Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019

Hüftimpingement – arthroskopische Möglichkeiten
Behandlung knöcherner Deformitäten, begleitender Labrum- und Knorpelschäden und der Kapsel

Trotz der in vielen Fällen erwünschten Kapselschonung ermöglicht ein sorgfältiges Kapselmanagement eine adäquate Darstellung der jeweiligen Kompartimente. Die Autoren bevorzugen die Peripheral-first- bzw. Capsulotomy-first-Technik, bei der nach einer arthroskopischen extraartikulären Kapseldarstellung eine anschließende- Quer- und/oder Längseröffnung erfolgt. Hierbei kann die Kapseleröffnung je nach Bedarf L- oder T-förmig erweitert werden. Biomechanische Untersuchungen und Kadaverstudien zeigen, dass die Kapsel für die Stabilität der Hüfte von Bedeutung sein kann. Das iliofemorale Ligament, das als längsverlaufende Verstärkung innerhalb der ventralen Gelenkkapsel liegt, ist ein wesentlicher Stabilisator. Daneben scheint die Zona orbicularis in ihrer Eigenart als Verriegelungsring eine besondere Bedeutung zur Stabilisierung bei distrahierenden Kräften zu haben [30]. Insbesondere das iliofemorale Ligament sollte im Rahmen der Zugangstechnik so weit wie möglich geschont werden [43, 51]. Die initiale, schräg-horizontal verlaufende, anterosuperiore, sog. interportale Kapsulotomie kann hierbei aufgrund einer zumindest teilweisen Schonung des iliofemoralen Ligaments die Integrität und Stabilität der Gelenkkapsel und damit das Auftreten einer Mikroinstabilität am ehesten vermeiden (Abb. 5a) [17, 21, 43]. Als wesentlich erachten wir das generelle Vorgehen mit der sog. Capsulotomy-first-Technik, die auch als french approach bekannt ist [51]. Nur hierdurch kann schonend, unter Sicht an einer geeigneten Stelle und in der am sinnvollsten erscheinenden Gelenkstellung nach intraartikulär eingegangen werden. Verglichen zu den weit verbreiteten Central-first-Techniken, bei der initial über Bougierungsinstrumente in das Gelenk eingedrungen und von dort die Arthroskopie gestartet wird, lassen sich hier einige häufige Komplikationen vermeiden. So lässt sich mit dem french approach das relativ hohe Risiko von Gelenklippen- und Knorpelschäden, die in der Literatur im Mittel mit einer Häufigkeit von 9,1 bzw. 2,0 % als der iatrogene Schaden beschrieben werden [39], recht sicher ausschließen. Neben der Zugangssicherheit beim Eingehen unter Sicht sind zudem die Traktionskraft und die Zeitdauer der Traktion deutlich besser zu minimalisieren. So lassen sich die gefürchteten Nervenschäden des N. femoralis und seltener des N. ischiadicus wiederum vergleichsweise sicher vermeiden [43, 51]. Inwieweit die im Rahmen der Kapsulotomie meist angestrebte Kapselschonung und/oder die abschließende Kapselnaht klinisch relevant ist, ist letztlich noch nicht vollständig geklärt [18, 19]. Die vergleichsweise kleine Ausdehnung schonend durchgeführter Kapsulotomien wirft gelegentlich die Frage auf, inwieweit eine abschließende Kapselrekonstruktion bzw. -naht notwendig ist. Zudem zeigt sich bei Revisionsfällen oder in postoperativen MRTs trotz unterlassener Naht gelegentlich eine Abheilung der Kapsel mit einer intakten Kapselkontinuität. Ein systematisches Review, das knapp mehrere Tausend Hüftarthroskopien und unterschiedlich ausgedehnte Kaspulotomien mit oder ohne Naht und sogar unterschiedlich ausgedehnte Kapsulektomien einschloss, berichtete von keinem Fall mit einer iatrogenen Instabilität. Die häufigsten Komplikationen waren vielmehr reversible Nervenapraxien aufgrund von Dehnungsschäden oder Vernarbungen sowie eine nicht adäquate Abtragung vorhandener knöcherner Deformitäten [29]. Zudem weisen einige Autoren auch darauf hin, dass Bewegungseinschränkungen oder gar Einsteifungen mittels einer Kapsulotomie- oder -ektomie therapeutisch angegangen werden können [8, 17]. