Übersichtsarbeiten - OUP 07/2019

Klassifikation von Knorpelschäden am Hüftgelenk
Therapieansätze zur arthroskopischen Versorgung

Die MRT-Untersuchung ist der Goldstandard zur Detektion azetabulärer Knorpelschäden. Bevor auf Vorzüge einzelner Sequenzen und Schichten eingegangen wird, ist hervorzuheben, dass vor jeder geplanten arthroskopischen Intervention am Hüftgelenk eine standardisierte konventionell radiologische Bildgebung durchgeführt werden sollte. Diese beinhaltet eine normalzentrierte Beckenübersichtsaufnahme, welche um eine zweite Ebene der entsprechenden Seite ergänzt wird. Unter Umständen ist die Anfertigung weiterer Röntgenaufnahmen erforderlich. Die Bedeutung der Röntgenaufnahmen für die arthroskopische Therapie des Hüftgelenks wurde vor kurzem in der Leitlinie „Koxarthrose“ niedergeschrieben. Dies hat insofern Relevanz, als dass in der Vergangenheit häufig aus Strahlenschutzgründen auf die Anfertigung einer Beckenübersichtsaufnahme verzichtet wurde. Zur Planung einer arthroskopischen Therapie am Hüftgelenk ist sie jedoch essenziell [34, 35]. Wie eingangs anhand der beschriebenen ossären Deformitäten dargelegt, kann so bereits die Abschätzung eines möglicherweise vorliegenden Knorpelschadens getroffen werden. Das MRT erlaubt die morphologische Darstellung eines vorliegenden Knorpelschadens, aber auch eine Einschätzung des gesamten chondrolabralen Komplexes inklusive der Defekttiefe und der Beurteilung des Umgebungsknorpels. Auch Sekundärphänomene wie eine Synovialitis oder ein Gelenkerguss können detektiert werden. Für eine entsprechend hohe Auflösung sind am Hüftgelenk Geräte mit einer Feldstärke von mindestens 1,5 Tesla sowie knorpelsensitive Sequenzen wie z.B. die Protonendichte (PD) und PD/T2-gewichtete fettunterdrückte TSE-Sequenzen zu empfehlen [22].

Defektlokalisation und
Klassifizierung

Die Bestimmung von Lokalisation und Ausmaß des Knorpelschadens ist sowohl für die Therapieentscheidung als auch für die Abschätzung des postoperativen Verlaufs unbedingt erforderlich. Dabei müssen die Defektlokalisation, die -größe und die -tiefe sowie der Zustand des subchondralen Knochens beurteilt werden. Weiterhin beurteilt werden die Qualität des Umgebungsknorpels, des chondrolabralen Komplexes und der Synovialis.

Vom Hüftkomitee der AGA (Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie) wird die morphologische Klassifikation der chondrolabralen Läsionen nach Haddad empfohlen [19]. In Bezug auf die Lokalisation wird die sog. Uhrzeigermethode nach Griffin empfohlen [13]. Hierbei ist zu beachten, dass festgelegt wurde, dass alle Hüftgelenke anhand eines rechten Hüftgelenks klassifiziert werden. Im Sinne einer spiegelbildlichen Ausrichtung befindet sich daher auch in einem linken Hüftgelenk 3 Uhr anterior und 9 Uhr posterior (Abb. 1, Tab. 1).

Eingriffe zur knöchernen Korrektur zur Beseitigung eines biomechanischen
Konflikts

Grundsätzlich ist zu postulieren, dass ein knorpelregenerierender Eingriff am Hüftgelenk nur erfolgreich sein kann, wenn die zugrunde liegende biomechanische Pathologie ebenfalls behandelt wird. Eine konservative Therapie oder eine alleinige Knorpeltherapie ohne Behandlung der knöchernen Deformität ist meist wenig erfolgreich [24, 25, 29]. Dabei kann die Korrektur eines femoroazetabulären Impingements durch Beseitigung der knöchernen Deformität im Bereich des Kopf-Hals-Übergangs bzw. des knöchernen Pfannenrands erfolgen. Ob diese Eingriffe beim FAI arthroskopisch oder offen erfolgen, ist vom Ausmaß der Deformität und der Erfahrung des jeweiligen Operateurs abhängig [38]. Eine residuelle Dysplasie kann ursächlich nur durch eine mehrdimensionale Achskorrektur wie z.B. durch eine periazetabuläre Umstellungsosteotomie behandelt werden [8].

