Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019

Hüftarthoskopie zur Impingementbehandlung bei niedrig- bis mittelgradiger Hüftarthrose
Inwieweit können wir Empfehlungen aussprechen?

Letztlich ist aber die Rolle eines Pincer als präarthrotische Deformität weniger gut belegt als die der Cam-Deformitäten bzw. der kombinierten Varianten [1]. Die Beurteilung eines Cam am Schenkelhals erfolgt mittels diverser seitlicher und axialer Röntgenaufnahmen. Mit dem Alpha-Winkel wird der Beginn der Asphärizität am Schenkelhals-Kopf-Übergang gemessen. Dabei schneidet sich ein genau auf der Kopfkontur gezeichneter Kreis dem Schenkelhals-Kopf-Übergang. Von diesem Punkt wird eine Linie zum Hüftkopfzentrum gezeichnet. Zwischen dieser Linie und einer Linie, die mittig durch die Schenkelhalsachse läuft, wird der Alpha-Winkel gemessen. Werte < 55° gelten als Normalbefunde [46]. Bei größeren Werten besteht eine Offset-Reduktion des Hüftkopfs zum Schenkelhals. Hier kommt es zu einem Anschlagen mit erhöhten Druck- und Scherbelastungen auf den betroffenen Gelenkabschnitt. Im Gegensatz zum Pincer sind entsprechende Schäden und arthrotische Veränderungen hier bereits frühzeitig zu finden [10, 50]. Bei höhergradigen Schäden zeigt sich eine deutliche Verschmälerung der Gelenkspaltweite. Entsprechend mehrerer Studien liegt der Cuttoff-Wert, bei dem die Erfolgschancen einer Hüftarthroskopie signifikant sinken, bei 2 mm [48; 13]. Gerade zur Beurteilung der Gelenkspaltweiten und der Beurteilung von subchondralen Zysten kann eine CT-Untersuchung hilfreich ein. Der eigenen Erfahrung nach sind entsprechende Befunde besonders ungünstig für die Prognose, wenn sie mehr in den zentralen, lasttragenden Zonen liegen. Ebenso können MRT-Bilder helfen, Knorpelschäden, Zysten oder Knochenödemzonen zu detektieren und damit die Prognose einer Hüftarthroskopie sinnvoll zu beurteilen. Auch hier erachten wir solche Befunde als ausgesprochen ungünstig, die in den lastaufnehmenden Zonen liegen.

Arthroskopie bei niedrig-gradigen oder nicht vorhandenen Gelenkschäden

Bei nicht vorhandenen oder geringgradigen degenerativen Gelenkschäden scheint der Nutzen der hüftarthroskopisch durchgeführten knöchernen Korrektur in der Mehrheit der Studien erwiesen. So zeigen diverse Studien, Registerdaten zur Hüftarthroskopie, aber auch mehrere systematische Reviews hohe Return-to-sports-Raten und signifikante Verbesserungen in den Bereichen Schmerzwahrnehmung, Hüftfunktion sowie Lebensqualität [2, 4, 11, 22, 31, 35, 40, 42 45, 52]. Anzumerken ist, dass hierbei das operative Vorgehen einem konservativen Vorgehen überlegen ist [22]. Auch gegenüber dem offen-chirurgischen Vorgehen ist das arthroskopische Vorgehen hinsichtlich dem klinischen Outcome, aber auch hinsichtlich dem Auftreten von Komplikationen signifikant überlegen [5, 22, 40]. Wird zudem bei einer Labrumschädigung eine Gelenklippenrekonstruktion durchgeführt, so zeigte dies wiederum signifikant bessere Outcome-Ergebnisse als das Debridement [2, 22, 27, 31, 45]. Darüber hinaus wurde der Rekonstruktion der Gelenklippe ein positiver Einfluss bei der Prävention einer Arthrose zugesprochen [27].

