Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019

Hüftimpingement – arthroskopische Möglichkeiten
Behandlung knöcherner Deformitäten, begleitender Labrum- und Knorpelschäden und der Kapsel

Lars Victor von Engelhardt, Jörg Jerosch

Zusammenfassung:

Das femoroazetabulare Impingement ist die häufigste Pathologie, die bei körperlich aktiven Menschen
zu Hüftschmerzen führt. Bei nicht dysplastischen Hüften ist es mittlerweile als die häufigste Ursache für eine Coxarthrose beschrieben worden. Zudem zeigen sich nahezu regelmäßig korrespondierende Schäden an der Gelenklippe und am Knorpel. Arthroskopische Verfahren zeigen hierfür ein exzellentes klinisches Outcome und niedrige Komplikationsraten. Bei der arthroskopischen Behandlung des femoroazetabulären Impingements wurde die inadäquate Korrektur der anschlagenden knöchernen Deformität als häufigste Ursache für ein schlechtes klinisches Ergebnis und anhaltende Schmerzen beschrieben. Aktuelle Möglichkeiten zur Optimierung der knöchernen Korrektur werden in der vorliegenden Übersichtsarbeit beschrieben. Weitere Möglichkeiten, das klinische Ergebnis zu optimieren, bestehen in der Nutzung weiterer arthroskopischer Therapiemöglichkeiten an der Gelenklippe und dem Knorpel. Ein differenziertes Vorgehen hinsichtlich der Gelenkkapsel kann das Outcome wiederum weiter verbessern.

Schlüsselwörter:

Hüftarthroskopie, femoroazetabuläres Impingement, Cam, Pincer, Labrumrekonstruktion, Hüftknorpel

Zitierweise:

von Engelhardt LV, Jerosch J: Hüftimpingement – arthroskopische Möglichkeiten. Behandlung der
knöchernen Deformitäten, begleitender Labrum- und Knorpelschäden und der Kapsel. OUP 2019; 8: 378–388
DOI 10.3238/oup.2019.0378–0388

Treatment of the osseous deformities, concomitant labrum- and cartilage damages and the capsule

Summary: Femoroacetabular impingement is the most common pathology leading to groin pain in physically active persons. In the nondysplastic hip it has been recognized as the most common cause for osteoarthritis. Corresponding damages to the labrum and the articular cartilage are noticed frequently. Arthroscopic procedures show an excellent clinical outcome and low complications rates. When treating FAI arthroscopically, an inadequate reshaping of the impinging bony deformity has been described as the most common reason for a poor clinical outcome with ongonig pain. The present review describes current methods to optimize the correction of the bony deformity. Methods for the arthroscopical treatment of the labrum and the cartilage are further possibilities to optimize the clinical results. Finally, a differentiated management of the joint capsule might also be an option to further enhance the outcome.

Keywords: hip arthroscopy, femoroacetabular impingement, cam, pincer, labral reconstruction, hip cartilage

Citation: von Engelhardt LV, Jerosch J: Hip Impingement – arthroscopical options. Treatment of the osseous
deformities, concomitant labrum- and cartilage damages and the capsule.
OUP 2019; 8: 378–388 DOI 10.3238/oup.2019.0378–0388

Lars Victor von Engelhardt: Fakultät für Gesundheit, Private Universität Witten/Herdecke und Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin, Katholisches Karl Leisner Klinikum Kleve und Kevelaer

Jörg Jerosch: Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne-Krankenhaus Neuss

Einleitung

Ganz und Leunig beschrieben das Hüftimpingement als einen dynamischen Konflikt zwischen Schenkelhals und Pfannenrand [36]. Um diese Symptome effektiv zu behandeln und fortschreitenden degenerativen Veränderungen vorzubeugen, ist eine frühzeitige Erkennung und Behandlung dieser prima vista häufig geringfügigen anatomischen Formveränderungen sowie bereits eingetretener korrespondierender Gelenkschäden von besonderer Bedeutung. Hierfür ist die Hüftarthroskopie ein risikoarmes und zielsicheres Verfahren, um zu einem guten klinischen Ergebnis zu kommen. Der Verlauf des Hüftimpingements ist meist schleichend. Aus diesem Grund kommen die Patienten im Mittel erst nach einem Krankheitsverlauf von über 3 Jahren in unsere Behandlung. Funktionelle Schäden mit Bewegungslimitierungen und muskulären Insuffizienzen, aber auch strukturelle Folgeschäden sind somit nichts Ungewöhnliches [12, 13]. Dieses chronische und komplexe Schädigungsmuster spricht für ganzheitliche Therapiekonzepte. So verhindert die postoperative Physiotherapie nicht nur Weichteiladhäsionen im operierten Gelenk, vielmehr optimiert sie das klinische Outcome durch eine gezielte Rückgewinnung der Beweglichkeit und die Re-Aktivierung der Hüftmuskulatur [4]. Auch das chirurgische Vorgehen bedarf umfassender Konzepte, um das klinische Outcome zu optimieren. Letztlich sollte das gesamte Hüftgelenk mit allen relevanten knöchernen, knorpeligen sowie weichteiligen Pathologien sinnvoll adressiert werden.

