Übersichtsarbeiten - OUP 12/2018

Matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation
Lösung für die Schwächen der Mikrofrakturierung?Cracking the problems of arthroscopic microfracturing?

Die matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation bietet an allen Gelenken ein Verfahren, durch welches zum einen der initiale Blutkoagel durch eine Membran oder Matrix geschützt wird und zum anderen den autologen Stammzellen ein Gerüst geboten wird, in welchem sie sich differenzieren können. Außerdem bieten die verfügbaren Matrixprodukte unterschiedliche biologische Effekte, die einen zusätzlichen positiven Einfluss auf die Knorpelregeneration haben können.

Indikationsstellung

Die Indikationen der matrixaugmentierten Knochenmarkstimulation wurden durch die Arbeitsgemeinschaft (AG) Klinische Geweberegeneration der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) im Rahmen eines Konsensusprozesses nach dem Delphi-Verfahren [20] vorläufig eingegrenzt. Gemäß dieser Orientierung wird ihre Anwendung im Grenzbereich zwischen zelltransplantations- und knochenmarkstimulierenden Techniken sowie als Verbesserung der klassischen Mikrofrakturierung und überwiegend in deren Indikationsbereich gesehen [39].

In der Literatur existieren erste Hinweise, dass das Verfahren der matrixaugmentierten Mikrofrakturierung bei Defekten im Grenzbereich zwischen Mikrofrakturierung und ACT der klassischen Mikrofrakturierung überlegen ist [39]. Dabei scheinen die vorhandenen klinischen Studien für eine abschließende Beurteilung der Effektivität allerdings noch nicht ausreichend zu sein. Die Defektgröße gilt als wichtigster Parameter für die Entscheidungsfindung, welches Verfahren zur Knorpeltherapie anzuwenden ist. Klare Definitionen einer Unter- und Obergrenze in Bezug auf die geeignete Defektgröße liegen bisher nicht vor. Als präferiertes Indikationsspektrum werden am Kniegelenk Defekte im Grenzbereich (2,5 cm2 ) zwischen der bisherigen Indikation zur Knochenmarkstimulation und ACT angesehen. Auch das klassische Indikationsspektrum der Mikrofrakturierung am Kniegelenk (< 2,5 cm2) kann mit schwächerem Empfehlungsgrad indiziert sein.

Bei großen Knorpeldefekten kann bei limitierter Datenlage die matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation nicht als sichere Alternative zur ACT empfohlen werden. Des Weiteren spielt die Integrität des subchondralen Knochens im Defektbereich eine wichtige Rolle [39]. Lediglich bei Traumata mit frischen osteochondralen Defekten kann eine Abdeckung solcher mit autologem Knochen aufgefüllter Gelenkdefekte mit einem stabilen chondrogenen Biomaterial sinnvoll sein, um die knöcherne Rekonstruktion zu schützen und die Chondrogenese zu unterstützen [39]. Am oberen Sprunggelenk, wo es sich meist um osteochondrale Defekte handelt, werden Matrices in Kombination mit einem spongiösen Knochenaufbau zunehmend häufiger eingesetzt. Auch hier gibt es erste Hinweise, dass die Verwendung von Matrices der reinen Mikrofrakturierung überlegen ist. Dagegen ist die Verwendung von Membranen am Hüftgelenk technisch herausfordernder und die Datenlage hierzu noch uneinheitlich. An der Hüfte werden jedoch zunehmend auch gelartige Matrices verwendet, die technisch einfacher zu applizieren sind.

Operatives Vorgehen

Das schematische Vorgehen bei matrix-augmentierter Knochenmarkstimulation zeigt Abbildung 1:

Defektpräparation – Debridement

Eröffnung des Markraumes/Knochenmarkstimulation

Einbringen der Matrix

Fixierung mit Nähten, Fixierung mit Fibrinkleber als Gel

Nachfolgend wird detailliert auf die Technik der subchondralen Eröffnung und Fixierung der Matrix eingegangen.

