Übersichtsarbeiten - OUP 12/2018

Matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation
Lösung für die Schwächen der Mikrofrakturierung?Cracking the problems of arthroscopic microfracturing?

Für die Fixierung der Matrices haben sich im Wesentlichen 2 Verfahren etabliert:

  • 1. Fibrinkleber,
  • 2. Naht mittels 6–0 Vicryl-Nähten.

Des Weiteren kommen resorbierbare Pins und Anker oder selbstadhäsive und gelartige Matrices zur Anwendung. Für die Wahl des Verfahrens ist sowohl die operative Technik als auch der umgebende Knorpel ausschlaggebend. Ein arthroskopisches Vorgehen ist bei der Fibrinklebung und selbstadhäsiven/gelartigen Matrices möglich, eine Naht muss meist mini-offen erfolgen. Für die Fixierung der Matrix mittels Nähten ist eine stabile Knorpelschulter notwendig, ist diese nicht vorhanden, stellt die Fibrinklebung das geeignete Verfahren dar. Eine Kombination beider Verfahren ist möglich.

Die Abbildung 2a–d zeigt das Einbringen und Fixieren einer Matrix mittels Naht.

Produkte zur matrix-
augmentierten Knochenmarkstimulation

Mittlerweile werden verschiedenste Biomaterialien zur Abdeckung der Mikrofrakturierung angeboten. Auch Matrices, die keine Mikrofrakturierung fordern und auf eine Einwanderung von chondrogenen Zellen aus den Knorpelrändern und der Synovialflüssigkeit bauen, sind auf dem Markt und zeigen in Fallserien vielversprechende Ergebnisse [9, 17, 18, 43, 45–47]. Die auf dem europäischen Markt erhältlichen Produkte divergieren in ihrer Form (membran-, vlies-, schwamm- oder gelartig) und Substrat-Zusammensetzung. Es kommen Stoffe natürlicher Herkunft, wie Kollagen, Chitosan, Alginsäure, Hyaluronsäure zur Anwendung sowie synthetisch hergestellte Materialien, wie Polycaprolacton, Polylactid-co-Glycolid oder Polyvinylalkohol, entweder einzeln oder in Kombination (Tab. 1).

Einige dieser Materialien wurden vergleichend in Tierversuchen getestet, und es konnten keine signifikanten Unterschiede in der Struktur und den histologischen Ergebnissen für die untersuchten Biomaterialien gefunden werden. Es gibt jedoch Hinweise, dass Matrices mit besseren Ergebnissen einhergehen, die zusätzlich „Biologicals“ wie Bone morphogenic Proteins (BMPs), Fibroblast Growth Factors (FGFs), Transforming Growth Factors (TGFs) oder Platelet Rich Plasma (PRP) enthalten [41].

Die AG Klinische Geweberegeneration der DGOU [39] hat im Rahmen des bereits beschriebenen Konsensusprozesses folgende Empfehlungen gegeben: Die verfügbare klinisch-wissenschaftliche Evidenz ist für unterschiedliche Produkte heterogen. Diese unterscheiden sich auch in Bezug auf ihre Applikation. Aufgrund dessen bestehen in Abhängigkeit von der Defektlokalisation auch Unterschiede in der Anwendungsfreundlichkeit der jeweiligen Produkte. Für eine ausführliche Auflistung der aktuell verfügbaren Produkte samt ihren Eigenschaften und Verfügbarkeiten möchten wir auf die Publikation der AG verweisen [39].

Begleitpathologien

Für eine erfolgreiche Knorpeltherapie ist es essenziell, die Ursache des Knorpelschadens mitzubehandeln. Beinachsenfehlstellungen (> 5°) sollten bei korrelierender Lokalisation des Knorpeldefekts ein- oder zweizeitig, aber immer zeitnah zur Knorpeltherapie korrigiert werden. Meniskusläsionen sollten – sofern möglich – rekonstruiert werden. Ein vollständig entfernter Meniskus im selben Gelenkkompartiment stellt eine Kontraindikation dar. Bei Knorpeldefekten im Patellofemoralgelenk sollte ein Patellamaltracking korrigiert werden. Ligamentäre Läsionen oder chronische ligamentäre Instabilitäten sollten operativ therapiert werden, sofern konservativ mittels entsprechender Orthesen keine stabile Gelenkfunktion hergestellt werden kann. Chronisch entzündliche Gelenkerkrankungen oder rezidivierend inflammatorische Gelenkaffektionen gelten als Kontraindikation, da unter diesen Bedingungen meist von einer unzureichenden Regenerationsfähigkeit auszugehen ist. Korrespondierende Knorpelschäden („kissing lesions“) sind beim jungen Patienten in Ermangelung von Therapiealternativen kein grundsätzliches Ausschlusskriterium. Eine manifeste Gonarthrose stellt eine Kontraindikation dar.

