Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019

Hüftimpingement – arthroskopische Möglichkeiten
Behandlung knöcherner Deformitäten, begleitender Labrum- und Knorpelschäden und der Kapsel

Für eine funktionierende Cam-Abtragung muss nicht nur eine adäquate Tiefe der Knochenabtragung, sondern auch die richtige Höhe am Schenkelhals-Kopf-Übergang getroffen werden. Nur so kann eine effektive Reduktion des Alpha-Winkels erzielt werden. Weiterhin ist die Beachtung der Ausdehnung des Cam um die Zirkumferenz des Kopfs für eine adäquate Resektion wesentlich. Rego et al. konnten zeigen, dass die durchschnittliche radiale Ausdehnung des Cam, der sog. Omega-Winkel, bei Patienten mit einem Cam im Mittel bei 138° lag. Der Range zeigte Werte zwischen 90 und 180°, wobei der Omega-Winkel nicht mit dem Ausmaß des Alpha-Winkels korrelierte. Zudem konnte diese Studie zeigen, dass diese hohen Werte für den Omega-Winkel insbesondere auf eine weite posterolaterale bzw. posteriore Ausdehnung des Cam zurückzuführen sind. Gerade diese weit nach posterior reichende Ausdehnung wurde in immerhin 12 % der Cam-Resektionen nicht ausreichend adressiert [46]. Zur Sicherstellung einer regelhaften Cam-Abtragung sehen wir 2 Dinge als hilfreich an:

Zum einem empfehlen wir ein strukturiertes Vorgehen bspw. mittels millimetergenauer Markierungen der Landmarken nach kranial, kaudal und evtl. auch nach medial und posterior (Abb. 1a, b). Nach medial hin kann auch das Weitbrecht-Ligament als Begrenzung dienen. Die gar nicht so selten zu findende, weitreichende Ausdehnung nach posterolateral bzw. posterior hin sollte nicht unterschätzt werden. So konnten Rego et al. zeigen, dass die Cam-Formationen nach posterior in 44 % der Fälle bis über die posterioren Gefäßfeintritte (Aa. retinakularis post. aus der A. circumflexa femoris medialeis) reichen [46]. Auch diese arthroskopisch sichtbaren posterioren Gefäßeintritte können bei der Durchführung der Cam-Resektion als Orientierungshilfe dienen. Nach kaudal hin sollte die Markierung nahe der Zona orbicularis liegen. Hilfreich ist es zudem, wenn die Tiefen der kranialen und kaudalen mit der Motorfräse geschaffenen Markierung ungefähr der Tiefe der gewünschten Knochenabtragung entsprechen. Diese primären Tiefen- und Höhenbegrenzungen erleichtern die Abschätzung der gewünschten Resektionen. Insbesondere bei einem Erhalt der eröffneten Gelenkkapsel sind die Sichtfelder meist etwas kleiner, und die Übersicht ist gelegentlich ein wenig begrenzt. Somit sind auf dem Weg rund um den Schenkelhals meist mehrere Kamera- und Lichtkabeleinstellungen nötig. Gerade bei großen und/oder weit umlaufenden Cam-Formationen sichert dieses schrittweise und strukturierte Vorgehen mit präzisen Markierungen und einer abschließenden schrittweisen Abtragung innerhalb der Markierungen und Landmarken trotz eines kapselschonenden Vorgehens eine adäquate und sichere Resektion (Abb. 1a–d).

Zum anderen raten wir auch zu dynamischen Untersuchungen unter arthroskopischer Sicht. Hierbei werden u.a. vordere, aber auch hintere Impingement-Tests und andere individuell als schmerzhaft bekannte Bewegungen in verschiedenen Ebenen überprüft. Dies ist sowohl vor Beginn der Abtragung als auch zur Überprüfung einer möglichst akkuraten erfolgreichen Cam- und Pincer-Resektion äußerst hilfreich, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Der Nutzen spezieller Hüftarthroskopie-Extensionsmodule und langer, fester Lagerungsstiefel für eine einfach durchführbare dynamische Überprüfung unter Sicht ist nicht zu unterschätzen. Eines unserer aktuell verwendeten Aggregate unterstützt hierbei eine dreidimensionale, stufenlose Verstellung, sodass mit oder ohne Extension flektiert, ab- bzw. adduziert, rotiert und stufenlos arretiert werden kann (Abb. 2). Eine übermäßige Taillierung, aber auch verbliebene Überstände können so unter arthroskopischer Sicht dynamisch beurteilt werden. Ziel ist eine möglichst passgenaue knöcherne Kongruenz, also der Formschluss zur Aufrechterhaltung des Vakuums zwischen Kopf und Pfanne. Gerade hier ist die Prüfung unter endgradigen Bewegungsmanövern von besonderer Bedeutung. Trotz einer hohen Fallzahl und Erfahrung im Bereich der Hüftarthroskopie führt diese Testung in unseren Händen nicht allzu selten zu feinen und dennoch wichtigen Nachkorrekturen. Auch Locks et al. empfahlen die dynamische intraoperative Untersuchung entweder als alleiniges Verfahren zur Überprüfung der Resektion oder in Kombination mit der Durchleuchtung [37]. Zudem lassen sich mit diesen Modulen diverse Hüftpositionen einstellen, was das gezielte Arbeiten in bestimmten Gelenk- bzw. Kapselabschnitten enorm erleichtert. So ist es bspw. für eine ventrale Labrumnaht gar nicht nötig, das gesamte Gelenk aufzuziehen. Ein reduzierter Zug unter Dorsalextension der Hüfte reicht oftmals aus, um in den ventralen Gelenkabschnitten zu arbeiten. Ähnliches gilt für andere Kombinationsbewegungen in den anderen Gelenkabschnitten. Zudem lässt sich situationsabhängig die Spannung innerhalb der eröffneten Gelenkkapsel reduzieren, was das Arbeiten in den jeweiligen intrakapsulären Abschnitten vereinfacht. All diese Aspekte reduzieren die Traktionsstärke und -dauer nicht unwesentlich. Auch sind spezielle Hüftarthroskopie-Lagerungsmodule aufgrund ihrer guten, auch 3D-fähigen Durchleuchtbarkeit in den unterschiedlichen Einstellungen wertvoll. So sind röntgenologische Kontrollen der Cam-Resektion in verschiedenen Rotationsebenen rasch durchführführbar, wobei gleichzeitig auch innerhalb des C-Bogens arthroskopisch gearbeitet werden kann. Letztlich sind all diese dynamischen Testungen der Resektionen unter arthroskopischer und ggf. auch röntgenologischer Sicht ein hilfreiches Tool, um einfach und sicher zu guten Ergebnissen zu kommen. Vor dem Hintergrund, dass die meisten Revisionen aufgrund unzureichender Korrekturen der knöchernen Deformitäten entstehen [27, 45], ist der Nutzen dieser dynamischen Untersuchungen sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Wahrscheinlich wird es zu diesem Aspekt der Hüftarthroskopie künftig mehr wissenschaftliche, v.a. aber für den Operateur praktisch verwertbare Daten geben.