Debridement

Eine sorgfältige Präparation des Defektbetts ist wichtig, um das Blutkoagel sicher auffangen und schützen zu können. Tierstudien konnten zeigen, dass die sorgfältige Entfernung der kalzifizierten Schicht vor der Mikrofrakturierung zu besserer Regeneratknorpelqualität führt. Die Verankerung des Blutkoagels war im Pferdeversuch nach Resektion des mineralisierten Knorpels deutlich besser als auf einer belassenen kalzifizierten Schicht [14].

Allerdings kann ein zu aggressives Debridement mit Einbrechen in spongiöse Strukturen zu den gefürchteten Komplikationen der Mikrofrakturierung führen – knöcherne Bumps, intraläsionale Osteophyten oder Zysten. Außerdem kann die stabile Unterlage für das Regenerat gefährdet werden. Mit einem Tasthaken sollten das Defektareal und der Umgebungsknorpel auf Schäden untersucht werden. Eine intakte Knorpelschulter verteilt die einwirkenden Kräfte bei Belastung und reduziert die Gefahr eines Abscherens des Blutkoagels aus dem Defekt. Die Präparation wird mit scharfen Löffeln und Küretten durchgeführt. Es sollte in das unterminierbare Knorpelgewebe eingestochen und der geschädigte Knorpel mit leichtem Druck vom Knochen abgezogen werden. Eine Änderung des Kniebeugewinkels kann helfen, ein orthogrades Aufsetzen der Instrumente auf den Knorpel zu ermöglichen. Gegebenenfalls können zusätzlich zu den arthroskopischen Standardportalen weitere Inzisionen notwendig werden.

In mini-offener Technik kann der Knorpeldefekt zunächst mit einem Skalpell umschnitten werden, was das sukzessive Abtragen des geschädigten Knorpels erleichtert.

Knochenmarkstimulation

Im Anschluss an die Defektpräparation erfolgt die Eröffnung des Markraums. Bei der konventionellen Mikrofrakturierung werden mit einer feinen Ahle, deren Spitze nicht breiter als 1–1,2 mm sein sollte, 3–4 mm tiefe Löcher angefertigt, die einen ebenso großen Abstand voneinander haben, wobei der dazwischen liegende Knochen für eine bessere Abstützfunktion erhalten bleibt [3]. Da bei dieser Vorgehensweise durch räumliche Verdrängung knöcherne Ausziehungen entstehen und diese impaktiert werden können, besteht die Gefahr, dass die eröffneten Kanäle durch freie Knochenfragmente wieder verstopft werden. Deshalb ist es wichtig, dass überstehender Knochen mit einem Shaver entfernt und das Austreten von Blut aus dem Markraum aus allen eröffneten Perforationskanälen überprüft wird. Als Vorteil der Mikrofrakturierung gegenüber der Bohrung wurde dabei stets das Ausbleiben von Hitzenekrosen angeführt. Die Mikrobohrung mit geringer Umdrehungsfrequenz und kleinem Bohrdurchmesser (1–1,5 mm) bietet ein Verfahren mit reduziertem Hitzenekrosenrisiko [7, 8]. Im Vergleich zur herkömmlichen Mikrofrakturierung wird der subchondrale Knochen weniger geschädigt, und es können tiefere subchondrale Schichten erreicht werden, was zu einer Eröffnung größerer Gefäßkanäle und damit zur Bildung eines stammzellreicheren Blutkoagels führen kann [10]. Bei subchondralen Ödemen kann zudem eine Dekompression des venösen Poolings und eine Revaskularisation des Knochens erzielt werden. Als Alternative zur Bohrung bietet sich als Weiterentwicklung die Nanofrakturierung (NFX) an, bei der das Risiko von Hitzeschäden am Knochen ausgeschlossen werden kann [3]. Zusammenfassend sollten die durch Bohrungen oder Ahlen gefertigten Löcher ungefähr 1 mm Durchmesser haben und ca. 9 mm tief sein, um ein möglichst gutes Knorpelregenerat zu erhalten [2]. Brüche zwischen den Löchern sind dringend zu vermeiden, da durch diese vermutlich die Kallusreaktion mit intraläsionaler Osteophytenbildung und die Zystenbildung gefördert wird.

Fixierung der Matrix

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