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die besondere Struktur der Kapsel und damit ihre normale, stabilisierende Funktion nur bei einer entsprechenden Schonung und/oder einer rekonstruierenden Naht erhalten bleiben [17]. So zeigen die Daten eines aktuellen Review-Artikels, dass ein Kapsel-schonendes Vorgehen mit einem anschließenden Verschluss sowie eine Kapselplikatur in Fällen einer Mikroinstabilität und/oder einer Borderlinedysplasie mit einem signifikant besseren klinischen Outcome assoziiert sind [42]. Ähnliche Daten mit einem signifikant besseren Outcome-Scoring zeigt eine Matched-pair-Analyse von Frank et al., in der nach einer T-förmigen Kapsulotomie eine nachfolgende Kapselrekonstruktion erfolgte [21]. Diese Daten sprechen für den Nutzen eines schonenden Kapselmanagements und einer abschließenden Kapselnaht. Letztlich wurde den Themen Mikroinstabilität bei vorhandener Kapsellaxizität und postoperative Instabilitäten etc. in der Vergangenheit vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt. Insbesondere bei Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren, wie dem Befund einer schnappenden Hüfte, Bindegewebsschwächen, freien Gelenkkörpern mit Kapselweitung oder aufgeweiteten Kapselverhältnissen bei ausgedehnten Synovitiden, Disklokationen in der Anamnese, ausgedehnten knöchernen Resektionen, höher- oder geringgradigen Dysplasien etc., sollte möglichst alles getan werden, um das Risiko einer Mikroinstabilität zu reduzieren. Empfehlenswert sind hierfür die o.g. interportalen Kapsulotomien, die als eine transverse Kapselinzision parallel zum Labrum als gedachte Verbindung zwischen beiden Portalen erfolgt [18]. Oft ist dieser Zugang ausreichend für eine diagnostische Arthroskopie einschließlich diverser Maßnahmen im zentralen Kompartiment sowie der Abtragung schmaler bzw. kranialer, nahe am Schenkelhals-Kopf-Übergang endender Cam-Formationen. Um weiter distal gelegene Cam-Formationen abzutragen, ist das periphere Kompartiment oft mittels einer L- oder T-förmigen Kapsulotomie zugänglich zu machen [19]. Neben der Schonung der Kapselstrukturen sollten im Rahmen der meist notwendigen knöchernen Korrekturen stets auch die optimale Visualisierung sowie ein ausreichender arthroskopischer Arbeitsraum sowohl am Kopf-Hals-Übergang als auch weiter distal sichergestellt sein. Somit empfehlen wir, im Bedarfsfall nicht allzu zögerlich zu agieren und dann auch eine individuelle, mit einem gesunden Augenmaß durchgeführte Erweiterung der Kapsulotomie durchzuführen. Hierbei ist nicht zu vergessen, dass die unvollständige bzw. inadäquate Knochenabtragung immer noch die häufigste, revisionspflichtige Komplikation einer knöchernen Korrektur des femoroazetabulären Impingements darstellt [29]. Zudem ist nicht zu vergessen, dass bei solchen Maßnahmen ein halbwegs wasserdichter Kapselverschluss meist dennoch sicher durchführbar ist. Vor der Sorge um bleibende Adhäsionen mit entsprechenden Bewegungseinschränkungen führen wir die Verknotung mittels mehrerer Seit-zu-Seit-Nähte unter Verwendung von resorbierbarem Nahtmaterial im Abstand von gut einem Zentimeter durch. Die Verknotung erfolgt in leichter Flexion nach einfacher Durchstechung der Kapsel mittels Nahtzangen und/oder rechts- sowie linksgebogener Arthropiercer-Instrumente. Nach dem Anziehen der Gleitknoten über den Post erfolgt die Sicherung der Knoten mittels mehrerer Halbschläge unter Verwendung eine Knotenschiebers (Abb. 5b–e). Sollte eine Plikatur notwendig sein, erfolgt anstelle einer Seit-zu-Seit-Naht die 4-fache Durchstechung, sodass ein raffender Effekt auf die Kapsel ausgeübt werden kann. Leider bleibt dennoch festzuhalten, dass die Literatur bezüglich des Themas individuelles Kapselmanagement vergleichsweise dürftig ist [19]. Dies sollte uns aber nicht verunsichern. Vielmehr sollte uns bewusst sein, dass – neben einer Optimierung der knöchernen Korrektur, der Nutzung der vielen Therapiemöglichkeiten an der Gelenklippe und dem Knorpel – auch ein individueller und entsprechend differenzierter Umgang mit der Gelenkkapsel das klinische Outcome unserer Patienten zusätzlich verbessern kann.

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