit und ohne Instabilität
  • 4. Versagen einer vorherigen, entlastenden Osteotomie

Kontraindikationen:

  • 1. höhergradige Arthrose des Tibiofemoralgelenks
  • 2. rheumatoide Arthritis
  • 3. patellofemorale Knorpelschäden geringer als Grad 3
  • 4. Patella infera
  • 5. nicht korrigierte patellofemorale Instabilität
  • 6. nicht korrigierte Achsfehlstellungen
  • 7. Bewegungseinschränkungen größer als 0–10–100

Neben den Kontraindikationen gibt es zahlreiche Faktoren, die trotz klarer klinischer Indikationen das postoperative Ergebnis negativ beeinflussen können:

  • 1. multiple Voroperationen mit erheblicher Quadrizepsatrophie
  • 2. vorherige Arthrofibrose
  • 3. tibiofemorale Bandinstabilität
  • 4. vorherige Meniskektomie
  • 5. Chondrokalzinose
  • 6. hohe körperliche Aktivität des Patienten, Arbeit in tiefer Hocke
  • 7. Alter < 40 Jahre
  • 8. unrealistische Erwartungshaltung
  • 9. Übergewicht
  • 10. Patella alta

Die Ergebnisse des isolierten Patellofemoralersatzes unterscheiden sich deutlich zwischen älteren und modernen Implantaten. Während für die älteren Modelle eine hohe Versagensrate berichtet wurde, zeigen moderne Implantate deutlich bessere Ergebnisse. Unter Beachtung der o.g. strengen Indikationskriterien, der Verwendung eines modernen Designs (breite Trochlea mit offenem Sulcuswinkel, all-poly Patella) und chirurgischer Regeln (Außenrotation und Lateralisierung der Trochlea) werden insbesondere im direkten Vergleich zur Totalprothese bessere funktionelle Ergebnisse erzielt. Es werden Inlay und Onlay-Varianten des isolierten Patellofemoralersatzes unterschieden, für die nur geringe Unterschiede im klinischen Ergebnis beschrieben sind. Der Autor bevorzugt eine Onlay-Prothese, da für diese in einem ohnehin schon kleinen Indikationsfeld keine weiteren Einschränkungen (wie z.B. Dysplasie der lateralen Trochlea, Fehlrotation, Nichtabdeckung der gesamten Trochlea) bestehen (Abb. 6). Ähnlich wie beim Oberflächenersatz des Kniegelenks besteht Uneinigkeit über die operative Behandlung der Kniescheibe [22].

Bikompartimenteller Ersatz

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