Knöcherne Deformitäten

Beim Cam-Impingement besteht ein asphärischer Kopf mit unzureichender Taillierung des Hüftkopf-Schenkelhals-Übergangs. Diese sog. Offset-Reduktion führt vor allem bei Flexions- und Innenrotationsbewegungen des Hüftgelenks zu vermehrten Druck- und Scherbelastungen auf die Gelenklippe, den Knorpel und auch den Knochen des Azetabulums. Entsprechende Gelenkschäden treten bereits früh im Krankheitsverlauf auf [3, 13]. Im Weiteren entwickelt sich das Bild einer Coxarthrose, weshalb das Cam-Impingement als eine präarthrotische Deformität anzusehen ist. Der Großteil der in der Vergangenheit als primäre Arthrosen bezeichneten Fälle ist dieser Pathophysiologie zuzuordnen [22]. Die Prävalenz solcher Deformitäten ist bei hüftbelastenden Sportarten wie Fußball, Eishockey, Kampfsportarten etc. deutlich höher als bei Personen ohne sonderlich hüftbelastende Freizeitaktivitäten [14]. Eigene Untersuchungen im Fußballsport zeigen, dass semiprofessionelle Spieler höhere Prävalenzen für einen überhöhten Alpha-Winkel aufwiesen als Amateure. Ebenso zeigte das Schussbein eine vermehrte Disposition als die Gegenseite [34]. Diese Daten lassen vermuten, dass eine vermehrte Belastung der Hüfte ein vermehrtes Risiko für die Entwicklung eines knöchernes Hüftimpingements birgt.

Während beim Cam mehr die Männer betroffen sind, ist das Pincer tendenziell häufiger bei Frauen im mittleren Alter zu finden [22]. Weitaus häufiger als die globalen Pincer-Varianten wie Coxa profunda finden sich segmentale Formen mit einer ausgeweiteten ventrokranialer Überdachung. Hierbei ist vordere Pfannenrand prominent, sodass er im Röntgen lateral des dorsalen Pfannenrands zu sehen ist. Erst weiter medial liegen der vordere und hintere Pfannenrand auf gleicher Höhe, sodass sich die Begrenzungslinien in Form des sog. crossing sign kreuzen [31]. Unter Bewegungen führt der zu weit vorragende Pfannenrand zu erhöhten Druck- und Scherbelastungen am Labrum und am Hüftkopf. Am Labrum kommt es zu Entzündungen, Degenerationen, Verkalkungen und Verknöcherungen. Auch kann es zu einer Hebelwirkung auf den Hüftkopf einer Kraftübertragung und Schäden an den kaudalen und zentralen Hüftkopf- und Pfannenanteilen kommen. Diese Befunde werden dann als Contre-coup-Schäden bezeichnet. Die Rolle eines Pincer als präarthrotische Deformität ist weniger gut belegt als die des Cam. Beide knöchernen Deformitäten können isoliert auftreten, in klinischen Alltag sind aber die kombinierten Varianten weitaus häufiger zu finden [36]. Letztlich gilt für beide Deformitäten, sowohl die Cam- als auch die Pincer-Varianten, dass die möglichst frühe Korrektur das vorzeitige Auftreten irreversibler Gelenkveränderungen vermeiden kann [3, 13]. Studien zu arthroskopischen Revisionsoperationen nach vorangegangenen Hüftarthroskopien zeigten, dass dies in 79 bzw. 95 % der Fälle aufgrund nicht oder nur unzureichend adressierter ossäre femoroazetabulärer Impingement-Pathologien notwendig wurde [27, 45]. Diese Daten zeigen uns, dass die Wiederherstellung des knöchernen Containments mit einem physiologischen Offset anspruchsvoll ist.

Korrektur der
Cam-Deformitäten

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7