Basierend auf 356 arthroskopisch operierten Hüftgelenken, erstellten Domb et al. eine Matched-pair-Analyse, in der 62 Patienten mit einer milden Arthrose (Tönnis Grad 1) mit 62 Patienten ohne Nachweis einer Arthrose (Tönnis Grad 0) verglichen wurden. Bei allen erfolgte eine arthroskopische Impingementoperation, das Minimum-Follow-up betrug 5 Jahre. Während der Nachuntersuchungen zeigten beide Gruppen keine signifikanten Unterschiede in der Verbesserung der klinischen Outcome-Scores. Demnach scheint eine milde Arthrose keinen Einfluss auf das Ergebnis einer Hüftarthroskopie zu haben [12]. Eine Multicenterstudie von Gicquel et al. verglich innerhalb einer Gruppe von 53 Hüften 35 Fälle (66 %) ohne Arthrosezeichen (Grad 0) mit 18 Patienten (34 %) mit erstgradigen Befunden in der Klassifikation nach Tönnis. Hier zeigten die Hüften mit einem erstgradigen Befund nach einem mittleren Follow-up von 4,6 Jahren signifikant niedrigere Zufriedenheitswerte und Outcome-Scores sowie eine deutlichere Arthroseprogression [19].

Arthroskopie bei mittel-
und höhergradigen
Gelenkschäden

Auch bei den mittel- und höhergradigen Arthrosen kommen viele Patienten mit einer überwiegenden Impingementsymptomatik in unsere Sprechstunde. Häufig sind die Patienten auch bei einer solchen Konstellation körperlich aktiv und mit einem Alter zwischen 20 und 55 Jahren eher den jungen Patienten zuzuordnen. Viel wichtiger als das rein rechnerische Alter erachten wir in solchen Fällen das biologische Alter, dass bei diesem Patientenklientel eher niedrig anzusetzen ist. Gerade aufgrund der hohen körperlichen Aktivität, einem eher geringen biologischen Alter und der Erwartungshaltung ist bei den mittelgradigen Arthrosen die Indikation zu einer Endoprothese nicht immer die beste Lösung. Daher ist die Hüftarthroskopie auch in solchen Fällen abzuwägen. Aufgrund der Komplexität der Befunde ist es hier nicht immer einfach, die richtigen Behandlungsempfehlungen zu finden. Somit ist, neben ausgereiften arthroskopischen Operationstechniken, auch eine möglichst genaue Indikationsstellung wesentlich, um zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Zu arthroskopischen Korrekturperationen von Impingementdeformitäten bei gleichzeitigen erst- bis drittgradigen arthrotischen Veränderungen zeigen einige Studien mit eher kurzen Follow-up-Zeiträumen von 2–5 Jahren vergleichsweise gute Outcome-Ergebnisse. Die Raten für im weiteren Verlauf nötige Prothesenimplantationen liegen hier zwischen 8 und 20 % [24, 47, 48, 53].

Sansone et al. zeigten in einer prospektiven Untersuchung die Ergebnisse der Hüftarthroskopie bei 75 Patienten mit mittelgradigen Arthrosen, wobei ca. 40 % einen Arthrosegrad 2 nach Tönnis und die restlichen Befunde Grad 1 aufwiesen. Interessanterweise zeigte über ein Viertel der Patienten eine Gelenkspaltweitenminderung auf < 2 Millimeter. Nach einem Follow-up von 2 Jahren war bei 5 Patienten (7 %) eine Prothesenimplantation nötig. Alle anderen Patienten zeigten einen signifikanten Anstieg in den Outcome-Scores sowie allen Subitems wie Schmerzen Hüftfunktion, allgemeine körperliche Aktivität, Lebensqualität, Patientenzufriedenheit etc. [53].

Haviv et al. beschrieben eine Fallserie von 564 Patienten, von denen 25 % einen Arthrosegrad 1 nach Tönnis, 55 % einen Grad 2 und 20 % einen Grad 3 aufwiesen. Bei einem mittleren Folllow-up von 3,2 Jahren war bei 16 % der Patienten die Implantation einer Endoprothese nötig. Dezidierte Outcomescorings wurden nicht erhoben [24].

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6