Nachbehandlung

Die Rehabilitation wird von diversen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören Patientenalter, Body-Mass-Index (BMI), Defektgröße, Lokalisation des Knorpeldefekts, Aktivitätsniveau, Dauer der Symptome sowie Begleitpathologien und -operationen. Eine wichtige Rolle spielen die Erwartungen der Patienten und ihr sportliches Leistungsniveau [22, 32]. Ein stufenweises auf den Patienten individuell abgestimmtes Rehabilitationsprogramm und die Kooperationsbereitschaft des Patienten haben einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg der Knorpeltherapie.

Die Wertigkeit additiver Therapieverfahren wird kontrovers diskutiert. Es gibt erste Hinweise, dass nach der chirurgischen Maßnahme eine Vitamin-D-Substitution (1000–2000 IE tgl.) [5, 15, 16, 25, 29, 40, 50, 58], Hyaluronsäureinjektionen [48] oder PRP-Gaben und ggf. Chondroitin-/Gukosaminsulfatgaben (1500 mg/d) das Potenzial haben, die Qualität des Knorpelregenerats sowie das Outcome zu verbessern [4, 6, 21, 23, 30, 35–37, 53, 54].

Die biologischen Phasen der Bildung des Knorpelersatzgewebes (Integration und Stimulation, Matrixproduktion, Organisation, Reifung und Adaption) – gehen mit den Rehabilitationsphasen (Schutzphase, funktionelle Phase und Aktivitätsphase) einher [32]. Die initiale Phase der Teilbelastung sollte mit früher passiver Beübung einhergehen [44]. Bis zum Erlangen der vollen Belastbarkeit sollte mit einem Zeitraum von 8–12 Monaten gerechnet werden.

Outcome

Für die matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation kommen diverse Biomaterialien zur Anwendung. Die klinische Evidenz der jeweiligen Matrices ist entsprechend heterogen mit deutlichen Unterschieden in Datenqualität und -menge. Grundsätzlich sind randomisiert-kontrollierte Studien mit einem Nachuntersuchungszeitraum von 5 Jahren vorhanden, die eine Überlegenheit der autologen matrixinduzierten Knochenmarkstimulation über die isolierte Mikrofrakturierung zeigen [13, 49, 56].

Anwendung an Hüft- und Sprunggelenk

Die Studienlage für die Anwendung der matrixaugmentierten Knochenmarkstimulation am Sprunggelenk ist bisher gering, aber erfolgsversprechend und wird bei den meist osteochondralen Läsionen in Zusammenhang mit einem spongiösen Aufbau inzwischen häufig verwendet [55, 57]. Wir möchten hier auf eine Publikation der AG Klinische Geweberegeneration der DGOU [1] verweisen. Zur Anwendung der matrixaugmentierten Knochenmarkstimulation an der Hüfte existieren wenige Studien [12, 13]. Eine Knochenmarkstimulation wird schon alleine durch die Knochenmarkeröffnung bei der Korrektur des femoro-azetabulären Impingements durchgeführt – ohne Mikrofrakturierung oder Bohrung. Die aktuelle Studienlage hierzu ist in dem jüngst veröffentlichten Positionspapier der AG Klinische Geweberegeneration beschrieben. Die matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation scheint ihren Stellenwert hier bei Knorpeldefekten um 1,5 cm2 zu haben (Abb. 3a–e). Ab einer Defektgröße von 1,5 cm² werden zellbasierte Verfahren wie die ACT empfohlen [11].

Tipps und Tricks
aus der Praxis

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