Korrektur der
Pincer-Deformitäten

Beim Pincer-Impingement besteht ein fokal oder über weite Teile der knöchernen Pfanne zu weit vorragender Pfannenrand. Unter Bewegungen führt dies zu Schäden am Labrum, des am Labrum angrenzenden Knorpels und am Hüftkopf. Trotz der Schäden am Labrum ist ein Labrumerhalt häufig möglich. Neben einem Erhalt des biomechanisch wichtigen Sealing-Effekts [49] konnten mehrere Studien zeigen, dass das klinische Outcome nach einer Labrum-erhaltenden Refixation besser ist als nach einer Resektion [44, 47]. Um eine Pincer-Reduktion mit einer ausreichenden Übersicht durchzuführen, muss die initiale interportale Kapseleröffnung gelegentlich ein wenig entlang des Pfannenrands erweitert werden. Unserer Erfahrung nach ist es zwar vergleichsweise aufwendig, dennoch können auch globale und weitreichende Pincer-Formen sicher und mit einem guten Ergebnis arthroskopisch abgetragen werden. Ähnlich wie bei der Cam-Abtragung empfehlen wir hier ein möglichst strukturiertes Vorgehen, wobei den intraoperativen Durchleuchtungskontrollen mehr Bedeutung zukommt als bei den Cam-Resektionen. Der Center-Edge-Winkel nach Wiberg, kurz CE-Winkel, wird zwischen der Senkrechten des Rotationszentrums und der Verbindungslinie zwischen dem Rotationszentrum und dem lateralen Pfannenerker bestimmt. Bei der Korrektur soll ein CE-Winkel im Normbereich angestrebt werden. Der normale CE-Winkel wurde zwischen 26 und 42° angegeben, Werte < 20° sind für eine Dysplasie typisch, Werte ? 40° weisen auf ein Pincer hin [26]. Für uns liegt die grobe Faustregel für eine adäquate Pincer-Resektion bei ca. 35°, wobei dies letztlich sehr individuell zu sehen ist. Nachdem man intraoperativ nur erschwert entsprechende Winkel messen kann, ist hier eine entsprechende postoperative Planung sinnvoll. Intraoperativ ist es dann hilfreich, anhand der gemessenen Planung unter Bildwandlerkontrolle am Pfannenerker entsprechende Markierungen mit einem Brenner oder einer Fräse zu setzen (Abb. 3 a–c). Um auch bei einen anterioren oder posterioren Überhang gezielt vorgehen zu können, ist die Verwendung des sog. anterior-posterioren Wall-Index hilfreich [48]. Der Abstand zwischen Vorder- und Hinterwand wird radiologisch in Relation zum Hüftkopf bestimmt. Nach einer erfolgreichen Pincer-Resektion sollten sich sowohl die vordere als auch die hintere Überdachung auf das mittlere Drittel des Femurkopfs projizieren. Auch diese Tiefe der Knochenabtragung kann intraoperativ vor der Resektion unter Durchleuchtung der Knochen markiert werden. Gerade vor dem Hintergrund, dass eine zu ausgeprägte anteriore Knochenabtragung die Arthroseprogression weiter verschlechtern kann, sind diese Markierungen hilfreich, eine adäquate Balance zwischen dem anterioren und posterioren Überhang zu finden. Dennoch bleibt zu bedenken, dass bezüglich dieser Varianten auch bei asymptomatischen Personen eine erhebliche morphologische Varianz existiert [1]. Gerade bei gut funktionierenden, asymptomatischen Hüften zeigen uns diese Normvarianten, dass diese Indices allenfalls einen Anhalt zur chirurgischen Korrektur geben können. Somit sind die intraoperative dynamische Prüfung unter arthroskopischer Sicht sowie die Überprüfung unter Schwenkung des Bildwandlers eine gute Hilfe, um das notwendige Ausmaß der Resektion abzuschätzen. Letztlich bleiben viele Fragen offen. Weitere Studien, die diese Varianten bei symptomatischen und asymptomatischen Personen weitergehend evaluieren, sind sicherlich von Interesse.

Gelenklippe

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