Übersichtsarbeiten - OUP 12/2016

Metatarsalgie

Alternativ zur Naht der plantaren Platte ist eine Stabilisierung des Kleinzehengrundgelenks auch über einen Flexor-Extensor-Sehnentransfer möglich. Der Flexor-Extensor-Sehnentransfer ist primär als Operationsverfahren zur Korrektur einer flexiblen Hammerzehe geläufig, hat aber ohne Frage auch stabilisierende Wirkung auf das Kleinzehengrundgelenk.

Liegt z.B. „nur“ eine Instabilität des Kleinzehengrundgelenks vor, ist der Flexor-Extensor-Transfer als technisch deutlich einfacheres Verfahren und weniger komplikationsträchtige Prozedur in Erwägung zu ziehen. Dies gilt insbesondere, wenn zusätzlich eine Weil-Osteotomie zur Korrektur des Metatarsalen Alignments durchgeführt wird.

Korrektur des metatarsalen Alignments

Die Korrektur des Metatarsalen Alignments wird in fußchirurgischen Kreisen höchst unterschiedlich bewertet. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der „anzustrebende Zustand“, also das zu schaffende Alignment, nicht exakt definiert ist.

Exemplarisch sei die Diskussion um den Stellenwert der „Weil-Osteotomie“ herangeführt. Nach der Etablierung der Weil-Osteotomie, zur Korrektur des Metatarsalen Alignments, wurde die Indikation zunächst großzügig am Röntgenbild gestellt. Leider kam es nicht selten zu erheblichen Komplikationen nach einer Weil-Osteotomie, meist in Form von erneuten bzw. persistierenden Extensionsfehlstellungen im Zehengrundgelenk. Die schwebende Zehe ist dabei nicht nur funktionslos, sondern führt über die Extensionskontraktur auch zu einer erheblichen Metatarsalgie mit Überlastung des zentralen Vorfußes. In einer Metaanalyse von Highländer wurde die Rate an schwebenden Zehen (floating toe) mit 36 % berechnet. In 7 % der Fälle kam es zu einer Transfer-Metatarsalgie, was die Problematik der adäquaten Korrektur des Alignments hervorhebt [11]. Die Indikation zur Weil-Osteotomie wird deshalb heutzutage deutlich restriktiver gestellt. Dies gilt vor allem für Eingriffe an einem ansonsten nicht pathologisch veränderten Vorfußstrahl, rein zur Anpassung des Alignments.

Nach wie vor wird die konsequente Verkürzung der Metatarsalia, vor allem im südeuropäischen Raum, als wesentliches Element einer dauerhaften Korrektur komplexer Vorfußdeformitäten betrachtet. Unter dem Motto „shortening ist the key concept“ wird eine verkürzende Scarf-Osteotomie von MFK1 in Kombination von Weil-Osteotomie von MFK2 bis MFK5 zur Schaffung einer metatarsalen Parabola propagiert [2, 19].

Aufgrund der erheblichen Komplikationen der Weil-Osteotomie wird im nordeuropäischen Raum eine Weil-Osteotomie eines nicht pathologisch veränderten Strahls „nur“ zur Korrektur des Metatarsalen Alignment heutzutage – wenn möglich – vermieden.

Ob ein nicht pathologisch verändertes Metatarsale verkürzt werden muss hängt im Wesentlichen von der Länge des medial benachbarten Strahls ab. So wird eine Überlänge von MFK3 gegenüber MFK2 nur selten dauerhaft toleriert. In solchen Situationen ist mit der Entwicklung einer Transfermetatarsalgie zu rechnen. Die zentrale Strategie zur Vermeidung einer Weil-Osteotomie eines nicht pathologisch veränderten Strahls besteht somit in einer Limitierung der Verkürzung bei

Sondersituationen

Unter bestimmten Umständen ist eine aufwendige Rekonstruktion des Vorfußes zu verlassen zugunsten eines palliativen Eingriffs. Bei Patienten mit Diabetes mellitus und schlecht eingestellter Stoffwechsellage oder neuropathischen Komplikationen sollte die Indikation zur operativen Korrektur äußerst zurückhaltend gestellt werden. Liegt eine Luxation einer Kleinzehe vor, ist bei diesen Patienten alternativ zu einer aufwendigen Rekonstruktion eine Tenotomie der Strecksehnen zur Druckentlastung möglich. Durch die Strecksehnentenotomie wird der Windlass-Mechanismus unterbrochen, sodass dadurch der plantarisierende Druck auf das Mittelfußköpfchen unterbunden wird.

Bei geriatrischen Patienten mit geringem funktionellen Anspruch an den Fuß, ist neben der bereits erwähnten Strecksehnentenotomie, alternativ eine Resektionsarthroplastik des luxierten Gelenks möglich. Diese sollte aber nicht in der früher üblichen Technik nach Gocht, sondern in der Modifikation nach Stainsby durchgeführt werden. Bei der Resektionsarthroplastik nach Stainsby wird zusätzlich die Strecksehne durchtrennt und als Interponat eingeschlagen. So wird eine Extensionsfehlstellung der Zehen vermieden.

Fazit

Die Metatarsalgie ist definiert durch die Kombination von Symptom und Lokalisation. Unterschiedliche Krankheitsbilder und Störungen können zu Schmerzen unter dem zentralen Vorfuß, also zum klinischen Bild einer Metatarsalgie führen. Vor jeglicher Therapie ist der kausal zugrunde liegende Pathomechanismus zu identifizieren. Führt eine konservative Behandlung nicht zu einer schmerzfreien Belastbarkeit des Fußes, sind operative Maßnahmen in Erwägung zu ziehen. Dabei sind Zehen und Metatarsophalangealgelenke immer als Funktionseinheit zu betrachten.

Interessenkonflikt: Keiner angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Jörn Dohle

OGAM Orthopädie

Alter Markt 9–13

42275 Wuppertal

j.dohle@confas.de

Literatur

1. Anderson RBC, Bruce E: Stress fractures of the foot and ankle. in: Coughlin MJ, Saltzman CL, Anderson RB (eds.): Mann’s Surgery of the Foot and Ankle. Philadelphia: Elsevier, 2014

2. Barouk LS: Forefoot reconstruction. Paris: Springer-Verlag, 2003

3. Blitz NM, Christensen JC, Ford LA: Plantar plate ruptures of the second metatarsophalangeal joint. The Journal of foot and ankle surgery 2002; 41: 138–139; author reply 139–141

4. Blitz NM, Ford LA, Christensen JC: Plantar plate repair of the second metatarsophalangeal joint: technique and tips. The Journal of foot and ankle surgery 2004; 43: 266–270

5. Chao KH, Lee CH, Lin LC: Surgery for symptomatic Freiberg’s disease: extraarticular dorsal closing-wedge osteotomy in 13 patients followed for 2–4 years. Acta Orthop.Scand 1999; 70: 483–486

6. Dohle J: Pathoanatomie des Vorfußes. in: Sabo D (ed.): Vorfußchirurgie, Heidelberg: Springer-Verlag, 2012

7. Dohle J: Vorfuß, in: Rammelt S (ed.): Fuß- und Sprunggelenkchirurgie – Das Kursbuch. Stuttgart: Schattauer Verlag 2015

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6