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Knorpelschäden am Hüftgelenk ohne knöcherne Pathologie nur bei der primären Arthrose zu finden sind.

Neben der Behandlung der knöchernen Deformität muss auch eine entsprechende Therapie des Labrum acetabulare erfolgen. Dieses kann entweder (partiell) reseziert oder in situ refixiert werden. In Studien wurde eine Überlegenheit anhand klinischer Outcome-Parameter für die Refixation gegenüber der Resektion beschrieben [21, 33]. In Einzelfällen kann ein Labrumersatz mit autologem oder allogenem Material erforderlich sein und zu guten klinischen Ergebnissen führen.

Arthroskopisches Set-up

Für die arthroskopische Therapie von Knorpelschäden am Hüftgelenk ist die Anlage von mindestens 2 Standardportalen erforderlich. Die Autoren verwenden dabei das klassische anterolaterale Portal. Das anteriore Portal wird insofern etwas angepasst, als dass dessen Positionierung distaler und lateraler erfolgt. Hieraus ergibt sich eine optimale Angulation, um azetabuläre Knorpelschäden adressieren zu können. Um mittels Luftarthroskopie höherwertige Knorpeltherapien wie die autologe matrixinduzierte Chondrogenese (AMIC) oder die autologe Chondrozytentransplantation (ACT) durchzuführen, kann die Anlage eines posterolateralen Portals erforderlich sein.

Knorpeltherapien am Hüftgelenk sind anspruchsvolle Operationen. Aufgrund der begrenzten Zugangsmöglichkeiten sind Maßnahmen wie Abrasion, Mikrofrakturierung, aber auch AMIC und ACT technisch deutlich aufwendiger und erfordern eine entsprechende Erfahrung des Operateurs. Häufig ist eine Adressierung des Labrums im Sinne einer Refixation erforderlich.

Knochenmarkstimulierende Techniken

Knochenmarkstimulierende Techniken gehören nach wie vor zu den am häufigsten verwendeten Methoden zur operativen Behandlung von Knorpelschäden größerer Gelenke, so auch der Hüfte.

Eine Voraussetzung zur Durchführung einer Abrasionsarthroplastik und Mikrofrakturierung ist ein vorangegangenes Débridement des geschädigten Knorpelareals mit Freilegung des subchondralen Knochens. Dieser sollte so weit abradiert werden, bis feinste punktuelle Blutungen aus dem Knochen auftreten. Häufig ist der Nachweis dieser Blutungen angesichts der in Hypotension durchgeführten Operationen erst durch ein Absenken des Spüldrucks oder gar Einsaugen von Luft in das Gelenk zu erreichen [8]. Die Autoren verwenden zum Ansaugen von Luft in das Gelenk einen Shaver. Ist mittels Abrasion ein adäquates Ausmaß flächiger Blutungen zu erreichen, wird bewusst auf die Mikrofrakturierung verzichtet. Nur wenn sich die Abrasion als nicht suffizient herausstellt und sich der Knochen palpatorisch sklerotisch und sehr hart zeigt, wird eine Mikrofrakturierung vorsichtig durchgeführt. Dass eine sorgfältige Abrasion für die Bildung eines Knorpelregenerats häufig ausreichend ist, ist mit vielen beobachteten Fällen bei der ACT zu begründen. Bei der initialen Operation erfolgte in diesen Fällen ein entsprechendes Débridement. Im Rahmen der 6 Wochen später durchgeführten Knorpelzelltransplantation fand sich im abradierten Bereich häufig ein suffizient wirkendes Knorpelregeneratgewebe [16, 32].

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